„Dieses Semester werden wir uns folgendem Thema widmen." Mr Jones war vom Pult aufgestanden und positionierte sich neben einem tuchbedeckten Bild, welches vor der Tafel auf einer mit Farbe befleckten Staffelei stand. Er gab den perfekt verkorksten Kunstlehrer ab. Mit seiner dicken, urigen Hornbrille und der Peter Lustig Latzhose, welche genauso farbenfroh aussah, wie seine Gemälde, die er sehr von sich eingenommen überall im Kunstraum zur Schau gestellt hatte, war er quasi ein umherwanderndes Klischee. Schülerkunst war für ihn fast schon zweitrangig.
„Vergänglichkeit!", kündigte er nun voller Euphorie an und enthüllte mit einer dramatischen Handbewegung David Baily's „Selbstbildnis mit Vanitassymbolen" von 1651. Beinahe genauso dramatisch sank Kelly im nächsten Moment neben mir zusammen.
„Bitte. Nicht schon wieder", stöhnte sie theatralisch und stützte ihren Kopf gelangweilt in ihre Handfläche, während Mr Jones begann, alle möglichen Fakten über die Epoche aufzuzählen, in der das Gemälde entstanden war.
„Ich halt das nicht noch ein Semester aus, Ann. Wirklich nicht", murmelte sie, während sie sich mit Daumen und Zeigefinger verzweifelt über den Nasenrücken fuhr.
Stumm vor mich hingrinsend schlug ich anstandshalber meinen Block auf und machte mich daran, einige Fakten aufzuschnappen und niederzuschreiben. „Wieso denn nicht? Vergänglichkeit ist doch ein super Thema. Tod und so. Lebensfreude pur", meinte ich sarkastisch.
„Pff", machte Kelly spöttisch. „Vergänglichkeit. Beschreibt das Ganze hier ganz gut.", fuhr sie mit der Hand wedelnd fort, „Meine Freude an Kunst ist mir hiermit nämlich für immer und ewig vergangen."
Ihre Überdramatisierung brachte mich zum Lachen. Ich schielte zu ihr herüber und konnte beobachten, wie sie mühsam versuchte, ein Grinsen zu unterdrücken, was ihr eher so semi-gut gelang und daher ziemlich dämlich aussah, weshalb ich noch mehr lachen musste. Prompt kassierte ich ein genervtes Schsss aus den hinteren Reihen.
Die Augen rollend drehte ich mich um, wobei mein Blick erst einen empört dreinschauenden Lenard (18) - Nerd auf allen Ebenen - streifte und dann zwei Plätze weiter nach rechts wanderte und von einer freudestrahlenden Liv erwidert wurde.
Liv und ich spielten zusammen für das Volleyball-Team der High-School und teilten so ziemlich den gleichen Humor.
Lächelnd winkte ich ihr zu. Sie grüßte zurück, wobei ihre schwarze Afromähne auf und ab wippte. Ihre Mum war kurz vor Livs Geburt von Afrika nach Forthcester gezogen, um ihrer kleinen Familie eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Ich liebte die afrikanische Lebensfreude, die sowohl sie, als auch ihre Tochter auslebten. Sie war geradezu ansteckend.
Mein Blick fiel auf ihren Sitznachbarn. Er hatte sich demonstrativ hinter einer Zeitschrift verschanzt und ...
Warte mal.
Was zur Hölle? Waren das etwa nackte Brüste auf dem Rücken des Magazins? Und ...?
Diese weißen Hemdsärmel mit den unordentlich aufgeknöpften Manschetten und dem zu großen Peacoat-Mantel, der zugegebener Weise ziemlich flauschig aussah...
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Talking To The Stars
Teen Fiction"Jeder hat ein Geheimnis." - Aber was, wenn du von deinem eigenen noch nicht weißt, dass es existiert? Nach einem sechsmonatigen Auslandssemester kommt Annie an ihre High School in Forthcester zurück, wo sie auf den düsteren Zigaretten-Junkie Easton...