Die folgenden zwei Tage war Easton nicht in der Schule gewesen. Es schien niemanden zu interessieren, und ich wusste nicht, warum, aber mir war es aufgefallen.
Jetzt war es Freitag Nachmittag und ich überlegte, ob ich ihm schreiben sollte. Vielleicht war er ja krank. Aber dann hätte er sich bestimmt gemeldet.
Abwägend saß ich auf meinem Bett und brütete über meinem Handy. Irgendwann steckte ich es weg.
Wenn ich ihm jetzt schreiben würde, könnte er noch denken, dass ich mir um seine Gesundheit sorgen machte. So weit kommt das noch.
Entschlossen stapfte ich die Treppe runter und schlüpfte in das festeste Schuhwerk, das ich besaß: Schwarze Doc Martens. Das sollte hinhauen.
Obwohl es ausnahmsweise mal ein sonniger Tag in Forschester war, schnappte ich mir meinen gelben Regenmantel und die klimpernden Schlüssel, die Mum vor Jahren mal in der Dekovase „versteckt" hatte. Sie hatte viele Talente, aber im Verstecken war sie echt grauenhaft. Anschließend zog ich den ziemlich gebraucht aussehenden Helm aus dem obersten Fach der Garderobe. Eine kleine Staubwolke stob auf und rieselte wie schäbiges Konfetti auf mich nieder. Schnell sprang ich zur Seite.
Zum Glück war Mum noch bei der Arbeit. Wenn sie wüsste, was ich vorhatte, würde sie mir wahrscheinlich Ketten anlegen und Hausarrest für immer verpassen.
Mit dem Helm unterm Arm betrat ich den Schuppen und bahnte mir meinen Weg zwischen alten Kisten und eingepackten Autoreifen entlang. Mein Ziel war die Plane, die das alte Motorrad von meinem Dad überdeckte. Raschelnd zog ich sie zur Seite und enthüllte die ein wenig verblichene Harley Davidson.
Ich war gefühlt seit Ewigkeiten nicht mehr gefahren und bei dem Gedanken daran, gleich da zu sitzen, wo Dad noch vor drei Jahren gesessen hatte, wurde mir ein wenig flau im Magen.
Doch ich hatte gesagt, ich fahre und Mum hatte nun mal das Auto mit, also blieb mir nichts anderes übrig. Außerdem hatte ich vor zwei Tagen noch damit rum geprahlt, da wäre es schon ziemlich schwach, wenn ich jetzt den Schwanz einziehen würde.
Meine Muskeln zuckten gefährlich, als ich die schwere Maschine Zentimeter für Zentimeter aus dem Schuppen schob. Schnaubend schwang ich mein Bein über die Harley und ließ mich auf die lederne Sitzbank fallen. Ich zog mir den Helm über und sofort stieg mir der vertrauliche Benzingeruch in die Nase.
Kurz hielt ich den Atem an, als ich den Schlüssel in die Zündung steckte und ihn um 90 Grad drehte. Doch ich hatte Glück. Nach kurzem Stottern sprang der Motor an und das tiefe Brummen vibrierte durch meinen Körper. Ich legte den Gang ein und fuhr los.
Easton wohnte nicht weit von mir. Schon nach wenigen Kurven bog ich in die Morris Road ein. Das Gespür für das Motorradfahren hatte ich schnell wieder drauf und mir war bis dato gar nicht mehr bewusst gewesen, wie frei man sich auf der alten Harley fühlte.
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Talking To The Stars
Teen Fiction"Jeder hat ein Geheimnis." - Aber was, wenn du von deinem eigenen noch nicht weißt, dass es existiert? Nach einem sechsmonatigen Auslandssemester kommt Annie an ihre High School in Forthcester zurück, wo sie auf den düsteren Zigaretten-Junkie Easton...