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Die Tränen waren schon lange aufgebraucht. Ihr Körper war vollkommen leer. Von innen musste er aussehen wie dieses alte schwarze Kleid. Wie ein ausgemergeltes Wrack, wie eine abgetragene Hülle. Cosima war nicht mehr sie selbst. Zum gefühlt hundertsten mal zupfte sie an ihrem schwarzen Kleid herum, das sie von der Greisin bekommen hatte. Sie rückte ihre Frisur zurecht und versuchte stark auszusehen, für ihre Famile. Atef schob sie hinaus, wo der Trauerzug schon wartete. Das hieß, Mommy, Vali, Miral, Youssuf, die Dorfältesten, Atefs Mutter, aber kein Opa. konnte man nicht wenigstens zur Beerdigung seines Enkels kommen? Yosh war gestorben.

Vor zwei Nächten hörte Cosi ihn leise Aufstöhnen. Ein seltsames Gefühl breitete sich in ihrem Herz aus. Cosima wusste, was geschehen würde und vielleicht sogar musste. Sie robbte zu ihm hinüber und hielt einfach seine Hand, während er von Krämpfen geplagt starb. Als ihr sein letzter Atemzug den Geruch des Todes entgegen blies, sackte sie kraftlos neben diesem kleinen Jungen nieder, der einmal ihr Bruder gewesen war. Sie schloss mit zitternden Fingern die vom letzten Schock aufgerissenen Augen. Die Sanitäter hatten ihm ein Medikament gegeben. Es hatte nicht gewirkt. Sie wollten ihn mit in das Krankenhaus nehmen. Dort war kein Platz mehr. So war er gestorben. An der Hand seiner Schwester. Cosima konnte richtig spüren, wie die kleine Hand in ihrer langsam erkaltete. Die Tränen liefen. Die ganze Nacht und den Tag darauf. Aber sie war froh, dass sie es gesehen, ja sogar gespürt hatte. Sie hätte nie aufwachen wollen und merken, dass ihr liebster Yoshi tot war. Bis zum letzten Moment und darüber hinaus hatte sie ihn festgehalten.

Die Ärzte standen neben Cosimas Mutter die sich in ein Tuch schneuzte und sagten irgendwas, was aber keiner war nahm. Wer wollte schon wissen, an was der kleine Wirbelwind mit den braunen Knopfaugen und den Quirlelocken gestorben war? Atef hielt eine Träne zurück, als er an Yoshi zurück dachte. Nur der Opa der Familie, der hatte keine Tränen ausgegossen. Nur viel Alkohol ein. Er war nicht da. Er würde nicht kommen. Im Dorf war es Tradition, dass ein Bruder und eine Schwester ein paar Worte auf der Beerdigung sagen mussten. Es sei denn, man hatte keine Schwester oder keinen Bruder.

Vali und Youssuf würden sprechen müssen.

Der Trauerzug marschierte zur Kapelle mit winzigem Friedhof. Alles in Allem mutete es sehr europäisch an. Es war ein Christliches Dorf. Gefährlich.

Auf der Messe wurde das übliche gesagt: wie toll und gut der Tote gewesen war, dass ihn alle vermissen würden, ein paar Dinge die er gerne tat, und so weiter.

An Youssufs Rede war nichts Besonderes. Dann schritt Valeria in ihrem viel zu großen dunklen Kleid nach vorne. Alle warteten, dass sue anfing zu reden. Aber das tat sie nicht. Sie summte eine Melidie, die mir nur zu bekannt war. Nach wenigen Sekunden erhob sie dann ihre Engelsstimme und fing an, ein Lied zu singen, bei dem Atef und Cosima ab der Hälfte willkürlich einstiegen und leise mit sangen:

"Life is wonderful.

An there's only one rule:

I can't love another,

'Cos you're my brother.

My whole lifetime I will love you.

And I always will remember,

It was in this september,

When I cried

And you sayed:

Life is like a butterfly,

He us so funny, beautyful.

After summer he has to die.

An our whole life will end as fast,

As fast this summer pasts.

Life is like a butterfly,

He is funny, beautyful.

After one short sumner he has to die."

Das Lied war noch nicht zu Ende aber Vali brach ab. Sie fing nun doch an zu reden:"In dem Lied wird gesagt, dass unser Leben so schnell vorbei geht wie ein einziger Sommer. Dass wir wie ein Schmetterling sein und dieses Leben voll auskosten sollen. Yosh war so ein Schmetterling. Wenn sich ein Schmetterling in dein Gesicht setzt, dann machst du ein Bild davon und vergisst das Gefühl der tarten Beine auf deiner Haut auch nicht so schnell wieder. Von Yoshuas Leben hat niemand ein Bild gemacht. Aber es wird auch niemand je das Gefühl seiner Kleinen Finger vergessen. Und vor Allem eine Person wird niemals dieses Gefühl von seiner Hand in ihrer vergessen. Wäre Yosh an meiner Hand gestorben, ich hätte losgelassen. Nicht aber diese eine Person. Als wir sie am nächsten Morgen fanden hielt sie nich imner diese Bleiche Hand, obwohl ihr Bruder schon längst tot war. Ich danke meiner großen Schwester Cosima dafür dass sie so stark ist. Für uns alle." In der hintersten Reihe hörte Atef einen alten Mann wispern:"sie ist nicht die einzige, die stark ist", und blickte anerkennend zu Valeria, die in ihrem lächerlich großem Kleid vorne stand und nocheinmal mit der Trauergesellschaft zusammen das Lied summte.

Drei ist mehr als nichtsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt