18|| SHOULDER TO SHOULDER

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[Vorab eine Information! In diesem Kapitel werden Liedzeilen aus Tate McRae's Song "Shoulder to Shoulder" zitiert. Die Rechte dieses Liedes gehören nicht mir!
Ich empfehle es jedem, das Lied während des Lesens anzuhören. Es ist toll!]

Carter

Sie riecht nach einer Blumenwiese im Hochsommer.
Nach Gänseblümchen, Narzissen und Tulpen, die sich der Sonne entgegenrecken und von Bienen nur so überrannt werden.

Ihr Haar fühlt sich weich an meiner Haut an. Es ist, als würde es vom Wind verweht über meine Wange streicheln und mir, wie alles an Amanda, Trost und Zuneigung schenken.

Ich möchte sie nicht loslassen.
Im physischen und im psychischem Sinne nicht.
Gar nicht.

Es fühlt sich gut und richtig an, sie zu halten.
Von ihr gehalten zu werden.
Und es hat sich auch richtig angefühlt, mit ihr über meine Grandma zu reden.

Was sie angeht, bekümmert mich nämlich wirklich.

Ich verstehe mich blendend mit meiner Großmutter. Sie ist dieselbe quirlige und aufgeweckte Frau, die sie auch vor Jahren und jedes Mal am Telefon war.

Trotzdem ist sie mir auf eine Weise fremd geworden und ich hasse mich und mache mir Vorwürfe, weil ich sie so lange nicht mehr besucht habe und immer nur auf mich selbst fokussiert war.

Mein letzter Besuch ist Jahre her und Telefonate können nicht ersetzen, was ich erlebe, wenn ich jetzt mit ihr in einem Haus bin.

Ihre Stimme klingt durch meine Ohren so viel besser, so viel mehr nach meiner Oma, als durch das Mikrofon meines Handys.
Ich kann sie viel besser sehen. Scharfer, bunter und mit all ihren Muttermalen und Falten. Viel besser, als durch die Kamera von meinem Laptop.

Und überhaupt.
Ich kann von ihrem leckeren Essen kosten und mit ihr über die Nachbarn lästern und ihr Witze erzählen. Ich kann mich mit ihr über die Nachrichten aufregen und mit ihr Dog oder Rommé spielen, wie in alten Kindertagen.

Es gibt so viele Dinge, die ich vermisst habe und die ich nur bekommen kann, wenn ich mit ihr in einem Raum stehe.

Ich habe so viel verpasst.
So viel Zeit vergeudet, die ich niemals zurückbekommen werde und die mir jeden Zeit zum Verhängnis werden kann.

Ich schäme mich.
Ich schäme mich unglaublich.

Wir halten uns noch immer in den Armen, als Amanda unsere Körper plötzlich hin und her wiegen lässt und leise zu summen beginnt.

Ich lausche ihr stumm.
Ich bin gefangen in meinen Gedanken an sie und meine Großmutter.
Außerdem ist ihre Art und Weise, mich zu trösten etwas, das ich so noch nie erfahren habe.

Sie ist wirklich gut darin mich aufzubauen. Das bemerke ich spätestens, als sie leise für mich zu singen beginnt.

»There ain't nothing wrong you could say.
I can see lies right through your face.
I've got about an hour or two
The silence is killing you.
There ain't nothing wrong you could say.«

Zu Anfang flüstert sie bloß.
Dann aber wird sie sicherer und als sie mit dem Refrain zu singen beginnt, löst sie ihren Kopf, um mir tief in die Augen zu sehen.
Wie eine Bombe explodiert mein Herz und fliegt dem ihren entgegen, als sei es hoffnungslos verloren ohne sie.
Und wahrlich. Ich glaube, genau das bin ich.
Verloren und vergeben an Amanda.

SHOULDER TO SHOULDERWo Geschichten leben. Entdecke jetzt