Prolog

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Seltsam, was für ein simples Wort es doch nur war.

Liebe.

Ein Wort. Zwei Silben. Fünf Buchstaben.

Das war's.

Und dennoch, die Liebe war für mich schon immer so viel mehr gewesen als dieses bloße, unbedeutende Wort. Faszinierend und greifbar und gleichzeitig doch so unglaublich unantastbar. Einfach etwas Wunderschönes – das war zumindest meine Vorstellung. Denn wirkliche Erfahrung damit hatte ich mit meinen 21 Jahren noch nicht.

An Liebe auf den ersten Blick hatte ich nie wirklich geglaubt, es war meiner Meinung nach einfach nicht möglich, sich auf Anhieb in eine Person zu verlieben, die man überhaupt nicht kannte und die daher genauso gut ein Serienmörder oder Ähnliches sein könnte!

An der ganz großen Liebe hingegen hatte ich nie gezweifelt. Ich war mir sicher, dass es jedem vorbestimmt war, diesen einen Menschen zu finden, den Einen, mit dem man sein komplettes Leben verbringen möchte. Nur das Schicksal allein wusste, wann diese Person auftauchen würde.

Bei mir war das wohl ganz offensichtlich noch nicht der Fall gewesen. Generell hatte es bei mir im Thema Liebe und Beziehungen bisher äußerst mau ausgesehen. Die Hoffnung daran hatte ich allerdings noch nicht aufgegeben, was mich vermutlich zu einer der größten und hoffnungslosesten Romantikerinnen auf diesem Planeten machte. Und daran würde sich aller Wahrscheinlichkeit nach auch nie etwas ändern. Zumindest hoffte ich das. Denn wenn wir mal ganz ehrlich sind: Die Welt ist doch so schon scheiße genug, warum also auch noch den Glauben an so etwas Wahrhaftiges aufgeben?

Als ich etwa zwölf Jahre alt war, hatte ich mir schon immer ausgemalt, wie meine Zukunft einmal sein würde.

So hatte ich mich also bereits mit vierzehn Jahren in meiner ersten Beziehung, mit meinem ersten Freund gesehen. Als ich mit vierzehn Jahren dann allerdings immer noch single gewesen war und mich weiterhin ständig in unantastbare Typen verknallt hatte, war ich der felsenfesten Überzeugung gewesen, dass ich dann eben mit sechzehn meinen ersten Freund haben würde. Ja, sechzehn, das war doch das perfekte Alter, um das erste Mal zu haben, oder nicht? Scheinbar für alle anderen schon, für mich nicht.

So war ich also auch mit sechzehn Jahren noch Jungfrau gewesen, während um mich herum gefühlt alle schon mindestens eine Beziehung hinter sich hatten. Amy, meine beste Freundin war besonders „extrem", was das betraf. Bereits mit vierzehn hatte sie schon so viele Freunde (na gut, teilweise waren es auch sogenannte „Kindergartenbeziehungen" gewesen), dass man diese schon nicht mehr an einer Hand abzählen konnte.

Ich hatte sie stets darum beneidet, wie ein Typ nach dem anderen ihr verfiel und hatte mich ständig gefragt, wieso das so war. Ich hatte es einfach nicht nachvollziehen können, dass man im Alter von sechzehn Jahren schon One-Night-Stands hatte! Auch wenn ich sie dafür bewundert hatte, wie unbekümmert sie doch manchmal damit umging und wie viel Spaß sie deshalb im Leben hatte, konnte ich mir so einen Lebensstil beim besten Willen nicht vorstellen. Amy hatte einmal zu mir gesagt: „Ella, in unserem Alter soll man doch Spaß haben und sich ausleben. So eine Chance bekommst du nie wieder in deinem Leben."

Und ja, vielleicht hatte ich dadurch, dass ich so eine keusche Jugend hatte, tatsächlich etwas verpasst. Das war mir jedoch egal. Ich glaubte an die ganz große Liebe und wollte mich auf keinen Fall dem nächstbesten an den Hals werfen!

Ich werde nicht lügen, es gab schon im Laufe der Jahre ein paar wenige Verehrer, bei denen ich vermutlich leichtes Spiel gehabt hätte. Nur war es bei mir häufig so, dass mir die ganze Situation aufgrund meiner Schüchternheit und meines nicht unbedingt stark ausgeprägten Selbstbewusstseins dann so unangenehm wurde, dass ich lieber ganz schnell einen Rückzieher machte, als mich darauf einzulassen. Das widersprach zwar ein wenig meinen Prinzipien als Romantikerin, die eigentlich auf der Suche nach einer Beziehung war, allerdings hatte ich in meinen nun fast 22 jungfräulichen Jahren auch genügend Zeit gehabt, mir sämtliche Liebesfilme anzusehen, die Netflix mir hatte bieten können. Somit hatte ich natürlich auch ziemlich hohe Ansprüche, was einen potentiellen Freund anging, was mir die „Suche" nicht unbedingt erleichterte.

Und auch wenn ich mir nächtelang Liebesfilme reinzog und mir dabei oft nichts sehnlicher wünschte als einen Freund, beschloss ich irgendwann einfach, nicht mehr so zwanghaft danach zu suchen, sondern einfach auf den Richtigen zu warten.

Den ich übrigens bis heute noch nicht gefunden hatte. Tja. Danke Schicksal.

PetrichorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt