Gabriel
„Was ist, wenn ich nicht vorsichtig genug bin? Wenn ich die Kontrolle verliere und nicht aufhören kann?", widerspreche ich. Er stellt sich das alles so einfach vor, aber er kann ja nicht wissen, wie sich das anfühlt. Seit einem halben Jahr schon denke ich immer wieder daran, wie er sich anfühlen würde, und schon die Vorstellung hat mich jedes Mal um den Verstand gebracht. Ich bin mir ganz sicher, nicht Herr über die Lage zu sein, wenn wir diese Vorstellung tatsächlich in die Tat umsetzen.
Henry aber umfasst beruhigend meine Hände und spricht erst, als sein Blick meinen findet. „Na und?" Verwirrt gleitet mein Blick über sein hübsches Gesicht. Seine Augen strahlen eine massive Unschuld aus, und gleichzeitig wirkt er klug, als könne er etwas sehen, das ich in dieser Situation einfach nicht erkenne. „Im schlimmsten Fall bin ich in der Lage, mich zu wehren. Und ansonsten bist du eben etwas weniger vorsichtig. Dann gehört das dazu. Ich kann damit umgehen, wenn du mich mal nicht mit Samthandschuhen anfasst, und ich hab' bestimmt nichts gegen Beißen und Kratzen." Überrascht reiße ich die Augen auf. Er hat ja schon immer sowas angedeutet, aber noch immer passt es für mich nicht ins Bild, dass mein kleiner Henry an einer gewissen Grobheit Gefallen finden könnte. „Schließlich hast du meine Eigenarten auch ausgehalten.", fügt er leise hinzu und weicht meinem Blick aus.
Unwillkürlich muss ich lachen, da er sich plötzlich – ohne den Rausch des Verlangens – für das zu schämen scheint, das in eben jenen Momenten mit erstaunlicher Inbrunst aus ihm hervorgebrochen ist. Ganz zu Beginn hat es mich verwirrt, wie er mich genannt hat, aber ich habe mich nicht nur ihm zu liebe damit arrangiert. „Das war ja auch ein niedlicher Fetisch.", erwidere ich schmunzelnd und betrachte die Röte, die unwillkürlich in seinen Wangen explodiert und rasch hinter seinen Handflächen verborgen wird. „Oh Gott, sowas zählt schon als Fetisch?", raunt er durch seine ans Gesicht gepressten Finger hindurch.
Ich streichle seine Schulter und versuche, seine Hände zu lösen. „Du weißt doch, dass es mir auch gefallen hat. Also ist es ganz egal, wie wir es nennen.", erkläre ich. Zögerlich nickt er, und mir wird bewusst, dass ich die Vergangenheitsform von ihm einfach übernommen habe. „Aber damit ist jetzt Schluss?", stelle ich neutral fest.
Henry nickt, sieht auf unsere auf dem Sofa verkeilten Füße hinab. „Ja, das... Also... I-ich arbeite doch an meinem Selbstbewusstsein.", fängt er an. „U-und ich habe gemerkt, dass ich das wahrscheinlich nur gemacht habe, weil..." Er stockt und ich betrachte erstaunt die Tränen, mit denen sich seine Augen füllen. „Weil du unsicher warst und dich wohlgefühlt hast, wenn ich dich geführt habe.", beende ich seinen Satz und ernte ein zustimmendes Nicken. „J-ja."
Meine Hand an seiner Schulter fährt an seinen Nacken, zieht ihn sanft ein Stückchen näher, wartet vor der letzten Distanz auf seinen vorsichtigen Blick auf mein Gesicht. „Wie wäre es, wenn wir das gemeinsam ausprobieren und einfach schauen, wohin es uns führt? Und du kannst mich dabei nennen, wie du willst."
Ein leises Lachen breitet sich auf Henrys Lippen aus, bevor er meiner Hand den letzten Schritt abnimmt und von sich aus unsere Lippen vereint. Ich schmecke sein Lächeln, seine weiche Haut und den Kräutertee: Eine Mischung, die mich sofort entspannt. Sein Kuss ist eine stumme Zustimmung, ein „Lass es uns probieren." Zuerst ganz sanft und dann dringlicher tanzen seine Lippen über meine, presst sich sein Körper mir entgegen. Ich bin so konzentriert auf seine Zunge, die von sich aus Einlass in meinen Mund erbittet und neckisch von innen meine Oberlippe streift, meine Zähne ertastet, dass ich kaum merke, wie er auf meinen Schoß klettert. Erst, als seine Hand über meinen Nacken kitzelt und meine Kopfhaut zu kraulen beginnt, während die zweite sich heimlich abwärts stiehlt, um mein Hemd aus meinem Hosenbund zu zupfen, registriere ich sein Gewicht auf meinen Oberschenkeln.
Henry gibt meine Lippen frei, jedoch nur um mit seinen über meinen Kieferknochen zu fahren, hinauf zu meinem Ohr. Es folgt ein Knabbern an meiner Ohrmuschel, ein tiefes Kichern. „Das klingt nach einer guten Idee, Mausepups.", erklärt er.
DU LIEST GERADE
Oh, Henry (boyxboy)
RomanceAls Henry bei Gabriel in das freie Zimmer einzieht, ist dieser hin und weg. Er denkt ständig an Henry, stellt sich vor, wie es wäre... Aber er weiß, dass es dazu nie kommen wird. Nicht nur, weil Henry vermutlich viel zu süß und unschuldig ist, um si...