Kapitel 7

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Ahilea

Der Rest der Woche verging wie im Flug und ehe ich mich versah war auch schon Samstag. Der Tag der Party. Ich blickte ihr mit gemischten Gefühlen entgegen. Einerseits war es eine gute Gelegenheit, den Westfall-Clan auszuspionieren, andererseits konnte mich Ashley wie ein offenes Buch lesen. Natürlich hatte ich die Absicht hinter Ashtons Einladung erkannt, aber ich konnte mich schlecht vor der Party drücken, insbesondere dann nicht, wenn Rose mir schon die ganze Woche damit in den Ohren lag. Sie redete über nichts anderes mehr, als über das passende Outfit und über die Ehre, eine Einladung erhalten zu haben. Das aber gefühlt die halbe Schule eingeladen war, schien sie dabei vergessen zu haben. Oder auch einfach nur verdrängt.

Lillian und Logan würden natürlich ebenfalls kommen, was die gesamte Sache schon ein bisschen besser machte. Wenn auch nicht viel. Die Beiden waren nicht so skeptisch wie ich, was die Party betraf. Vielleicht sollte ich dem Ganzen entspannter entgegenblicken und es einfach geniessen, unter Leute zu kommen. Normalerweise war unser Kontakt zur Aussenwelt eher beschränkt. Wir wollten keine unnötigen Risiken eingehen und zu viel Zeit mit Menschen verbringen. Ausserdem waren Simon und Rose eh meine einzigen menschlichen Freunde.

Das Klingeln unserer Haustür brachte mich wieder zurück ins Hier und Jetzt. Rose wollte vorbeikommen, um sich gemeinsam mit mir für die Party zurechtzumachen. Um ehrlich zu sein, war ich kein grosser Fan von Makeup, aufwendigen Frisuren und dem ganzen Zeug. Ich hatte aber auch keine Ahnung davon, um ehrlich zu sein, vermutlich lag das daran, dass ich es aber auch gar nicht brauchte, den Vampirgenen sei Dank. Ich flitzte in Vampirgeschwindigkeit die Treppe runter, bremste dann ab und öffnete in menschlicher Geschwindigkeit die Tür. Ich musste immer darauf Acht geben, mich nicht zu verraten und auf Dauer wurde es langsam aber sicher echt anstrengend. Ich war es auch leid, dauernd so zu tun, als wäre ich gleich wie meine menschlichen Freunde. Denn das war ich nicht. Kein Stück weit. Und daran würde sich auch nie mehr etwas ändern.

Eine strahlende Rose blickte mir entgegen. Neben ihr konnte ich eine riesige Tasche erkennen und in ihrer Hand hielt sie einen Kleidersack. «Komm rein», bat ich sie und griff mir ihre Tasche. «Vorsicht, die ist echt schwer», liess sie mich wissen und ich verdrehte innerlich die Augen. Aber nicht für mich. Es brachte schon eine ganze Reihe Vorteile mit sich, ein Vampir zu sein. Doch das konnte sie ja nicht wissen. Sie sollte es auch nicht wissen.

Rose ging wie selbstverständlich den Flur entlang und die Treppe hoch in mein Zimmer. Sie war schon gefühlt tausend Mal hier gewesen und dementsprechend interessierte sie sich auch nicht gross für die Einrichtung, denn mein Zimmer sah wie immer aus. Überall herrschte Ordnung, da ich Chaos hasste. In der Mitte des Raumes lag ein flauschiger, grauer Teppich, den Lil mir vor gut drei Jahren zu meinem 70. Geburtstag geschenkt hatte. Ich war eben schon eine Oma, wenn man es genau nahm und von dieser Seite ansah. Die Wände waren weiss gestrichen und mit einigen Landschaftsbildern und einigen Bildern meiner Familie beschmückt. Mein Bett stand gegenüber von meinem weissen Schreibtisch. Darauf befand sich eine graue Tagesdecke. Auf eben diese legte Rose nun den Kleidersack ab und drehte sich dann mit den Händen in die Hüften gestützt zu mir um. «Als grossartige Freundin, die ich bin, habe ich dir auch ein Kleid mitgebracht.» Ich grinste. Sie kannte mich einfach zu gut und hatte gewusst, dass ich garantiert kein Kleid besass, das ihren Ansprüchen was die Party betraf, gerecht werden würde.

Schicksalsergeben öffnete ich den Reissverschluss und das erste was ich sah, war Silber. Mit spitzen Fingern zog ich das silberne, für meinen Geschmack viel zu kurze Kleid, aus der Schutzhülle und hielt es vor mich. Es war schon echt schön, aber verdammt kurz. «Das soll ich tragen?», vergewisserte ich mich. Rose nickte bestätigend und ich seufzte, was mir einen mahnenden Blick einbrachte. Kapitulierend hob ich die Hände. «Na gut, aber keine hohen Schuhe. Das ist die einzige Bedingung.» Rose grinste wissend. Sie wusste von meiner Unfähigkeit, was das Gehen auf hohen Schuhen betraf.

Mir blieb also nichts anderes übrig und nur in Paar Minuten später trug ich das Kleid, welches mir gerade einmal bis knapp über die Knie ging. Rose lief um mich herum und betrachtete mich mit kritischen Blicken. Wenig später steckte sie meine Haare mit einer schnellen Bewegung hoch, sodass mir nur noch einige lose Strähnen ins Gesicht fielen. Zufrieden betrachtete meine beste Freundin ihr Werk. «Jetzt fehlt nur noch das passende Makeup, Schmuck und Schuhe.» Gesagt, getan.

Fünf Minuten später zierte ein leichtes Make-up mein Gesicht und in meinen Ohren baumelten grosse silberne Kreolen. Um mein Arm wand sich ein passendes Armband und meine Schuhe steckten in flachen Sandalen, die aber trotzdem edel wirkten. Rose widmete sich jetzt ihrem eigenen Styling und 15 Minuten später waren wir bereit. Gemeinsam standen wir vor dem Spiegel. Roses Outfit war meinem ziemlich ähnlich, nur dass ihres golden war und sie High Heels trug und mich somit um fast einen Kopf überragte. Ich war eben nicht die grösste. Aber das machte ich mit anderen Dingen wieder wett. «Wir sehen aus, wie Sonne und Mond», sprach ich einen meiner Gedanken aus. Rose nickte zustimmend und drehte sich zu allen Seiten.

Als sie schliesslich zufrieden war, machten wir schnell noch ein Foto als Andenken und warteten anschliessend im Wohnzimmer auf Simon, der uns abholen wollte. Keine fünf Minuten später war er auch schon da und Rose öffnete die Tür. Sein anerkennender Blick wanderte über unsere Erscheinungen und er grinste. «Gut seht ihr aus», sprach er schliesslich und wartete, bis wir zwei aus dem Haus traten und ich die Tür hinter mir geschlossen hatte. «Ja, nicht?», sagte Rose glücklich. «Ich bin eben ein Profi.» Und damit hatte sie eindeutig recht.

Nach 15 Minuten Autofahrt erreichten wir die Villa der Westfalls, welche, wie ich zugeben musste, echt beeindruckend aussah. Sie kam Richard Nights Zuhause sehr nah, denn auch sie hatte unzählige Erker und soweit ich erkennen konnte, war die Fassade in einem hellen beige gestrichen, was widerum das Dach mit den roten Ziegelsteinen gut in Szene setzte. Trotzdem hatte sie auch etwas von einem altmodischen Herrenhaus aufgrund des riesigen Balkons und den geschwungenen Treppen, die sich nebeneinander befanden und zur Eingangstür führten. Und dann wurde ich mir des ganzen Ausmasses bewusst, denn der Garten der Westfalls war riesig. Er kam einem Park gleich, und zwar keinem kleinen. Es sah ganz so aus, als besass diese Familie einen ganzen Haufen Geld, anders konnte ich mir nicht erklären, wie sie zu dieser Villa gekommen waren.

Schon wieder bildete ich mir ein vorschnelles Urteil über jemanden, denn in meinem Kopf konnte ich deutlich die Westfalls sehen, wie sie in schmutzige Geschäfte verwickelt waren. Natürlich war dies reine Vorstellungskraft, aber es konnte durchaus möglich sein, dass diese Familie einige kriminelle Machenschaften vorzuweisen hatte. Natürlich gab es noch andere Wege, um an viel Geld zu gelangen, dessen war ich mir bewusst. Ich war schliesslich nicht hier, um den Westfalls etwas zu unterstellen, von dem ich nicht beweisen konnte, dass es der Wahrheit entsprach. Ich war hier, um Spass zu haben. Naja, zumindest so viel, wie eben möglich war, wenn man sich auf dem feindlichen Territorium aufhielt. Aber Ashton persönlich hatte mich eingeladen, also war es auch mein gutes Recht, hier zu sein.

Ich atmete tief durch und stieg aus. Mit unnötiger Wucht knallte ich die Autotür zu und wartete auf meine zwei Freunde. Simon hakte sich bei uns beiden unter und grinste: »Na los ihr zwei hübschen, lasst uns die Party aufmischen.» Und mit diesen Worten zog er uns rein ins Getümmel.

Eternal Love - Der Ruf des SchicksalsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt