Kapitel 64

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Ashton

Schnell wie der Blitz rannte ich die Anhöhe hinauf, auf der sich Ahilea und Peter DeLaria befanden. Das vermutete ich jedenfalls, da der Hilferuf eindeutig aus dieser Richtung gekommen war. Doch immer wieder hielten mich gegnerische Vampire davon ab, auf dem schnellsten Weg dorthin zu gelangen. Noch immer befand ich mich in der Gestalt eines Löwen und so fegte ich jeden Gegner, der sich mir in den Weg stellte, mit einem Prankenhieb zu Seite. Doch wieder einmal hatte ich nicht mit Mr DeLaria gerechnet. Dieser war inzwischen aufgestanden und stellte sich mir erneut in den Weg.

«Oh nein, Ashton. Du wirst dich da nicht einmischen. Das ist eine Sache zwischen Peter und Ahilea, die geht weder dich noch mich etwas an», sagte er warnend. Doch ich hörte nicht auf ihn. Blind vor Zorn stürzte ich mich auf ihn und verbiss mich in seiner Kehle. Erneut hatte er keine Chance gehabt, meinen Angriff vorauszusehen und diesmal war ich auch nicht so gnädig. Diesmal war da nichts, was mich aufhalten würde. Ich schüttelte meinen Kopf hin und her und schliesslich trennte ich seinen Kopf mit einem befriedigenden Reissen von seinem restlichen Körper ab. Angewidert liess ich seinen Kopf zu Boden fallen. Seine leeren Augen schienen mich nahezu zu durchbohren, doch Mr DeLaraia war tot. Es war aus und vorbei mit ihm, und zwar für immer. Er hatte sein Leben ausgehaucht und würde Niemandem mehr Schade zufügen. Durch seine schlimmen Taten würde keiner mehr leiden, wie Ahilea es müssen hatte. Doch der Gedanke an Ahilea erinnerte mich wieder daran, in welcher Situation meine Freundin sich befand. Also rannte ich, ohne noch einen weiteren Blick auf Mr DeLarias Leiche zu werfen, weiter in die Richtung, aus der ich Ahileas Schrei vernommen hatte.

Nach einigen Minuten, die sich jedoch wie eine Ewigkeit anfühlten, erreichte ich schliesslich die Anhöhe und sah mich kurz um. So weit das Auge reichte, sah man grüne Grasfläche und vereinzelte Steine. Ausserdem war der Boden nass, wie ich feststellte, als ich beinahe ausrutschte. Wahrscheinlich war es Ahileas Werk gewesen, denn im Tal unten hatte es nicht geregnet. Zum Glück, denn das hätte den Kampf um einiges erschwert. Trotzdem war ich stolz auf meine Freundin, dass sie schon zu derartigem fähig war. Nicht jeder Vampir hatte seine Gabe derart schnell im Griff. Selbst ich hatte einige Zeit dafür gebraucht, zu lernen, wie ich mit der meinen umzugehen hatte. Und das hatte mich, sowie auch meine Mitmenschen, so einige Nerven gekostet.

Ich riss mich wieder aus meinen Gedanken los und zwang mich zurück ins hier und jetzt. Was war nur mit mir los? Ahilea befand sich in Lebensgefahr und ich driftete hier gedanklich ab? Schon wieder? Schliesslich war es nicht das erste Mal, das mir etwas in der Art am heutigen Tag passierte. Und dann sah ich sie. Ahilea und Peter befanden sich auf einem Felsen und DeLarias hatte meine Ahi ganz an den Rand gedrängt. Hinter Ahilea befand sich nur noch der Abgrund. Vor ihnen konnte ich eine blondhaarige Frau ausmachen, bei der ich aber nicht wusste, um wen genau es sich handelte.

Ich zögerte nicht und rannte sofort los. Noch während dem Rennen verwandelte ich mich zurück, was mich aber einiges an Konzentration kostete. Meinen scharfen Augen entging Ahileas panisches Gesicht und ihre verkrampfte Körperhaltung nicht und ich wurde rasend vor Zorn. Es stand zwei gegen einen und das war nicht fair, denn schon Peter DeLaria alleine war viel stärker und mächtiger als Ahilea. Und das war allen klar. Peter war so etwas von tot, wenn ich ihn in die Finger kriegen würde. Und das hatte ich auch vor. Das Objekt meiner Wut drehte sich gerade zu mir um und sah mich selbstgefällig an, die Arme hingen locker an seinen Seiten herunter. Der Mistkerl hatte noch den Nerv, mit Ahilea zu spielen. Ewas für ein Arschloch! Man sollte meinen, er würde sie anders behandelt, immerhin liebte er sie ja. Oder das behauptete er zumindest, soweit ich wusste. Und dann tat er das, was ich niemals von ihm erwartet hatte. Er stiess Ahilea die Klippe hinunter.

Entsetzt brüllte ich laut auf und rannte noch schneller. Peter verschwand mithilfe seiner Gabe ebenfalls aus meiner Sicht, doch die blondhaarige Vampirin stellte sich mir in den Weg. Blind vor Zorn und Trauer stürzte ich mich auf sie und verpasste ihr einen wuchtigen Schlag in die Magengegend. Ich hatte all meine Kraft in diesen Schlag versetzt und die Vampirin wurde mehrere Meter zurückgeschleudert. Doch sie war schnell wieder auf den Beinen und ging nun ihrerseits zum Angriff über. Aber sie hatte keine Chance gegen mich. Die Wut und Trauer über den Verlust, den ich soeben erlitten hatte, verliehen mir ungeahnte Kräfte. Dies schien auch der Blondine nicht entgangen zu sein, denn sie liess von mir ab und rannte von mir weg, als wäre der Teufel hinter ihr her, womit sie ja auch gar nicht so falsch lag. Hätte ich die Chance dazu gehabt, hätte ich auch sie getötet, genau auf dieselbe Art und Weise, wie ich vorhin ihren Clananführer erledigt hatte.

Doch ich beachtete sie nicht weiter, sondern stürzte zum Klippenrand und beugte mich drüber. Und dann sah ich sie. Ahileas zarter Körper lag verrenkt am Boden der Schlucht, in die Peter sie gestossen hatte. Und als ich ihren verunstalteten Körper so daliegen sah und mir bewusst wurde, was dies bedeutete, verschwand die Wut und wich abgrundtiefer Trauer und Verzweiflung. Würgend taumelte ich mehrere Meter zurück und schliesslich sank ich unter der Last meiner Gefühle im nassen Gras auf die Knie. Ich hatte versagt. Ich hatte Ahilea nicht beschützen können und nun war sie tot. Es war meine Schuld. Wie oft hatte ich ihr versprochen, dass sie in meiner Nähe sicher war und ich sie immer dafür sorgen würde, dass niemand sie verletzen würde, insbesondere Peter DeLaria nicht. Ich hatte ihr geschworen, dass ihr nichts zustossen würde. Aber ich hatte diesen Schwur nicht halten können, denn jetzt war sie weg. Und es gab nicht, was sie jetzt noch zurückbringen würde, zurückbringen könnte.

Taumelnd erhob ich mich und im selben Moment begann es, zu Regnen. Ganz so, als würde auch der Himmel über Ahileas Verlust klagen. Fast sofort war ich klatschnass, doch ich bemerkte es gar nicht wirklich. Zu tief sass der Schock über das soeben Geschehen in meinen Knochen. Wie hatte Peter das tun können? Ich dachte, er liebte Ahilea? Doch wieso hatte er sie dann umgebracht? Hatte er in ihr etwa eine zu grosse Gefahr gesehen? Gut möglich wäre es. Für die DeLarias hatte Macht immer an erster Stelle gestanden und dank mir war Peter nun auch der neue Clananführer. Doch das hatte nicht wissen können, das war unmöglich.

Ich wich immer weiter zurück und meine Emotionen drohten, mit mir durchzugehen. Nie zuvor hatte ich mich so schrecklich und elend gefühlt. Ich hatte all meine Versprechen immer halten können und nun war das schlimmstmögliche passiert. Ich hatte soeben die Liebe meines Lebens verloren und es gab nichts, was dies jetzt noch ändern könnte.

Eternal Love - Der Ruf des SchicksalsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt