Musik for Life

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Taka warf die Erinnerungen beiseite, er war so schon spät dran gewesen, doch nun waren es 10 Minuten, mittlerweile hatte er die Tür zum Umziehraum erreicht. Achtlos warf er diese auf und donnerte sie hinter sich wieder zu. Im Raum zogen sich die anderen 9 Jungen gerade um. Taka hatte anscheinend die Anweisungen und die Anwesenheitskontrolle verpasst.

Bei jedem anderen hätten die Anwesenden sich sicher beschwert, doch Taka hatte schon einige Male bewiesen, das mit ihm nicht gut Kirschen essen war. Als er bemerkte, dass fast alle Blicke auf ihm lagen, schnaubte er auf und zischte; „Habt ihr nichts besseres zu tun als auf meine Boxer zu starren? Verpisst euch..." murmelte er hinterher und versank wieder in seinen Gedanken.

Das Alleinsein hatte ihn verändert, er war von dem kleinen, etwas pummeligen, freundlichen und offenherzigen Jungen zu einem misstrauischen Rüpel geworden, der eine harte Schale aber einen weichen Kern besaß und sich schwer damit tat sich anderen Leuten anzuvertrauen, da er Angst hatte verraten zu werden. Diese Veränderungen waren anfangs niemanden aufgefallen.

Die Kinder die sich zum Teil Sorgen um Taka machten, da er so dünn geworden und die ganze Zeit alleine war, beschlossen eines Tages am Anfang der 3. Klasse einen Jungen vorzuschicken um mit ihm zu reden.

Takahiro saß auf seinem Platz und hatte seine Kopfhörer im Ohr, als ihn der Junge anstupste. Der junge Moriuchi (Takas Nachname)  fuhr erschrocken hoch und die Kopfhörer wurden aus dem Walkman gerissen, wodurch plötzlich eine laute E-Gitarre, ein Schlagzeug und ein Bass im Raum zu hören war.

Alle Blicke lagen nun auf Taka, doch dieser schnautze nur: „Und? Kann doch jedem mal passieren,was hört ihr Träumer denn so für Musik? Enka?" hakte er leicht schnaubend nach und gerade als Kurt Kobain zu „Smells like teens spirit" ansetzte stöpselte Taka die Kopfhörer in den Walkman zurück. Bevor er wieder in die Musik eintauchte, sah er den Typen, der ihn angestupst hatte noch einmal fragend an: „Was willst du?" fragte er mit hochgezogenen Augenbrauen. Sein Gesicht sprach Bände: Lasst mich in Ruhe oder ihr bereut es noch.

Der andere Junge wich ein wenig zurück und stotterte...:"Nichts, bin nur zufällig..." Da hatte Taka sich auch schon wieder seiner Musik zugewandt.

Im Laufe des nächsten halben Jahres war Taka etwas offener zu seinen Klassenkameraden geworden... offener im Gespräch aber nicht freundlicher. Auch im Unterricht arbeitete er wieder öfter mit, naja, er meldete sich, aber meistens nicht um eine Frage zu beantworten, sondern dem Lehrer zu widersprechen oder sich zu beschweren, weil irgendein anderer Schüler zu nah an ihm dran saß, oder ein Luftzug ihm in die Ohren blies, kurzum, er war kein angenehmer Geselle.

Irgendwann hatten das natürlich auch seine Eltern mitbekommen, anfangs hatten sie sich keine Gedanken über das Verhalten ihres Sohnes gemacht, erst als die erste Beschwerden der Schule bei ihnen eintrafen, nahmen sie ihren ihn beiseite.

„Takahiro Moriuchi! Deine Schule hat gerade bei uns angerufen, du hast deine Lehrerin als Kuh bezeichnet?" fragte sein Vater mit strengem Unterton. Taka hatte schon länger nicht mehr mit seinen Eltern gesprochen, deshalb schien vergessen zu sein, wie angsteinflößend ihre Standpauken früher einmal für ihn waren,... und das nicht ohne Grund.

Trotzig gab der Junge zurück: „Ich hätte noch viel Schlimmeres sagen können als Kuh... sie soll sich glücklich schätzen die alte..." Noch bevor er seinen Satz zu Ende bringen konnte, brannte seine Wange schmerzvoll. Sein Vater sah ihn wütend an: „Solche Wörter möchte ich nicht aus dem Mund meines Sohnes hören. Du wirst dich ab sofort in der Schule benehmen wie ein anständiger, junger Mann, zu dem wir dich erzogen haben. Sonst kannst du was erleben!" mit diesen Worten hatte der Vater den nun verstörten, zitternden Jungen auf seinZimmer geschickt.

In seinem Bett konnte Taka die Tränen nicht mehr unterdrücken, er wusste, dass er etwas Falsches getan hatte. Es war nur zu dem Zwischenfall gekommen, da die Lehrerin angefangen hatte ihn ohne Grund als ihren schlechtesten, faulsten und verantwortungslosesten Schüler zu beschimpfen. Das alleine hätte ihn nicht so stark gestört, dass er etwas gesagt hätte, doch als sie sein Verhalten damit begründete, dass er sich wohl für etwas Besseres hielt, ihm der Reichtum zu Kopf gestiegen wäre und sie gar nicht wissen wolle was seine Brüder wohl für Rüpel sein mussten, platze Taka der Kragen.

*Enka ist eine Art Volksmusik in Japan

The Story of a FrontmanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt