31. Kapitel

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Gemeinsam mit Jamie, Emma und Maila schlängelte ich mich durch den Eingangsbereich des Rebelz. Anders als während der Boxstunde, war das gesamte Gebäude voller Menschen. Ich quetschte mich weiter, immer tiefer durch die Menge, bis an die Bar. Aus den Boxen drang Breath von Breaking Benjamin. Ich suchte die Menge ab, doch Samu war nirgends zu sehen. Ed hob die Hand zum Gruß, als er Jamie und mich an der Bar stehen sah und bediente nacheinander mehrere Leute, ehe er unsere Bestellung aufnehmen konnte. Es war zehn vor acht. Von acht bis zehn wird Samu spielen und ich wünschte, ich würde ihn vorher noch mal sehen. Doch vermutlich stand er irgendwo, nervös und aufgeregt und musste sich auf das Konzert konzentrieren. Und nicht auf mich.

„Na, Prinzessin!" Riku legte seinen Arm um meine Schulter und nickte Jamie zu. „Alles klar?"
„Sicher."
„Bei dir auch, Pinky?" Maila verengte die Augen zu Schlitzen. „Du kannst mich mal", sagte sie, drehte sich um und verschwand in der Menge.
Was war das?
Emma starrte ihr eine Weile nach. „Okay, Riku: Klartext bitte." Riku antwortete nicht. Stattdessen prostete er uns zu. Leerte sein Glas in einem Zug und zuckte bloß die Achseln. Es war Jamie, der ihn zurückhielt. „Wir waren im Bett, es war ... Sie ist heiß. Ich wollte sie wiedersehen, sie mich nicht. Ende der Geschichte."
„Das ist alles?", fragte Emma. „Oder hast du irgendwas zu ihr gesagt?"
„Nichts, außer dass sie diesen Kerl vergessen soll. Ihr wisst schon, diesen Johannes."
„Joonas", berichtigte ich ihn.
„Johannes, Joonas, Rudolf – wie auch immer. Ich meinte, sie könnte was Besseres haben. Das hat sie wütend gemacht und sie ist abgezischt." Er beugte sich über den Tresen, schob sein leeres Glas darüber und sagte: „Machst du mir noch einen, Eddy?" Emmas Augenbrauen wanderten in die Höhe. Dann schüttelte sie den Kopf. „Ich glaub, Joonas könnte sie windelweich prügeln, und sie würde ihn immer noch zurück wollen." Mein Bruder legte ihr die Hand auf die Schulter. Ich hörte nicht, was er sagte, weil er sich dicht zu ihrem Ohr beugte, aber ich sah, wie seine Lippen sich bewegten. Emma nickte irgendwann und Jamie tätschelte ihre Schulter. Und danach sah sie weit weniger genervt aus. Was auch immer er gesagt hat, es hatte geholfen. Dann stieß Riku mich an, damit ich den Blick zur Bühne hob. Samu stand dort, mit seiner Gitarre, vor dem Mirko und ließ seinen Blick durch die Menge schweifen. Neben ihm ein dunkelhaariger Kerl, der kleiner war als Samu. Er wurde mir vor ein paar Wochen schon vorgestellt. Er hielt eine Bassgitarre in der Hand. Dahinter Sami, ein Schlagzeuger, mit dem ich nur einmal geredet hatte. Ein Tuch um den Kopf gebunden, grinste er vor sich hin. Die Musik aus den Boxen verklang und für einen kurzen Augenblick ging ein Raunen durch die Menge. „Hey Leute", sagte Samu direkt ins Mirko. „Ich freue mich sehr, heute für euch spielen zu dürfen. Das hier ist Raul, er wird mich auf dem Bass begleiten. Und da, hinter mir, der gute Sami am Schlagzeug. Und ich bin Samu." Sami hob die Drums in die Höhe und pfiff, als die ersten Akkorde erklangen. Es war ganz anders als im Park. Hier drinnen, mit dem riesigen Verstärker, dem Bass und dem Schlagzeug klang seine Stimme noch magischer. Rauchiger. Dunkler.
Gänsehaut überzog meinen Körper, und mit jedem Song den sie spielten, wurde es schlimmer. Die Zeit stand still und gleichzeitig raste sie. Neunzehn Songs später, spürte ich Jamie direkt neben mir. Er legte mir den Arm um die Schulter und grinste. Ich wollte ihn gerade fragen, was los ist, da erklang Samu's Stimme am Mirko. „Der letzte Song bedeutet mir viel. Ich habe ihn selbst geschrieben." Samu's Blick traf mich und einen Augenaufschlag lang sah er mich an. „Er heißt Fate."

Oh mein Gott.

Er nickte Raul und Sami zu und die Melodie, die einsetzte war ruhig, aber gleichzeitig rockig. Jamie umfasste meine Schulterblätter, als ich ein Stück zur Seite taumelte und ich lehnte mich gegen seine Brust, weil meine Beine zitterten. Samu hatte gesagt, dass er mir den Song vorspielen wird. Aber ich hatte nicht damit gerechnet, dass das ausgerechnet hier, ausgerechnet heute passierte.
Jedes Wort berührte mein Herz. Samu sang von mir, als wäre ich alles. Kostbar und perfekt. Selbst als der Song endete und die Menge tobte, klang er noch in mir wieder. Samu, Raul und Sami verabschiedeten sich und ein anderer Künstler betrat die Bühne. Und dann kam Samu durch die Menge auf mich zu. Ich schlang meine Arme um seinen Hals und presste ihn an mich. „Schätze es hat ihr gefallen", rief Riku hinter uns. Samu's Haut war ganz heiß. Seine Augen glühten vor Euphorie, und die letzten zwei Stunden, jeder einzelne Song rauschte durch seinen Körper. „Hat er recht?" Samu beugte sein Gesicht zu mir herunter und sah mich an. Und sein Blick war durchdringend und voller Verlangen. „Ja." Seine Mundwinkel bogen sich nach oben, bevor er seine Lippen auf meine senkte und mich auf eine Art küsste, die meine Beine noch zittriger werden ließen.
Als er mich schließlich absetzte, war mir schwindelig und ich war froh, dass Jamie mir seine Cola in die Hand drückte. Immer wieder kamen Leute, um Samu auf die Schulter zu klopfen oder ihm zu sagen, wie gut er war und es dauerte, bis der Ansturm verebbte und wir nach draußen flüchten konnten. Nur er und ich. „Was hast du vor?", fragte ich, als Samu mich vom Eingang weg zu seinem Wagen zog. „Ich will dir noch was zeigen", erklärte er und hielt mir die Tür auf. Gott, er sah so gut aus. Diese Energie, die in ihm kochte, ließ mein Herz viel zu schnell schlagen. „Und die anderen?" Wie er dastand, an seinen Wagen gelehnt und mich musterte, brachte mich um den Verstand. Er sah mich an und sagte: „Die können auch ohne uns weiter feiern. Ich brauche dich jetzt einfach ein paar Stunden für mich alleine."

Weil ich dich braucheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt