Kapitel 15: Der erste Tirasan Passario

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„Das war Tirasan Passario für euch. Grundehrlich. Lügen, Aufschneiderei, Übertreibungen und Betrug waren ihm ein echtes Gräuel.“ (Rustan Polliander I. über seinen Freund und Herrn)

Aus dem Tagebuch von Rustan Polliander (im Jahr 43):

„Wenn ich den Leuten erzähle, dass die Dynastien zufällig bei einem Wutanfall entstanden, dann schauen sie mich in der Regel ungläubig an und glauben mir nicht. Ich gelte als wunderlicher alter Mann, der geistig verwirrt ist.

Nun, die Ereignisse sind lange her. Inzwischen bin ich alt geworden und die Welt hat sich grundlegend verändert und sie verändert sich jeden Tag ein bisschen weiter. Niemand weiß mehr so recht, wie die Welt war, bevor es Dynastien und Namensmagie gab. Daher will ich es euch erzählen.

Einst herrschten die Fürsten von Mirabortas, Wonspiel, Rigoras, Lindero und Fusslan über die fünf Königreiche unseres Kontinents. Über ihnen stand nur noch der Kaiser, dem sie ihren Gehorsam schuldeten. Es herrschte Frieden zwischen den Königreichen und, solange der Kaiser lebte, auch Freundschaft unter den Fürsten. Doch das änderte sich im Geburtsjahr der Dynastien, als der Kaiser starb.

Zu dem damaligen Zeitpunkt war ich ein junger Mann von Mitte Zwanzig und stand seit zwei Jahren in den Diensten des großen Herzogs Tirasan Passario. Euch sagt der Name nichts? Nun, das wundert mich nicht. Direkt nach den Ereignissen, die alles veränderten, wurde er häufig als Schimpfname oder Fluch benutzt. Und nach dem Tod des Herzogs im Jahr 21 gab es keinen Anlass mehr, über ihn zu reden, und er geriet langsam in Vergessenheit.

Doch für mich wird Tirasan Passario immer der große Mann und Magier bleiben, den ich bewundert und verehrt habe. Ich war zweiundzwanzig Jahre alt, als ich ihm das erste Mal begegnete. Ich stand zu dem Zeitpunkt als Soldat in den Diensten des Fürsten von Mirabortas. Doch ich hatte mir mit meinen Schwertkampfkünsten in den vorherigen beiden Jahren einen Namen gemacht, so dass ich inzwischen Angebote von den großen Fürsten, reichen Händlern und Herren des ganzen Kontinents erhielt, ihr Leibwächter zu werden.

Vielen hätten die zahlreichen Angebote geschmeichelt, mir jedoch waren sie eher unangenehm. Ich stand nicht gerne im Mittelpunkt und als Leibwächter, was ich als meine wahre Berufung ansah, war es meine Aufgabe, eher der Schatten meines Gebieters zu sein. Ich war also gerade auf der Suche nach einer neuen Stelle, als ich von einem Kollegen von der offenen Position bei Herzog Passario hörte.

‚Mach dir keine Hoffnungen, Rustan‘, meinte mein Kollege, als er meinen begeisterten Gesichtsausdruck sah. ‚Es haben im letzten Monat viele gute Kämpfer versucht, die Stelle zu bekommen. Sogar Olbus Kurbabu, die legendäre Klinge von Wonspiel, war darunter, doch Herzog Passario hat sie alle abgelehnt. Keiner schien ihm gut genug zu sein.‘

Ein anspruchsvoller Herr störte mich nicht. Er war mir sogar lieber als einer, der stets leicht zufrieden zu stellen war. Also beschloss ich, allen gut gemeinten Warnungen zum Trotz, mich auf den Weg nach Burg Himmelstor zu machen.

Damals gab es außer der Burg und ein paar vereinzelten Bauernhöfen kilometerweit keine größeren Ansiedlungen in dieser Gegend. Vielen war das Herzogtum zu weit abgelegen. Die meisten umgingen es ganz und segelten entweder auf dem westlichen oder dem östlichen Meer von Wonspiel nach Mirabortas oder umgekehrt, während sie zwischen den Königreichen unterwegs waren. Nur die armen Leute wählten den Landweg, der sie durch das Herzogtum führte.

Es war ein schöner Frühsommertag, als ich auf Burg Himmelstor ankam, um mich vorzustellen. Außer mir waren noch zehn weitere Soldaten, Schwertmeister und Söldner da, die alle dasselbe Ziel hatten.

Wir mussten eine ganze Weile warten, bevor der Herzog uns endlich empfing. Er sah wenig erfreut aus, uns zu sehen, und ich fragte mich zum ersten Mal, ob es die offene Stelle als Leibwächter wirklich gab oder ob nur jemand ein Gerücht in die Welt gesetzt hatte.

Die Magie der NamenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt