In jedem Namen liegt eine einzigartige Magie.
Mir klappte der Mund auf. Ich konnte nicht glauben, dass Nelia und Rustan plötzlich vor mir standen. Wie hatten sie mich gefunden?
„Was macht ihr hier?“
„Wir haben dich gesucht“, erklärte Nelia lächelnd. „Rustan bestand darauf, dass wir zusammen nach Himmelstor reisen.“
Der blonde Hüne sah verlegen zu Boden. „Ich habe geschworen, euch beide zu beschützen“, sagte er. „Da ist es nur praktisch, dass wir zusammen reisen.“
Mich fuchste seine Antwort, was Rustan wissen musste, denn der Krieger wich weiterhin meinem Blick aus. Ich hatte ihm erst gestern klipp und klar gesagt, dass ich nicht mit ihm und den anderen reisen wollte!
Halt stopp mal! Waren Nelia und Rustan nur zu zweit unterwegs? Wo waren Baro und Allira?
„Rustan, du hast deine Lebensschuld mir gegenüber bereits gestern getilgt“, sagte ich gereizt und Nelia sah mich überrascht an. Das hatte sie nicht gewusst. „Du hättest also zusammen mit Nelia und den anderen reisen können, ohne mir hinterherzueilen! Ich nehme an, ihr hattet ursprünglich nicht vorgehabt, heute schon aufzubrechen?“
Rustan hatte während der Tests jedenfalls nichts davon gesagt. Und er hatte bis dahin auch keine Zeit gehabt, Reisevorbereitungen zu treffen. Nun aber sah ich, dass Rustan und Nelia ebenfalls Rucksäcke trugen, die sie in Tummersberg gekauft hatten. Ich konnte mir richtig vorstellen, wie Rustan Nelia zum Aufbruch gedrängt hatte, als er festgestellt hatte, dass ich bereits am Morgen aufgebrochen war. Rustan war ein echter Sturkopf!
„Nein, eigentlich nicht“, gestand Nelia und sah zwischen mir und Rustan hin und her. „Aber als Rustan heute Früh feststellte, dass du allein fort bist, sind wir dir sofort hinterher. Der Weg durch den Holzwald ist zu gefährlich für einen einzelnen Wanderer, Tirasan! Oder hast du vergessen, dass im Wald Namenlose hausen?“
Ich erschauderte unwillkürlich. Der Gedanke an die Namenlosen bescherte mir ein unbehagliches Gefühl. Mit den Namenlosen war nicht zu spaßen. Tummersberg und Holzstadt schickten häufig Kurbabus in den Holzwald, um die Wege sicherer zu machen. Doch oft kehrten diese unverrichteter Dinge zurück und man hörte immer wieder von Überfällen.
„Sag ich doch!“, brummte Rustan. Er war sichtlich zufrieden, dass Nelia seine Meinung teilte.
Er sah sich gründlich um. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Anscheinend hatte ich kein Mitbestimmungsrecht, was meine Reisegefährten betraf. Aber wenn ich ehrlich war, dann mischte sich unter meine Gereiztheit auch eine riesige Portion Erleichterung. Ich ahnte, dass ich nicht die beste Entscheidung getroffen hatte, als ich Rustans Begleitung rundheraus abgelehnt hatte. Die Namenlosen würden es sich zweimal überlegen, bevor sie Rustan angreifen würden!
„Nun gut“, meinte der junge Krieger schließlich seufzend. „Vielleicht nicht der beste Lagerplatz, aber für heute Nacht wird es gehen.“ Er sah den kleinen Stapel Feuerholz, nahm einen Zweig heraus, zündete ihn im Lagerfeuer an und richtete sich wieder auf. „Ich suche weiteres Feuerholz für die Nacht.“
Nelia nickte. „Dann baue ich die Zelte auf“, erklärte sie.
Zelte? Sie hatten Zelte?!
Es stellte sich heraus, dass Rustan und Nelia ihre Reise trotz der Hektik um einiges besser vorbereitet hatten als ich. Sie hatten nicht nur jeder ein 2-Personen-Zelt, eine Bettrolle und eine Decke dabei, sondern auch Kochgeschirr, Besteck, Anzünder, etwas Medizin und Verbandszeug, je drei Wasserflaschen, Brot, Käse, trockenes Gebäck, das sich über eine lange Zeit halten würde, und dazu auch noch Wechselkleidung. Rustan hatte sogar daran gedacht, das Messer mitzunehmen, das er dem toten Attentäter abgenommen hatte. Damit waren er und Nelia bewaffnet und in der Lage, Räuber und weitere Attentäter abzuwehren.
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Die Magie der Namen
FantasyIn einer Welt, wo nur der Name darüber bestimmt, wer du bist, welchen Beruf du ausübst, ob du Vermögen hast und zu welcher Dynastie du gehörst, ist der Name Macht und Magie zugleich. Der Außenseiter Nummer 19 aus dem kleinen Ort Tummersberg träumt d...