Unruhe im Untergrund und Arbeitssuche

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In dieser Nacht konnte Azuro nicht schlafen. Deshalb beschloss er noch eine Runde durch die dunklen Gänge der Schule zu machen. Sai und Nico schlummerten einen seeligen Engelsschlaf und hörten nicht, wie Azuro das Zimmer verließ. Es war alles still, er schlich auf Zehenspitzen an den Lehrer Zimmern vorbei und lief die Treppen ins Erdgeschoss hinunter. Er kam zu einer Tür, die ins Freie zu führen schien. Durch das Glaselement konnte er dahinter ein beleuchtetes Glashaus erkennen, in dem einige Personen waren.

Neugierig geworden, öffnete er die Tür und ging gebückt näher, doch auf halben Weg gab der Boden unter seinen Füßen nach und er rutschte in einen Erdtunnel. Vor Schreck entkam ihm ein leiser Schrei und obwohl er wild um sich schlug um irgendwo Halt zu finden, ging es immer schneller bergab. Azuro konnte keinen klaren Gedanken fassen, alles wirbelte um ihn herum. Endlich landete er auf einem modrigen, feuchten Boden. Er rappelte sich schnell auf und blickte sich verstört um. War da nicht etwas? Eine klagende leise Stimme war zu hören. Sie klang jedoch so schaurig, das Azuro eine Gänsehaut über den Rücken lief. Das war keine Menschliche Stimme, sie war so tief so... Der Junge konnte es nicht erklären.

Langsam ging er in die Richtung, aus der das Klagen kam. Jetzt konnte er auch einige Wörter verstehen: „Komm näher,... sie lässt mich nicht los. Du musst mir helfen", konnte Azuro verstehen. Er wagte sich noch weiter vor und schließlich konnte er einen unterirdischen See erkennen, doch davor lag etwas und krümmte sich. Die Angst in ihm lähmte seine Beine, er konnte nur sehen, dass ein großes reptilienartiges Wesen gegen schlangenartige Fesseln rang. In seiner Hand fühlte Azuro seinen Antendoit und endlich kam wieder etwas Leben in seine Glieder. „Antendoit, zerschneide die Fesseln!" befahl er und trat näher an das Wesen heran. Es war groß, sehr groß, Azuro hatte noch nichts der Gleichen gesehen. Keuchend richtete sich die riesige Echse auf. Die gespaltene Zunge leckte über den noch zuckenden Schlangenkörper. Es stieß ein Stück in die Richtung seines Retters und raunte: „Danke für deine Hilfe, das ist dein Anteil." Die sicher 90 cm lange Schlangenhälfte zuckte noch immer vor Azuros Füssen. Die Echse drehte sich mit Schwung um und herrschte: „Jetzt iss schon! Es ist ja eh der ungiftige Teil!" Dann schmatzte es genüsslich weiter, lugte aber immer mit einem Auge zu Azuro. Dieser sah keinen anderen Ausweg, als dieses Schlangenstück wenigstens zu probieren. Weiß Gott, was das Reptil sonst mit ihm anstellen würde.

Er hob das zappelnde Teil hoch und biss mit zugekniffenen Augen hinein. Etwas überrascht stellte Azuro fest, dass es gar nicht so schlecht schmeckte, doch mehr als fünf Bissen konnte er nicht hinunter würgen. Das war alles zu verwirrend, es drehte sich immer noch alles in seinem Kopf. Trotzdem fasste er all seinen Mut zusammen und meinte: „Danke ich bin satt, ich bin ja auch viel kleiner als Du, den Rest kannst du haben." Er stemmte das Teil hoch und warf es hinüber. Sogleich packte sich die Riesenechse beide Schlangenstücke und schleppte sich näher an Azuro heran. Ihm gefror das Blut in den Adern. Er sah direkt in das Auge des Riesens, welcher so groß wie ein Bär war. „Mein Name ist Percifus. Und wer bist du? Bist du ein Anthet?" grunzte es. Der noch immer geschockte Junge nickte nur und hüstelte mit heiserer Stimme: „Ich heiße Azuro und ja, ich bin ein Anthet." „Was suchst du hier unten? Die Häutungszeit hat erst begonnen, du wirst noch nicht viel finden können", meinte Percifus mit rauer Stimme. Aber dann drehte er sich um und zog mit seinem Maul eine lange leere Hülle nach vor. Eine große silbrig, grün-blau glänzende Schlangenhaut, mit feinem Karomuster. „Du hast Glück. Meine Rivalin hat sich vor unserem Kampf noch gehäutet", sagte er und häufte die Haut neben Azuro an. Der Berg war fast so groß wie der Junge selbst.

Nun fiel es ihm ein. Azuros Bruder hatte doch auch eine Reptilienhaut suchen müssen. Es wurden verschiedene Kleidungsstücke daraus gefertigt, die man bei der Kampfausbildung brauchte. Aber das lag für Azuro noch alles in weiter Ferne. Er hob einen Teil der Schlangenhaut auf, mit dem Gedanken, dass sie wahrscheinlich glitschig war, doch zu seiner Überraschung war sie ziemlich fest. Auf der Oberseite war ein regelmäßiges Muster zu erkennen und die Unterseite war ledrig und weich. Schlangenhaut war sehr teuer und nicht jeder konnte sie sich leisten, darum schickte man die Schüler auf die Suche danach. Und das war anscheinend der Ort für solche Funde. „Die solltest du aufbewahren, vielleicht brauchst du sie ja noch. Die Haut hat nämlich magische Fähigkeiten. Lange nicht so ausgeprägt wie bei Antendoiten, doch auch recht gut", meinte Percifus freundlich, sofern eine Echse freundlich klingen kann. Azuro staunte: „Das wusste ich gar nicht. Aber wie soll ich diese Menge an Haut transportieren? Und wo soll ich sie hin räumen?" fragte er. Das Reptil drehte sich um und begann mit dem Hinterteil zu wedeln. „Aus dem Weg!" rief es und erfasste die Schlangenhaut mit seiner Schwanzspitze. Azuro duckte sich schnell und die dünne Hülle flog über ihn hinweg auf einen Baumwipfel. Von dort hing sie wie ein Feuerwehrschlauch herab. „So wird sie gut trocknen und übermorgen kommst du sie holen, dann werde ich dir noch etwas anderes zeigen. Sieh zu, dass du andere Handschuhe bekommst, die taugen nicht viel." Percifus machte sich auf den Weg und rief: „ Nun komm mit, ich zeige dir den Weg nach oben. Es wird Zeit!" Azuro folgte ihm bis zu einer versteckten Treppe und versprach noch, übermorgen wieder zu kommen.

Antendoit - Abenteuer in einer anderen WeltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt