Kapitel 3: Fakeverschwendung

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Es gibt immer mehr soziale Plattformen, auf denen man sich austauschen kann. Bei manchen Plattformen ist die Kommunikation hochwertiger und inhaltsvoller, als bei anderen. Ich habe bereits eine große Anzahl an Apps ausprobieren dürfen und habe viele Menschen kennengelernt, welche unterschiedlich lange in meinem Leben blieben.

Was mich am Meisten überraschte, ist, dass manche Menschen diese 08/15 Kommunikation, wie: ,,Was machst du heute?" liebten und andere sie verteufelten. Ich bin ehrlich, wenn ich von meiner Bekanntin nach drei Wochen Kommunikationsstillstand ein ,,Wie geht's dir?" als Vorschau lesen durfte, schüttelte ich meistens sprachlos den Kopf. Ich habe nichts gegen die Frage an sich. Eigentlich ist die Botschaft ja freundlich gemeint aber stellen wir uns mal ehrlich die Frage: Wie sehr ist unser Gegenüber wirklich an unserem Wohlbefinden interessiert? Meistens folgt doch nämlich folgendes:

A: Wie geht's dir?

B: Ganz gut und dir? (Gegenfrage, die gleich bereut wird)

A: Ach alles ist scheiße... (es folgt ein riesiger Text)

Auch gegen diese Konversation habe ich an sich nichts aber ist es nicht irgendwie ein wenig Fake, erst zu fragen, wie es einem Menschen geht und sich dann seelisch auszukotzen? Irgendwie scheint mir die ,,Wie geht's dir"-Frage mehr eine Alibi-Frage zu sein. Was viel erfrischender wäre, ist die Botschaft: ,,Du mir geht's heute echt scheiße, hast du ein offenes Ohr für mich und könntest mir zuhören?"

Das klingt so simpel und ist auch so erfrischend ehrlich. Doch warum machen wir Menschen das nicht? Tja, wahrscheinlich, weil wir Angst haben. Angst vor der Ablehnung. Denn, wenn man aktiv danach fragt, ob uns jemand kurz zuhören könnte, kann die Antwort eben auch mal ,,Nein!" lauten. Theoretisch wäre das möglich. Doch wie wahrscheinlich ist das? Kennst du einen Menschen, der es schriftlich verneint, dir zuzuhören? Ich kenne höchstens Menschen, die das Gespräch zeitlich verschieben aber keinen, der es direkt ablehnen würde. Warum das wieder so ist? Vermutlich, weil wir Menschen es lieben, gebraucht zu werden. Es schmeichelt unser Ego und wir können uns mal richtig ins Zeug legen.

Warum also so viel wertvolle Zeit mit der Fakefrage verschwenden? Wenn jemand mich fragt, wie es mir geht, möchte ich das ehrlich gefragt werden und nicht als Alibi. Ist das zu viel verlangt?

Gut zugegeben, gibt es dort draußen noch viele ehrliche Seelen, die sich wirklich darum kümmern, wie es einem ergeht und diese Frage aus Interesse stellen. Ich bin euch dankbar. Wirklich.

Mittlerweile gehe ich mit der berühmten Frage so um, dass ich die Nachricht für ein paar Stunden ignoriere und mich dann erst zurückmelde. Das mag egoistisch klingen, doch ich finde, Menschen sollten ein wenig über ihr Verhalten nachdenken. Und je später ich antworte, desto mehr kann die Person über ihre Frage nachdenken und verändert vielleicht zukünftig ebenso ihr Gesprächsverhalten. Mir kam mal der Gedanke, was passieren würde, wenn man nur noch zehn Nachrichten pro Tag schreiben dürfte. Ich schätze mal, das würde unsere Online-Kommunikation gehörig auf den Kopf stellen.

Ich möchte mir aber auch einmal an die eigene Nase fassen. (Der Erfinder dieses Sprichworts ist ein wahres Genie...) Ebenso könnte ich ehrlich heraus sagen, dass es mich nervt, nur gefragt zu werden, um mir einen Monolog anzuhören. Warum kommuniziere ich das nicht? Das tue ich aus zwei Gründen. Erstens aus Angst vor Ablehnung. Das kommt uns irgendwie bekannt vor, oder? Zweitens aber aus einem ganz anderen Grund. Ich würde behaupten, dass ich in meinem Leben bereits viele kostbare Stunden durch Social Media verloren und verschwendet habe. Meistens entstand diese Verschwendung aus einem Hintergrund: Fehlinterpretation von Nachrichten.

Das ist das Problem an der schriftlichen Kommunikation. Man hört keine Betonung, keinen Wortlaut und sieht keine Körpersprache. Worauf ich hinaus möchte, ist, dass ich es mir zeitlich nicht erlauben kann (wie Businessmäßig klingt das bitte?) solche ,,Streitgespräche" zu führen. Würde ich ehrlich heraus sagen, dass es mich total nervt nur Zuhörer zu sein, würde ich ein Streitgespräch auslösen, welches mir nicht nur Zeit kosten würde, sondern auch wichtige psychische Nerven. Ich sehe darin keinen Mehrwert. Und ihr wisst ja, dass die Person meistens ihr Herz ausschütten möchte und sowieso über Negatives sprechen möchte. Die Wartezeit meiner Antwort tut uns beiden also gut. Oder flüchte ich viel mehr von der Konfrontation?

Zusammenfassend kann man sagen, dass ich ebenso Schuld bin, wie mein Gegenüber. Wir beide könnten ehrlicher sein. Also worauf warten wir?

Ist das noch Kommunikation?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt