Ich hatte dir das Kapitel ja schon versprochen. Grundsätzlich habe ich Nichts gegen Sprachnachrichten. Ich finde sie sogar recht praktisch. Ich kann mir das Gequatsche anhören, während ich eine andere App öffne oder unterwegs bin. Tatsächlich sind da keine Grenzen gesetzt. Wenn du ganz krass drauf bist, kannst du dir sie sogar auf dem Klo anhören.
Der Inhalt der Sprachnachrichten? Puh.. Das weicht ganz schön ab und ich möchte nun keine pauschale Aussage über die Relevanz treffen aber können wir uns darauf einigen, dass viele die Funktion der Memo irgendwie zu sehr ausnutzen, um wirklich jedes Stöhnen oder Geräusch wie ,,Oh tut mir leid, falls du nichts verstehst, der Wind rauscht hier sehr." aufzunehmen? Ja es gibt durchaus Menschen, die dir wichtige Inhalte über die Funktion mitteilen und dann gibt's aber Menschen, ach ich weiß auch nicht. Du weißt, was ich meine, oder? Da werden ja teilweise Sprachnachrichten mit brisantem Inhalt im Hörsaal aufgenommen, sodass selbst deine Mitstudenten wissen, dass Freundin Chantal die krassesten Krämpfe ihrer Periode hat.
Empfängst du Sprachnachrichten, ist das Problem ja, dass du vorher nie weißt, ob du nun die spannendste Memo deines Lebens hören wirst oder wieder einmal einer Pfanne im Hintergrund beim Brutzeln zuhören darfst. Ohne Witz ich war vor vielen Jahren im Urlaub und eine Freundin von mir versendete mir eine Sprachnachricht mit 15 Minuten Inhalt. Ich wusste nicht, ob ich in meiner erholenden Zeit ernsthaft 15 Minuten dafür nutzen sollte, der Stimme zuzuhören aber ich tat es. Und was soll ich sagen? Ich habe es bereut. Die gute Freundin hatte ihre Memo tatsächlich beim Kochen aufgenommen und es kam nicht selten vor, dass ich eine ganze Minute auf einen Ton warten musste, bis aufgelöst wurde, dass sie gerade ihren Braten aus dem Backofen holen musste. Es hat mich geärgert. Und deshalb verteufle ich Sprachnachrichten manchmal. Mir wird die Zeit gestohlen. Doch darauf will ich eigentlich gar nicht hinaus. Ich möchte viel mehr auf den zeitgleichen Austausch von Sprachnachrichten hinaus. Was ich damit meine, lässt sich in etwa so skizzieren:
A: 16:12 Memo an B
B: 16:14 Memo an A
A: 16:15 Memo an B
Ich glaube, du kannst mir folgen. Ich kann mein Anliegen in nur einer Frage zusammenfassen. Bereit? WARUM TELEFONIERT IHR NICHT?
Du merkst schon, dass ich in diesem Buch viel über fehlende Zeit spreche, doch Sprachnachrichtenaustausch ist eigentlich das perfekte Beispiel, um geklaute Zeit aufzudecken. Beim Hören dieser Memos passiert folgendes: A nimmt eine einminütige Sprachnachricht auf. B hört die einminütige Sprachnachricht (außer er spult immer mal wieder vor :D) und antwortet ebenso mit einer einminütigen Sprachnachricht. A hört sich diese wieder an. Wir rechnen zusammen. Zeitaufwand vier Minuten.
Vergleichen wir kurz die Telefonie. A spricht eine Minute aber B hört gleichzeitig zu und kann dementsprechend schon sofort darauf antworten, was auch A hört. Zeitaufwand: Zwei Minuten. Die Hälfte an Zeit! Ist das nicht verrückt? Nun denk einmal bitte an meine 15-minütige Sprachnachricht. Ich falle in Ohnmacht.
Also um das Ganze nochmal festzuhalten, ich finde Sprachnachrichten praktisch, man kann sie überall und zu jeder Zeit anhören. Sie sind quasi wie diese To-Go Kaffeebecher, du kannst eine Sprachnachricht einfach zum Mitnehmen hören. Was aber einen faden Beigeschmack hinterlässt, ist der zeitgleiche Austausch. Denn dieser ist eine totale Zeitverschwendung, wie wir durch mein Beispiel gesehen haben. Seid mutig. Ruft die Person an. Was ist daran denn so schwer?
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Ist das noch Kommunikation?
Short StoryEhrlich. Emotional. Nachdenklich. Ist dir auch schon aufgefallen, dass immer mehr Menschen in ihrem Smartphone gefangen sind und die Kommunikation darunter leidet? In meinem ersten Buch erwarten dich zum Nachdenken anregende Texte, die unser gesamte...