Ist das noch Kommunikation?

Kapitel 7: Eine Form der anderen Kommunikation

Ohne selbstverliebt klingen zu wollen: Ich habe ein ganz großes Talent, welches mir unheimlich hilft, Menschen zu verstehen. Ich kann mich sehr gut in Menschen hineinversetzen und laufe mit offenen Augen durch die Welt. Vor vielen Jahren habe ich als Benimmregel erfahren, dass ich Menschen immer in die Augen schauen soll, wenn ich mit ihnen rede. Das soll angeblich eine Form der Höflichkeit sein. In diesem Punkt stimme ich teilweise zu, wobei ich ganz klar sagen muss, dass es deutlich spannendere Dinge gibt, als die Augen eines Menschen. Es lohnt sich die Augen offen zu halten. Denn ich schaue bei einem Gespräch auf die Handbewegungen, die Körperhaltung oder auch auf das Umfeld. Ich würde sagen, ich fokussiere meinen Blick einfach auf Umwelteinflüsse oder die Körpersprache. Und das ist viel spannender als Blickkontakt. Deshalb musste ich diese Regel der Höflichkeit aufgeben und schaue immer mal wieder während eines Gespräches durch die Umgebung. Mit meinen Ohren bin ich aktiv bei meinem Gesprächspartner. Teilweise wissen meine Freunde schon, dass ich einfach so drauf bin und Eindrücke meiner Umgebung aufsauge.

Mit Worten zu kommunizieren, ist ganz spannend aber Worte sind meistens wohlüberlegt. (wie gesagt meistens!) Viel inhaltsvoller ist es, wie eine Person spricht oder wie sie dabei ausschaut, wenn sie etwas sagen möchte. Was ich dir deshalb empfehlen kann, ist eine Folge einer Serie zu gucken, die du bereits kennst und dabei den Ton auszuschalten und einfach mal auf die Körpersprache zu achten. Das ist ziemlich spannend. Wer diesen Effekt im echten Leben testen will, kann einfach mal die Kopfhörer anschalten und Personen in seinem Umkreis beobachten. Spaß macht zum Beispiel die Fußstellung während eines Gesprächs. Zeigen beide Füße zum Gesprächspartner, mag der Gegenüber die Konversation. Zeigt ein Fuß mehr zu Seite, ist die dementsprechende Körperhälfte ebenso zur Seite geneigt. Das bedeutet, dass euer Gegenüber lieber aus dem Gespräch flüchten wollen würde. Die Gründe dafür kann Körpersprache nicht herleiten. Dennoch lohnt sich ein aktiver Blick auf diese kleinen Momente, denn sie verraten einem so viel.

Und genau das ist mein Problem mit sozialen Medien. Ich weiß nicht, welche Gefühle du in deinen Nachrichten transportieren möchtest. Ich kann es nur anhand deiner Worte erahnen. Denn sind wir mal ehrlich: Stimmfarbe, Körpersprache oder Ausdruck machen ein Gespräch doch erst so richtig interessant und lebhaft. Stell dir vor, du buchst Tickets für einen Comedian und kommst in die Halle, setzt dich auf deinen gebuchten Platz und bemerkst, dass die Bühne durch ein schwarzes Tuch verdeckt wird. Der Comedian tritt auf. Du hörst aus seiner Stimme, dass er ganz humorvoll ist aber irgendwas fehlt. Vielleicht die Körpersprache?

Ich würde mit dir wetten, dass du durch diese fehlende Information weniger lachen wirst. Einfach, weil Körpersprache bei so vielen Dingen weiterhilft und enorm wichtig für das Verständnis füreinander ist.

Wozu ich dich also aufrufen möchte, ist, mehr auf die Körpersprache von Menschen zu achten. Vielleicht kannst du dadurch, Menschen den Tag retten, weil du siehst, dass es jemanden nicht gutgeht oder jemand seine wahren Gedanken kaschiert. Lügen kann man mit etwas Übung auch enttarnen.

Viele fragen mich, ob es nicht traurig ist, Menschen durch die Körpersprache lesen zu können. Manchmal ist es das und ich muss sagen, dass ich das nicht immer mache, weil ich auch mal naiv durch die Welt laufen möchte und einfach nur ein ,,normaler Mensch" sein möchte. Jede kleinste Bedeutung zu entschlüsseln, ist auf Dauer nicht erstrebenswert. Das Leben soll auch zu keinem Rätsel werden, was auf die Lösung wartet, sondern soll gelebt werden und dazu gehört es für mich auch, naiv zu leben und einfach den Moment zu genießen und nicht auf der Jagd einer neuen Entschlüsselung zu sein. Das Entschlüsseln kann süchtig machen, sodass du irgendwann in jeder kleinen Handbewegung etwas Tiefgehendes siehst. Deshalb warne ich dich schon einmal vor und sage dir, dass du, genauso wie dein Gegenüber, dich manchmal nur an der Nase kratzen musst, weil es juckt. Das ist kein Indiz einer Lüge. Generell empfehle ich dir die Körpersprache in Summe kleinster Auffälligkeiten zu beurteilen und deine Einschätzung nicht durch ein Merkmal zu charakterisieren.

Ende der Schulstunde.