Kapitel 12: Der Rausschmiss

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Seit zwei ganzen Tagen lang lag ich schon auf der Streckbank. Ich besaß nicht einmal etwas zu Essen oder vernünftige Kleidung. March hatte mich einfach allein gelassen, ohne mich von diesem verdammten Foltergerät zu entfesseln. Wenn ich ihn das nächste Mal sehe, würde er so richtig was von mir zu hören bekommen. Das hieß, falls ich überhaupt irgendwann Mal hier wieder runter kam. Denn so langsam beschlich mich die Angst, dass er mich einfach zum Sterben hier zurück gelassen hat. Nicht seine blutrünstigen Foltermetoden würden mich töten, sondern das unerwiderte Verlangen nach Nahrung. Irgendwie ein langweiliges Ende. Und bitter.

Unsägliche Male hatte ich schon versucht mich eigenständig von diesem dämlichen Teil zu befreien, doch es war zwecklos. Egal, wie sehr ich auch an den Fesseln rüttelte, ich bekam meine Hände einfach nicht frei. Noch dazu fühlten sich meine Gliedmaßen viel zu überdehnt an von dem ganzen Strecken.

Als ich mich schließlich gar nicht mehr bewegen konnte, da alles an mir steif gefroren war, begann ich zu schreien. Doch schnell merkte ich, dass ich damit nur meine Kräfte verschwendete. Niemand würde mich hören und selbst wenn, würde es niemand wagen in Marchs heilige Räume unerlaubt einzudringen. Vermissten die anderen mich denn gar nicht? Zumindest Liz hätte ich zugetraut, dass sie das ganze Hotel nach mir absuchen würde. Vielleicht auch Elizabeth, doch niemand fragte sich anscheinend wohin ich verschwunden war. Oder sie fanden mich ganz einfach nicht, was ich mir allerdings nur sehr schwer vorstellen konnte. Wahrscheinlich hatte ich die beiden nur überschätzt und sie scherten sich einen Dreck um mich.

Irgendwie war dieses Ende trostloser, als ich es mir zuerst vorgestellt hatte. Mein Magen knurrte unaufhörlich, doch ich konnte nichts gegen dieses aufkeimende Verlangen tun. Mein Mund war staubtrocken und ich musste mir tausendmal über die Lippen lecken, damit wenigstens ein bisschen Feuchtigkeit sich dort ansammeln konnte. Was würde ich alles nur für ein Glas Wasser tun?

Doch plötzlich hörte ich, wie sich die Tür zur Folterkammer öffnete und eine männliche Gestalt sich mir näherte. Es war March. Unwillkürlich kam mir wieder der Gedanke, wie um alles in der Welt er noch leben konnte. Bereits zwei Mal hatte ich ihn "umgebracht", doch jedes mal hatte ich ihn kurz darauf quicklebendig wieder gefunden. Und warum hatte er einfach aufgehört mich zu foltern? Ich dachte immer, dass er mich seit unserem ersten Treffen schon foltern wollte. Er war einfach ein Mysterium, das ich nicht lüften konnte.

March kam mit großen Schritten auf mich zu und (zu meinem großen Verwundern) entfesselte er mich. Sein Blick war ernst und er konzentrierte sich voll und ganz auf meine Fesseln. Gerade noch konnte ich die großen Augenringe unter seinen Augen erkennen, als er mich auch schon packte und von seiner Folterbank stieß. Mir wurde schwindelig, da ich total dehydriert war und seit ca. 48 Stunden nicht mehr auf meinen Füßen stand. Außerdem war March nicht gerade sanft gewesen und hatte mich regelrecht von seinem Foltergerät runter gezogen, wodurch ich fast gestolpert wäre.

Nun verstränkte er seine Arme und sah mich kalt an. "Raus".

Ich war mir nicht sicher, ob ich ihn richtig verstanden hatte. Doch er wiederholte das Wort abermals, dieses Mal mit ein bisschen Nachdruck. Er besaß wirklich die Frechheit mich zwei Tage lang gefesselt einzusperren, ohne Nahrung oder sonst etwas, und mich dann herauszuschmeißen!?

Er sah meinen finsteren Blick und seufzte. Dann packte er wieder meinen Arm und zog mich zur Tür. "Du belegst diesen Raum jetzt schon für zwei Tage. Ich habe auch noch andere Gäste, die darauf warten gefoltert zu werden". Seine Stimme war tadelnd. Irgendwie wirkte er in diesem Moment so anders als sonst. Ich konnte es nicht ganz richtig beschreiben, doch er war... Kälter. Und strömte nicht mehr die Leidenschaft aus, die er sonst so an den Tag legte. Er konnte mir nicht einmal in die Augen schauen, geschweige denn überhaupt auf irgendeine Stelle meines Körpers. Sein starrer Blick war stets auf die Wand hinter mir gerichtet oder er begutachtete seine Fingernägel und befreite sein weißes Hemd von Fusseln.

"Wie bitte!?", rutschte es mir heraus. Wieso tat er geradeso , als wäre ich diejenige, die dafür verantwortlich gewesen wäre, dass der Raum belegt war? Er war derjenige, der mich hier eingesperrt hatte! Ich wollte nie wieder etwas mit ihm zu tun haben, aber er zog mir ja immer wieder einen Strich durch die Rechnung!

"Pass auf, oder ich bin doch nicht mehr so gnädig, wie ich vor zwei Tagen war. Sei einfach dankbar, dass ich dir noch keinen allzu großen Schaden zugefügt habe. Das nächste Mal werde ich nicht mehr so gnädig sein".

March betrat wieder seine Folterkammer und donnerte die Tür hinter sich zu, sodass ich wieder vollkommen allein war. Alleine im dunklen Korridor.

Plötzlich ballte ich meine Hände zu Fäusten zusammen und ich setzte mich in Bewegung, um in mein Zimmer zu stürmen und mir etwas ordentliches anzuziehen. Jetzt reicht es, dachte ich mir, als ich gerade um eine Ecke bog, um in mein Zimmer zu gelangen. Ich wollte Antworten, um endlich ein bisschen Klarheit in meinen Gedanken zu schaffen. Gleich morgen früh würde ich versuchen ein paar Informationen aus Elizabeth herauszuquetschen. Wer zum Teufel war James March eigentlich und warum starb er nicht, wenn man ihn umbrachte? Was war damals mit Charlotte vorgefallen, die anscheinend irgendwie mit mir verwandt sein soll und mir wie aus dem Gesicht geschnitten war? Und was stimmte nicht mit diesem gottverdammten Hotel!? Diese Antworten würde ich bald bekommen. Doch sie würden mir nicht gefallen...

Sweet Dreams (are made of this) / American Horror Story FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt