Kapitel 6: Geheime Vorlieben

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Das Klopfen der Tür riss mich aus meinem Schlaf. Noch halb besinnungslos öffnete ich vorsichtig meine Augen und erblickte eine aus irgendeinem Dunkelholz bestehenden Decke. Es war nicht mein Hotelzimmer, in dem ich mich befand. Dies würde von nun an mein richtiges Zimmer sein, wie Elizabeth mir mitgeteilt hatte. Es war zwar schön dekoriert und das Bett war um Welten besser, als das, was ich davor hatte. Aber es änderte nichts an der Tatsache, dass ich von nun an mit zwei Psychopaten zusammen wohnen würde. Die Ungewissheit, was als nächstes wohl passieren würde, nagte an meinen Nerven. Es war ein Wunder, dass ich heute Nacht überhaupt ein Auge zudrücken konnte. Ich war bei jedem kleinsten Geräusch aufgewacht und bin überhaupt erst vor ein paar Stunden eingeschlafen. In was war ich hier nur hinein geraten? Und wer war Charlotte? Ich kannte keine Charlotte. Doch ich verschwieg meinen neuen Mitbewohnern lieber, dass ich mit keiner Charlotte verwandt war. Wenn sie es erfahren würden, wäre ich geliefert. Ich fragte mich nur, warum ich zufälliger Weise genauso aussah wie sie. Ich war noch nie ein Freund von Zufällen gewesen. Stets suchte ich nach Gründen, um mir den vermeintlichen Zufall anderweitig zu erklären. Warum also ich?

Die Tür wurde aufgerissen und augenblicklich spannte sich mein gesamter Körper an. Doch ich beruhigte mich wieder, als ich Elizabeth erspähte. Sie würde mir nichts tun. Noch nicht.

Sie schenkte mir ein seichtes Lächeln und legte mir ein paar Klamotten auf mein Bett. Ich nahm an, dass sie sie aus meinem vorherigen Hotelzimmer geklaut hatte. "Guten Morgen, Schlafmütze. Das Frühstück ist fertig. Wenn du magst, kannst du mit uns essen, aber ich kann verstehen, wenn du nein sagst. In diesem Fall kannst du einfach in 'ner Stunde im Esszimmer vorbei gucken. Dann sollte keiner mehr da sein".

Ich gab ihr bescheid, dass ich gleich da sein würde und sie verließ den Raum. Schnell setzte ich mich auf und ging in einen Nebenraum, der - wie ich gestern Abend herausgefunden hatte - das angrenzende Badezimmer war.

Die Wände waren schwarz gefliest und stellten einen Kontrast zum schneeweißen Boden dar. Die Sanitäranlagen sahen sehr modern aus, was ich nicht erwartet hatte, da alles andere an diesem Hotel so alt aussah. Ich zog mich aus und stellte mich unter die Dusche, deren Wasserstrahl überraschend angenehm auf die Haut prasselte. Nicht zu hart und nicht zu weich. Es hatte wohl einen deutlichen Unterschied, wenn man hier nur zu Gast war oder hier wohnte. Ich hatte allerdings auch nicht erwartet, dass Elizabeth unter solchen Bedingungen, wie die Gäste hier leben würde. Sie wirkte auf mich, als würde ihr ihre Lebensqualität sehr am Herzen liegen.

Ich griff nach meinem Shampoo, das anscheinend schon vorher hierher gebracht worden war. Mir gefiel der Gedanke nicht, dass anscheinend irgendwer meine Sachen durchwühlt hatte... Aber ich konnte mich nicht beschweren. Lieber so, als gar kein Shampoo. Mit raschen Bewegungen cremte ich meine Haare und meinen Körper ein, um den Dreck von gestern abzuwaschen. Gestern war ich einfach nur noch tot ins Bett gefallen, nachdem ich fast gefoltert worden wäre. Meine Gedanken ließen den Moment unweigerlich nochmal revue passieren, bis sie zu einer bestimmten Person abdrifteten. March... Ob er wohl auch zum Frühstück kommen wird? Ich betete, dass er nicht kommen würde. Ehrlich gesagt hatte ich vorhin nicht so genau über die Konsequenzen nachgedacht, die ein Frühstück mit Elizabeth mit sich bringen würde. Die Konsequenz, das ich ihn wiedersehen würde. Augenblicklich bereute ich meine Entscheidung, eingewilligt zu haben. Aber wenn ich weiter darüber nachdachte, kam ich zu den Entschluss, dass sowieso irgendwann der Moment gekommen wäre, an dem ich ihm wieder über den Weg laufen würde. Ich konnte mich nicht ewig vor ihm verstecken und ich glaubte nicht, dass ich so schnell wieder von hier weg kommen würde. Außer ich würde fliehen.

Nach fünf Minuten war ich fertig mit dem Duschen und trocknete mich ab. Rasch zog ich meine frischen Klamotten an und betrat den Flur. Plötzlich wurde mir bewusst, dass ich ja gar nicht wusste, wo sich das Esszimmer befand. Elizabeth musste wohl vergessen haben es mir zu sagen, stellte ich mit einem Seufzen fest. Ich hätte ebenfalls daran denken können.

Sweet Dreams (are made of this) / American Horror Story FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt