Kapitel 8: Blut im März

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Liz und ich verbrachten von jetzt an öfter Zeit miteinander. Wir trafen uns regelmäßig im Musikzimmer und brachten uns verschiedene Lieder bei, die wir gerne mochten. Manchmal übten wir sogar die ganze Nacht lang, sangen uns etwas vor und lachten. Letzteres taten wir im Übermaß. Wir lernten uns besser kennen und fingen an uns richtig zu mögen. Sie erzählte mir sogar von ihrem ersten Besuch im Cortez und davon, wie sie ebenfalls einen Neuanfang starten wollte, genau wie ich. Nur mit dem Unterschied, dass Liz seitdem sie hier lebt ein besseres Leben führt, und ich gegen meinen Willen gefangen gehalten wurde.

Inzwischen LEBTE ich quasi im Musikzimmer. Manchmal schlief ich hier tatsächlich ein und wachte am nächsten Tag mit einem steifen Nacken auf, weil ich mal wieder (mit dem Kopf aufs Piano gestützt) auf der Bank eingeschlafen war. Ich übte wie eine Besessene exzessiv am Piano, weil es das einzige war, woran ich mich klammern konnte und es mich vergessen ließ, aus welchem Grund ich hier war. Also spielte ich Tag und Nacht lang und aß nicht mehr besonders viel. Seit ein paar Tagen schon hörte ich jede Nacht Schreie von Menschen, die anscheinend gefoltert wurden, weshalb ich nicht viel schlief. Es war, als würde jeden Tag ein bisschen mehr von der Realität zu mir durchscheinen und die Fassade vom geheimnisvollen, aber wunderschönen Hotel immer weiter verblassen und durch das schaurige Horror Hotel, das es war, ersetzt wurde. Ich wusste, dass mir hier niemand etwas antun würde, da ich eine Art Sondergenehmigung besaß und somit für alle unantastbar war, aber meine Angst wurde von Tag zu Tag schlimmer. Manchmal besaß ich den Drang den Schreien zu folgen, überlegte es mir jedoch immer wieder anders.

Wie jeden Tag saß ich also am Piano und wartete auf Liz, und darauf, dass ihre Schicht endlich endete. Ich hatte mir ein paar Notenblätter zurechtgelegt, die ich in einer der Kommoden hier gefunden hatte und versuchte die Lieder einzustudieren. Ich wartete und wartete... Doch Liz kam nicht. Es war komisch, da sie mich eigentlich noch nie versetzt hatte, doch wahrscheinlich hatte sie einfach nur viel zu tun. Sie half nämlich bei den Vorbereitungen für Elizabeths Feier, die morgen stattfand.

Gerade sah ich wie die Sonne unter ging und beschloss mit dem Üben aufzuhören und in mein Zimmer zurück zu gehen, als ich plötzlich wieder die quälenden Schmerzensschreie vernahm. Verdammter March und seine menschenverachtenden Hobbys. Komm doch her! Dann sag ich dir, wie ich deine nächtlichen Folteraktionen finde! Ich packte meine Sachen zusammen und brachte die Notenblätter zurück in die Kommode, in die sie hinein gehörten. Nach tagelangem herumsitzen hatte ich es mir angewöhnt jeden Tag bevor ich zurück in mein Zimmer ging ein bisschen zu trainieren. Naja, 'trainieren' war vielleicht ein bisschen zu großzügig formuliert. Im Grunde genommen machte ich ein paar Streckübungen, damit sich meine Muskeln nicht komplett auflösten und ich nur noch ein Haufen Matsche war, dessen Fingermuskulatur das einzig brauchbare am Körper war. Wenigstens wäre ich dann ein talentierter Haufen Matsche gewesen...

Inzwischen waren die Schreie verstummt und ich atmete auf. Heute war zum Glück ein Tag, an dem das heutige Opfer nicht so lange leiden musste. Es gab Tage, an denen die Schreie gar nicht mehr aufhören wollten. Die darauffolgenden Tage waren auch meist die, an denen ich beim Essen nicht viel runter bekam. Der Gedanke im gleichen Hotel wie diese Bestie zu speisen, war mir zutiefst zuwider. Gleichzeitig war es auch eine Strafe für mich selbst, da ich nichts gegen diese Schreie unternahm. Auch wenn ich in diesen Momenten immer über March fluchte, so war mir durchaus bewusst, dass er nicht das einzige Monster in diesem Hotel war. Diese Schreie konnten auch durch komplett andere Bestien ausgelöst werden, denen ich besser nicht begegnen wollte. Tatsächlich war ich schon mal so einer Bestie begegnet. Zwar nur im vorbei gehen, doch es reichte mir voll und ganz. Bei dieser Kreatur war ich mir noch nicht einmal sicher gewesen, ob es überhaupt wie ein Mensch denken konnte. Falls ich in diesem Szenario also den Schreien folgen würde und die Folterei samaritermäßig beenden wolle, dieses Ding jedoch vor mir stehen würde, wäre ich mir nicht einmal sicher, ob es mich nicht auch noch angreifen würde. Mein eigenes Leben war dann doch zu wichtig.

Sweet Dreams (are made of this) / American Horror Story FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt