Kapitel 3

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Natasha p.o.v.
Ich schätzte, dass mittlerweile gute 20 Minuten vergangen waren, seit ich aus dem Zimmer entflohen war.
Mir blieben also im Höchstfalle ein paar wenige Minuten, bevor auffallen würde, dass ich nicht mehr da war. Oder der arme Junge, den ich angesprungen habe, wird aufwachen und Alarm schlagen.

Mein Blick glitt nach rechts oben zu einem Wegweiser. Laut diesem müsste der Aufenthaltsraum meiner Freunde direkt hinter der nächsten Ecke sein.
In einer impulsiven und unüberlegten Bewegung schoss ich um die Ecke und bemerkte zu spät, dass der Eingang von zwei ziemlich übel aussehenden Kerlen bewacht wurde. Ich sog die Luft ein und rettete mich in Millisekunden zurück hinter die Abbiegung.
Einige Sekunden verweilte ich dort und lauschte, was die Zwei diskutierten.
„Man, guck dir das an, Eddie. Du hast mir meine Schuhe beim Essen versaut. Sieh dir nur den Soßenfleck an, der mitten auf dem Schuh liegt. Deine blöde Löffelaktion hat den dahin befördert!"
Dieser Eddie gab ein etwas dümmlich klingendes Schnauben von sich. „Ha! Das war ein super Spiel, Bauser. Hättest du dich nicht so angestellt, wäre gar nichts passiert."

Naja gut, die Zwei schienen mich also nicht bemerkt zu haben, wenn der Soßenfleck auf Bausers Schuh interessanter war.
Da mir die zwei aber nun einen Strich durch die Rechnung gemacht haben, musste ich mir was anderes einfallen lassen, wie ich zu Thomas und meinen Freunden gelangen konnte.
Ein Ablenkungsmanöver war wohl ineffektiv. Die Zeit, die mir vielleicht doch noch blieb, wäre endgültig dahin.
Auf der Suche nach einer Lösung, glitt mein Blick vorbei an einem Hausmeisterwagen voller Toilettenpapier nach oben zu einer Öffnung fürs Lüftungssystem. Das war's! Wenn ich da hoch käme, dann könnte ich das restliche Stück unbemerkt zurücklegen, um zu meinen Freunden zu gelangen.

Behutsam schob ich den Hausmeisterwagen unter die Öffnung und versuchte die zwei Scharniere zu lockern, die den Deckel an Ort und Stelle hielten. Es funktionierte, aber ich musste höllisch aufpassen, dass ich kein Geräusch verursachte, wenn ich sie hängen ließ.
Als ich auch das geschafft hatte, zog ich mich mit ein wenig Mühe hoch in das Lüftungssystem.
Ein Glück war ich so zierlich, sonst hätte ich wahrscheinlich nicht mal durch die Öffnung gepasst.
Um meinen Geheimgang nun zu vertuschen, machte ich den Deckel von oben wieder zu.
Es sollte also vorerst niemand auf die Idee kommen hier oben nach mir zu suchen.

Ich atmete einmal kurz tief durch und folgte dann aus dem Gedächtnis heraus dem Weg zum Aufenthaltsraum. Als ich über meinen beiden Freunden Eddie und Bauser ankam, stoppte ich kurz.
Sie bemerkten immer noch nichts und diskutierten weiterhin wild über diesen Soßenfleck und wer von den beiden denn der kindlichere sei.
Ich wollte schon weiterkriechen, da bemerkte ich, dass ich nicht geradewegs über dem Aufenthaltsraum der Jungs ankommen würde, da mir der Weg durch einen sich ziemlich schnell drehenden Ventilator versperrt wurde. Mir blieb also nichts anderes übrig als den Weg nach rechts zu nehmen und zu hoffen, dass ich irgendwo über ihnen auskäme.

Und tatsächlich: wenige Augenblicke später sah ich eine Öffnung vor mir durch die Licht nach oben drang und aus der einige mir bekannte Stimmen kamen.
Direkt über der Öffnung stoppte ich und hörte einige Momente lang hin, denn es schien so, als würden sie diskutieren.
„Leute, sie ist nicht tot, glaubt mir das doch! Ich habe sie eindeutig gesehen, als mich diese Männer in scheinbaren Arztkitteln untersucht haben. Hier ist was faul, ich sag's euch!", feixte eindeutig Thomas.
„Jetzt beruhige dich mal wieder. Diese Leute haben uns vor der A.N.G.S.T. Organisation gerettet und sie zu Nichte gemacht. Sie haben uns selber gesagt, dass sie versucht haben Natasha zu retten, aber sie konnten nur noch ihren leblosen Körper finden. Wir sollten froh sein, dass sie uns aufgenommen haben und uns versorgen und verpflegen. Du bist wahrscheinlich einfach nur ein bisschen verwirrt, weil du ihren Tod nicht verkr-"

Weiter kam Newt nicht, denn ich trat die Öffnung ein und sprang nach unten in die Mitte des Raumes. Direkt hinter Thomas. Die anderen guckten mich verdutzt an und waren plötzlich alle verstummt.
Thomas schien nicht ganz zu realisieren, was gerade passiert war, denn er starrte weiterhin auf die Meute ungläubiger Gesichter.
Ganz langsam drehte er sich zu mir um, blickte erst auf meine nackten Füße und ließ dann langsam seinen Blick hochwandern, bis er bei meinen Augen hängen blieb.
Es schien eine gefühlte Ewigkeit zu vergehen, in der keiner von uns etwas sagte.
Erst als ich nervös lächelte, zog er mich an sich und vergrub seine Hände in meinen Haaren.
„Du bist es, du lebst! Ich wusste doch, dass ich dich gesehen habe! Ich bin so froh, dass es dir gut geht!"
Für einen kurzen Moment ließ ich die Ruhe, die sich in mir breit machte, als Thomas mich umarmte, über mich ergehen, dann schob ich ihn leicht weg und erwiderte: „Ich bin auch froh, dass es euch gut geht."

„Mach das nie wieder! Du hast einfach dich als Opfer akzeptiert und mich allein gelassen. Nie in meinem Leben habe ich so einen schlimmen Schmerz gespürt", schniefte Thomas leicht traurig und irritiert von den Emotionen, die mein plötzliches Auftauchen in ihm ausgelöst hatten.
„Ich weiß, ich weiß. Zum Diskutieren ist später noch Zeit. Ich weiß nicht, wie lange wir haben, bis sie bemerken, dass ich weg bin. Wir müssen erstmal hieraus kommen. Wir sind nämlich immer noch in den Händen von A.N.G.S.T."

„Ich glaube das nicht", feixte Newt. „Wie konnten die es wieder schaffen uns hinters Licht zu führen?!"

Ich antwortete: „Wir sind zum zweiten Mal ihre Spielfiguren geworden. Ein drittes Mal lasse ich das nicht zu.
Passt auf. Auf dem Weg hierher sind mir einige Sachen aufgefallen. Draußen vor eurer Tür stehen zwei große, kräftige Typen. Allem Anschein nach haben die aber nichts in der Birne, also kann man sie vielleicht noch austricksen. Sollte der Alarm losgehen, dann müssen wir schnellstens hieraus, denn dann riegeln die hier alles ab. Den ungefähren Weg kenne ich, aber wir müssen die Augen offen halten. Unser schnellster Weg nach draußen führt vorbei an zwei der meistgenutzten Labore und den Hauptsicherheitsräumen. Dort werden sie uns wahrscheinlich versuchen aufzuhalten, aber ich habe eine Chipkarte. Mit der müssten wir nach draußen kommen. Und...

...falls ihr ne Hose für mich hättet, wäre das auch nicht schlecht."

THE MAZE RUNNER 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt