Teil 10

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PoV Stan

Zwei Tage später wäckte mich mitten in der Nacht ein Klopfen an der Tür.
Bill schien sich nicht daran zu stören und schlief einfach weiter, also stand ich auf und ging zur Tür.
Vor mir stand Eddie.
"Ich fühle mich einsam in meinem Zimmer.", sagte er, die Augen weit aufgerissen.
Hatte er Angst? Oder fühle er sich wirklich nur einsam.
"Komm rein."
Ich trat zur Seite und ließ meinen besten Freund herein.
Eddie setzte sich vorsichtig, um Bill nicht zu wecken, auf mein Bett und sah mich an.
"Ist alles okay, Ed?", fragte ich.
Langsam machte mir der erschrockene Blick meines Freundes wirklich Angst.
Er nickte langsam, dann brach er in Tränen aus.
Ich rannte - so leise wie möglich - zu ihm und nahm den Kleineren in den Arm.
Beruhigend strich ich ihn über den Rücken und flüsterte "Shhh- alles gut", doch seine Schluchzer wurden nicht ruhiger.
"Was ist denn passiert?", fragte ich irgendwann.
Eddie atmete schwer, doch wurde nicht panisch.
Also hatte er keinen Asthmaanfall, das war gut.
"Wenn- wenn Rich nicht- nicht duh- da ist, duh- dann habe ich immer- immer Albträume. Ihm- immer, wenn er nuh- nicht duh- da ist."
Ich nickte und hielt ihn weiter im Arm.
Richie war gestern gefahren um seine Eltern zu besuchen.
Er würde erst übermorgen wiederkommen.
"Weiß Rich von deinen Träumen?"
Eddie schüttelte den Kopf.
"E- er muh- muss nur da sein. Im- im Raum. Das reicht um die Truh- Träume zu ersticken."
Ich nickte.
Ich verstand, was Eddie meinte.
"Sollen wie Richie morgen anrufen? Er kommt bestimmt gerne zurück.", schlug ich vor.
Es dauerte einige Sekunden, bis Eddie antwortete.
Nun war seine Atmung wieder regelmäßig und das Schluchzen hatte aufgehört.
"Nein, ich möchte ihm das nicht verderben. Kann ich vielleicht die nächsten Nächte - also nur bis Rich wiederkommt - hier bleiben?"
Ich nickte nur und bedeutete Eddie, er könnte sich in mein Bett legen.
"Bill hat sicher nichts dagegen.", murmelte ich, als ich mich - so leise wie möglich - neben ihn legte.
"Du hast es ihm gesagt, oder?"
Ich nickte, Eddie nickte und wir legten uns schlafen.
"Ach und Eddie?"
"Ja?", kam von irgendwo aus der Dunkelheit die Stimme meines besten Freundes.
"Wenn heute Nacht noch etwas ist: du kannst mich immer aufwecken."
"Danke.", hörte ich noch, dann war es still.
Auch ich schlief wieder ein.
Später in der Nacht drehte sich Bill zu mir - wir beide immernoch schlafend - und zog mich an sich.
So verharrten wir die nächsten paar Stunden, bis sein Wecker um 10 Uhr klingelte.
"St- Stan?", fragte er.
Die Stimme rau und beschlagen vom Morgen.
Ich öffnete die Augen und sah ihn an.
Einige Minuten kostete es mich um zu realisieren, was letzte Nacht passiert war.
"Eddie?"
Bills Gesichtsausdruck wurde immer verwirrter.
Eddie und ich setzten uns auf und begannen zu erklären, warum ich in Bills und Eddie in meinem Bett lag.
Bill nickte nur immer wieder, dann setzte er sich neben Eddie und strich ihm über den Rücken.
"Du kannst bleiben, bis Richie wieder da ist."
Eddie nickte dankbar.
Ich konnte kaum daran denken, dass Eddie jetzt die nächsten Tage bei uns im Zimmer schlief.
Mir machte die Kälte zuschaffen, die Bill hinterlassen hatte, als er aufgestanden ist, um sich neben Eddie zu setzten.
Ich konnte nicht leugnen, dass ich in diesem Moment eifersüchtiger auf Eddie als auf Sara war.
Doch Bill hatte sich schon wieder von Eddie gelöst und saß nun auf seinem Schreibtischstuhl.
Mir wurde kalt.
Ich hatte nur ein Shirt und eine Shorts an und Eddie hatte irgendwann in der Nacht das Fenster geöffnet.
"Ist alles okay, Stan?", fragte Bill, den Blick besorgt auf die Gänsehaut auf meinen nackten Armen und Beinen.
Ich nickte nur, die Kälte kroch in meine Glieder.
Eddie schloss das Fenster.
Ich nahm mir Bills Decke und legte sie mir um die Schultern.
Die Kälte blieb.
Da begriff ich: sie ging von mir selbst aus.
Ich selber war die Kälte.
Oder der Teil von mir, der ich nicht war.
Der Teil von mir, der so gerne die Person sein wollte, die von Bill gehalten wurde, wie Bill Sara hielt.
Ich seufzte.
"Warum ist dir so kalt? Mir ist ganz warm."
"Ich weiß nicht genau. Aber ich denke, da kann man nichts machen."
Eddie nickte.
Bill hatte uns gar nicht zugehört.
Er wühlte in seinem Kleiderschrank nach etwas, was er anziehen konnte.
Plötzlich began er zu lachen und zog ein rotes Karohemd hervor.
Ich konnte nicht genau sagen warum, doch es verletzte mich, dass Bill nicht zugehört hatte.
Ich war wirklich in den Größeren verliebt, aber es war seine Entscheidung, wem er zuhörte und wem nicht.
Bill lächelte Eddie und mir noch einmal zu, dann verschwand er, ohne ein weiteres Wort zu sagen, im Badezimmer.
"Ist es wegen Bill?"
"Was?"
Ich sah auf.
Hatte Eddie bemerkt, dass ich genau wusste, woher die Kälte kam?
"Du sahst den ganzen Morgen über so traurig aus."
Ich atmete erleichtert aus.
"Achso. Ja, vielleicht."
Eddie nickte nur.
Er brauchte nicht zu antworten.
Ich wusste, er hatte damals etwas ähnliches durchmachen müssen.
Aber war doch Richies und seine Liebesgeschichte gut ausgegangen, oder? Gab es dann auch eine Chance für- Nein. Ich durfte nicht so denken.
Ich hatte gelernt, mir nicht zu viele Hoffnungen zu machen. Hoffnungen wurden zerstört.
"Stan, geht es dir gut? Du bist so blass."
Ich nickte Eddie kurz zu, zwang ein Lächeln über meine Lippen und suchte mir ebenfalls Kleidung aus.

"Wo ist Eddie?"
Bill stand vor mir, das Karohemd hatte er doch nicht angezogen (stattdessen trug er ein einfaches Langarmshirt und eine Dreiviertelhose).
"Bei sich im Zimmer. Er wollte sich fertig machen."
Bill nickte, lächelte mir kurz zu und setzte sich an seinen Schreibtisch.
Erst als ich bemerkte, dass ich schon einige Minuten einfach darstand und ihn beobachtete, setzte ich mich auf mein Bett und las ein Buch.
Bill zeichete, ich las. Kein Grund für die Schmetzerlinge in meinem Bauch, einen ihrer traurigen Tänze zu vollführen.
Auch wenn seine Anwesenheit irgendetwas beruhigendes hatte, ich wusste, ich würde ihm nicht nahe sein können.
Nicht wirklich jedenfalls.
"Was zeichnest du da, Big Bill?", fragte ich irgendwann.
Mich auf mein Buch zu konzentrieren hatte ich aufgegeben.
"Nichts besonderes", antwortete Bill.
Trotzdem sah ich, wie er das Stück Papier in eine Mappe schob, doch ich ignorierte es.

Ich starrte ins Leere, bis sich die Matratze neben mir senkte und ich zu Bill sah.
"Stanny?"
Ich nickte langsam.
"Ich möchte nicht, dass du dich außenvor gelassen fühlst, seitdem ich mit Sara zusammen bin. Du bist immernoch mein bester Freund."
"Danke.", lächelte ich.
Bill umarmte mich - für kurze Zeit wandelte sich der traurige Tanz der Schmetterlinge in meinem Bauch zu einem ausgelassenen Flattern - und fuhr mir durch die Locken, als wären wir noch zehn Jahre alt und ich hätte mir das Knie an einem Stein aufgeschürft.

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Was habe ich hier gemacht?
Ich wollte unbedingt ein Kapitel schreiben.😂💕
Bye💙

Vergessen♡  ~ StenbroughWo Geschichten leben. Entdecke jetzt