Beratung

3.6K 220 20
                                    

Aileen:


Ich führte Samuel um das Haus herum auf die Terrasse. Während der Vorgarten mit Hecken und Blumen begrünt war, bestand der hintere Teil aus einem Nutzgarten. Meine Großmutter hatte hier viele Beete angelegt. Schutzkräuter, welche sie auch rund um die Grundstücksgrenzen gepflanzt hatte, gab es hier ebenso wie Gewürzkräuter und ein kleiner Bereich war für Gemüse reserviert. Die beiden Obstbäume an der hinteren Grundstücksgrenze und die Beerenhecken, die den Nutzgarten eingezäunten, versorgten mich mit genügend Lebensmitteln. Ich war keine Selbstversorgerin, doch mit dem großen Grundstück konnte ich viele Dinge selbst anpflanzen und brauchte nur wenig einkaufen. Ich überlegte mir bereits, ein paar Hühner anzuschaffen. Lediglich Fleisch, Milchprodukte und andere Getränke außer Wasser kaufte ich regelmäßig ein.


Im Moment jedoch bot ich meinen Gegenüber einen Platz an und entschuldigte mich für ein paar Minuten, um Wasser  und meine Karten zu holen. Das Haus hatte eine moderne Schließanlage und ich konnte es so über die Terrasse betreten und musste nicht erst durch die Haustür. Ich durchquerte den großen Raum, der durch Regale in Wohn- und Esszimmer unterteilt war, um durch eine Schiebetür in die Küche zu gehen. Auf dem Weg dorthin, nahm ich meine Karten vom Esstisch. Eine Angewohnheit von mir war, dass ich mir jeden Morgen eine Tageskarte zog. Für heute stand eine überraschende Wendung an, auch wenn ich diese nicht so deutlich erwartet hatte. Mit einer Karaffe voll Wasser, zwei Gläsern und meinen Karten kam ich auf die Terrasse zurück. Ich goss beide Gläser halbvoll und reichte eines meinem Gast.


"Bitte. Ich hoffe, Wasser aus der Leitung macht Ihnen nichts aus. Wenn ich für Sie eine Frage beantworten soll, ist es wichtig, dass der Körper fließt. Die meisten trinken viel zu wenig Wasser und deswegen fordere ich alle meine Kunden auf, erst ein Glas zu trinken. Ich tue das ebenfalls. So wird meine Arbeit einfacherer und genauer."


Ich wusste nicht wirklich, ob das der Fall war. Den meisten meiner Kunden war es zum Glück einleuchtend genug und es stimmte, dass ich besser erfühlen konnte, was mein Gegenüber suchte, wenn ich genug Wasser getrunken hatte. Samuel zögerte nur einen Moment und trank zusammen mit mir.


"Gut. Welchen Rat brauchen Sie?"


Ich hatte begonnen meine Karten zu mischen. Es waren keine üblichen Karten, die man über das Internet bestellen konnte. Während einer meiner vielen Kurse hatte ich diese Karten nur für mich gemacht. Sie waren mein persönlicher Wegweiser. Auf jeder Karte standen Worte, die so mit Mustern überzogen waren, dass sie nicht mehr zu erkennen waren. Doch diese Muster hatten sich, zusammen mit den Worten in mein Unterbewusstsein eingebrannt.


"Ich führe ein Unternehmen und es gibt einen Konkurrenten, der sich dieses unter den Nagel reißen will. Ich muss wissen, wann."





Leseprobe "Aileen Wolf - Erwachen"Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt