If It Hurts |Araflo

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If It Hurts - FRND

Der Blick war leer. So leer wie der geöffnete Whatapp Chat. Aus Wut hatte er all die Nachrichten gelöscht, wollte sich die Vorwürfe nicht länger gefallen lassen, wollte ihm keine weitere Vorlage geben ihm die Worte im Munde zu verdrehen, bis sie keinen Sinn mehr machten. Die blauen Augen wanderten weiter zu der geladenen Waffe auf dem Tisch.

Es war so irre. Schließlich hatte Flo ihn in all dies reingezogen Hatte vor all den Jahren vorgeschlagen, gemeinsam Minecraft Projekte zu machen. Und natürlich ist es jetzt seine Schuld. Wie immer. Inzwischen sah er selbst nicht mehr durch. Er wollte es auch gar nicht mehr. Hatte aufgegeben seinen... Freund... zu verstehen. Wann war es denn nur so verdammt kompliziert geworden? Wann waren sie sich so fremd geworden, dass er jetzt hier saß und die Waffe in die Hand nahm.

Russisch Roulette. Eine Kugel - fünf Kammern. Eine Chance von 5:1. Fast schon lächerlich. Er gab der Trommel einen Stubs, damit sie sich drehte. Entsicherte die Waffe und setzte sie sich an die Schläfe.

Schloss die Augen.

Nahm sie wieder runter.

Schaute erneut in den Whatsapp Chat. Inzwischen war es bereits drei Uhr morgens und immer noch nichts. Keine Antwort auf seine letzte Nachricht. Wäre die Sache doch nur umgedreht. Dann säße er am längeren Hebel. Würde ihn mit einer sehnsüchtigen Antwort warten lassen. Obwohl - so wie er Flo kannte, würde er das nicht zulassen.

Kaum zu glauben, dass er ihn mal als seinen besten Freund angesehen hatte. Davon war so gut wie nichts mehr übrig.

Wie konnte das nur passieren? Wie hätte es weitergehen sollen, jetzt da alles in Scherben vor ihm lag und er mit bloßen Händen die zerbrochenen Stücke wieder zusammen setzen sollte. Es würde wehtun. Und am Ende war es umsonst. Denn wie sollte etwas funktionieren, wenn es nur wehtat?

Wenn man versuchte den Schaden zu minimieren und es doch nur noch schlimmer machte. Wie oft hatten die beiden sich schon in dieser Situation befunden, hatten sich Beleidigungen an den Kopf geworfen, die ihnen schon Leid getan hatten, als sie ausgesprochen wurden. Doch entschuldigt hatte sich niemand. Zu groß war ihr Stolz.

Und so mussten sie kommen, die schwarzen Gedanken. Die Gedanken die fiese Dinge flüsterten. Die das Vertrauen nahmen, welches Roman in seinen Kumpel hatte. Immer und immer wieder versuchte er dieses Vertrauen zurückzugewinnen, vergab ihm jede Beleidigung, versuchte jeden von Flos Fehler zu übergehen und sie selbst gut zumachen. Legte Herz und Seele in die gemeinsamen Projekte, legte alles daran, dass es funktioniert, dass ihre Zuschauer etwas hatten, worauf sie sich freuen konnten und das sie den Alltag kurz vergessen ließ. Und doch war es nicht genug. Es war nie genug gewesen.

Inzwischen fragte er sich, ob es das alles wert gewesen war, wenn er doch am Ende eh nur verletzt wurde.

03:10 Uhr.

Der Chat blieb leer.

Was hatte er auch anderes erwartet? Flo wusste, wie es ihn aufregte, ihn in so einer Situation zu ignorieren. Flo kannte alle seine Stärken und Schwächen. Und wenn er es brauchte, reizte er die Schwächen aus. Wie gerade auch. Es interessierte ihn dabei nicht, wie verletzend es war. Der Zweck heiligt die Mittel. Was auch immer sein Zweck sein mag.

Er nahm erneut die Pistole in Augenschein. Es würde nur wenige Handgriffe benötigen. Sein... Schicksal? würde den Rest übernehmen. Leben oder sterben. Schwarz oder weiß. Lange schon war keine Entscheidung mehr so einfach gewesen. Es war erbärmlich. Wie tief musste man sinken, dass es einem so leicht fallen würde den Abzug zu drücken? Ungläubig schüttelte er den Kopf.

Wie oft hatte er zugegeben, dass Flos Verhalten ihn verletzte? Hatte es ihn gekümmert? Nein. Das nächste Mal schlug er noch stärker auf die selbe Stelle. Stellte sicher, dass Roman auch schön einstecken musste.

Er konnte ihn förmlich hören, wie er sagte, dass er sich mal wieder mehr über die Dinge aufregte als es nötig war. Das war eine seiner Stärken. Aus einer Mücke einen Elefanten machen.

Erneut landete das Handy mit einem Knallen auf den Tisch und schlidderte gegen die geladenen Waffe. Zögerlich nahm der Braunhaarige sie wieder in die Hand. Flo war der Einzige der es schaffte, dass er sich so missverstanden fühlte. Der alles so dunkel aussehen ließ, dass diese Waffe, der einzige Lichtstrahl war, in der Welt aus tristem Grau.

Und trotzdem, während er in den Lauf der Pistole starrte, kam er nicht umhin zu denken, dass er Flo trotz allem noch als seinen Freund sah. Dass er ihn immer noch als Freund liebte. Auch wenn diese Liebe meist nur wehtat.

Es war von Anfang doch dazu verdammt nicht zu funktionieren. Das hätte ihm dem Schmerz ihres ersten Streites, ihrer ersten gegenseitigen Beleidigungen, klar werden sollen. Dass sowas wie Freundschaft nicht funktionieren konnte, wenn es doch nur wehtat. Er hätte es schon vor all der Zeit beenden sollen, hätt nicht all die Mühe in die gemeinsamen Projekte, das Wiedergutmachen seiner Fehler, das Wiederaufbauen seines Vertrauens stecken sollen. Er hätte sich nicht kaputtmachen lassen sollen. Doch für die Erkenntnis war es zu spät.

Russisch Roulette. Eine Kugel - fünf Kammern. Eine Chance von 1:5. Er gab der Trommel einen Stubs, damit sie sich drehte. Entsicherte die Waffe und setzte sie sich an die Schläfe.

Schloss die Augen.

Und drückte ab.

×

Seine Welt schien zu erstarren, während er den Zeitungsartikel las, den Lars ihm abfotographiert hatte. Dann las er ihn nochmal. Und nochmal.

Es konnte nicht sein. Flo tastete fieberhaft nach seinem Handy, schaute sich den Chat an. Fing an etwas zu tippen. Eine Entschuldigung, löschte sie wieder, fing erneut an zu tippen. Eine Frage ob es ihm gut ging. Die Nachricht bekam zwei grauen Haken. Nichts geschah.
Entweder Roman wollte ihn erschrecken, es ihm heimzahlen für ihren letzten Streit und hatte damit sogar Lars reingezogen oder... nein das wäre unmöglich.

Er versuchte ihn anzurufen. Keiner ging ran. Er machte seinen Job gut. Abermals versicherte Flo sich bei Lars, dass er nicht gerade geprankt wurde. Lars versicherte ihm, dass er sich wünschte es wäre so.

Erneut sah er sich den Zeitungsartikel an, versuchte zu ergooglen, ob es wirklich stimmte. Fand dort nichts anderes, nur das, was er ohnehin schon wusste: ein 22-Jähriger, der sich am Sonntag in den Kopf geschossen habe. Eindeutig Selbstmord.

"Wenn das stimmen sollte, dann... dann... warum hast du das nur getan?"

War der Streit Schuld? Aber das konnte nicht sein. Sie hatten sich ständig gestritten, hatten sich ständig Beleidigungen an den Kopf geworfen und sich doch hinterher wieder zusammengerauft. Warum sollte es diesmal anders sein?

Er schaute erneut in ihren gemeinsamen Chat, seine letzte Frage immer noch unbeantwortet. Er scrollte zu den vorherigen Nachrichten, versuchte in ihnen einen Hinweis zu entdecken, wie Roman sich so wandeln konnte, dass er ihn selbst nicht mehr wieder erkannte.

Bei einer Nachricht blieb er schließlich hängen:

Roman
Es funktioniert nie, wenn es nur wehtut.
03:04 nachts

Mit einem ersticktem Schluchzen ließ Flo das Handy fallen.

Es tut mir Leid!
1

0:23 Uhr vorm. ✔ 


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