"Mist, schon wieder zu spät!", fluchte Deborah nach einem Blick auf die Uhr. Hektisch packte sie ihre Sachen in die Tasche, die an ihrem Lieblingstisch in der Aula lehnte. Noch mit ihrem Buch unter dem Arm und den Kopfhörern im Ohr hastete Deborah durchs Schulhaus zu den Naturwissenschaftsräumen, die sich im Erdgeschoss befanden.
Natürlich war die Tür schon verschlossen.
Zaghaft hob Deborah die Hand, um anzuklopfen, doch die Tür öffnete sich bereits.
Deborah zuckte unmerklich zusammen.
"Ach, Deborah", erklang die dunkle Stimme ihres Geographielehrers, "wie schön, dass du uns mit deiner Anwesenheit beehrst. Ich wollte gerade nach dir suchen."
Er wollte was? Debora biss sich auf die Unterlippe. Es war ihr unglaublich unangenehm, so vor ihm zu stehen, während er sie so anschaute.
"Darf man fragen, was wichtiger war als mein äußerst lehrreicher Unterricht?", wollte Mr. White mit hochgezogenen Brauen wissen.Deborah schwieg verlegen und deutete schließlich wortlos auf das Buch, das unter ihrem Arm klemmte. Sie spürte langsam die Röte in ihre Wangen steigen. Warum musste dieser Mann sie bloß so aus der Ruhe bringen?
Mr. White griff nach dem Buch. Deborah ließ ihn gewähren, sie hatte aufgegeben, noch irgendwelche Ausreden zu erfinden. Es war zwecklos.
"Sieht ja spannend aus, aber ist es wirklich spannender als Kontinentalplattenverschiebung?", grinste er verschmitzt. Deborah beobachtete das kleine Grübchen, das sich an seiner Wange bildete, wenn er lachte.
Endlich gab er ihr die Erlaubnis, sich zu setzen.Die Stunde zog sich wie Kaugummi. Mr. White hatte ein Arbeitsblatt ausgeteilt, das die Klasse in den verbleibenden fünfzehn Minuten bearbeiten sollte. Im Raum war es still, bis auf raschelnde Papiere und leises Tuscheln war nichts zu hören.
Deborah kritzelte auf dem Blatt herum, wie immer, wenn ihre Konzentration nachließ.Während sie vor sich hinträumte, schweifte ihr Blick nach vorn zu Mr. White. Er hatte sich entspannt zurückgelehnt und drehte Deborahs Buch in den Händen hin und her. Sie konnte einfach nicht wegschauen, es war, als seien ihre Augen an sein Gesicht gefesselt. Seine leicht gerunzelte Stirn und die wachen Augen, mit denen er den Einband des Buches musterte...
Mr. White blickte urplötzlich hoch und sein Blick lieg auf Deborah liegen.
Peinlich berührt senkte sie den Kopf und starrte mit heftig pochendem Herzen auf ihr Papier, das von unordentlichen Kuliskizzen übersät war. So verharrte sie und tat, als würde sie ihre Antworten noch einmal überprüfen.Als Mr. White die Stunde beendete, hatte Deborah zwischen ihr Gekritzel gerade erst einen Satz geschrieben.
Was war heute nur mit ihr los?
Unruhig krallte Deborah Fingernägel in die Handflächen. Sie musste noch das Buch abholen."Deborah?", erklang seine Stimme neben mir. Sie zuckte zusammen, was er mit einem unterdrückten Lachen quittierte.
"Tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken", sagte er mit einem leichten Lächeln auf den Lippen."Schon in Ordnung", murmelte Deborah leise, nicht in der Lage, ihm in die Augen zu sehen.
"Sag mal", setze er an und ließ sich neben Deborah auf einen Stuhl, wo er sich so drehte, dass er sie direkt ansehen konnte. Deborah biss sich auf die Lippen. Das war eindeutig zu nah."Ich habe bemerkt, dass du in letzter Zeit etwas abwesend und traurig wirkst. Hast du... Hast du Probleme zu Hause oder hier in der Schule? Ich mache mir ehrlich Sorgen!", fuhr ihr Lehrer fort.
Deborah presste die Lippen zusammen und schüttelte schweigend den Kopf. Sie konnte es ihm nicht sagen..Kam nicht in Frage. Niemals.
Sie spürte seinen besorgten Blick auf sich ruhen. Es machte sie unruhig, wenn er sie so ansah."Nein", sagte Deborah endlich.
Es fiel ihr schwer, den Kopf zu heben und ihn anzusehen.
"Es ist alles in Ordnung", versicherte sie ihm, doch sie spürte, wie ihre Lippe zu zittern begann.
"Ist es wegen mir?", fragte er, sein Gesichtsausdruck ernst, die Finger ineinander verknotet.
Ohne es zu wollen, nickte Deborah.Mr. Whites Augen weiteten sich.
Deborah wurde heiß und kalt gleichzeitig. Hatte sie das wirklich getan?
Mr. White schaute sie unverwandt an, als warte er auf eine Erklärung.
Deborah schwieg, bevor sie ihm zögernd begann, zu erzählen."Wissen Sie, ich bin normalerweise nicht so... direkt. Ich bin darin wirklich nicht gut, es fühlt sich nicht richtig an, das zu sagen, was ich jetzt sagen werde. Liegt vielleicht daran, dass es falsch ist."
Sie lachte nervös.
Mr. White schwieg und sah sie weiterhin geduldig an.
"Man könnte wohl sagen, ich sehe Sie nicht nur als Lehrer.
Wenn ich sie anschaue, wird mir schwindelig und ich kann nicht wegsehen, wenn ich mit ihnen rede, wünschte ich, sie wüssten mehr über mich, sie würden mich kennen."Sie brach ab und sank in sich zusammen. Es war doch bescheuert. Wie konnte sie ihrem Lehrer so etwas sagen?
"Deborah"
Mr. Whites Stimme klang liebevoll.
"Du weißt, dass das eigentlich nicht geht."
Sie nickte, natürlich wusste sie das.
Wie könnte sie es nicht wissen."Schau mich bitte an", sagte er. Als sie es nicht tat, nahm er ihr Kinn und hob ihren Kopf an.
"Du weißt auch, dass ich eigentlich gesagt habe", schmunzelte er.
Deborah sah in verwirrt an.
"Ist es in Ordnung, wenn ich dich küsse?"Der Kuss schmeckte nach Zartbitterschokolade, nach Pfefferminze und war ganz sanft, beinahe unschuldig.
Als er sie anschließend in den Arm nahm, hoffte sie, er würde sie nie wieder loslassen.
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Teacher x Student // Oneshots
RomanceHauptsächlich Lehrer/Schülerin, aber auch ab und zu gleichgeschlechtlich, Lehrerin/Schüler oder mit nicht binären Charakteren :) ⚠️ Psychische Probleme, z.B. SVV ⚠️ Gewalt/Mobbing Ich werde darauf achten, Triggerwarnungen in den jeweiligen Kapiteln...