⚠️ Triggerwarnung: Häusliche Gewalt, Verletzungen, Panikattacken ⚠️
Ich schaute auf den Boden. Langsam gingen mir die Ausreden aus.
Es gab drei Möglichkeiten, die ich zur Erwägung ziehen konnte.
Ich konnte Mr. Connor die Wahrheit erzählen, alles, was zu Hause gerade ablief, aber dann würde das Jugendamt unseren Haushalt inspizieren, meine Eltern das Bild der glücklichen, dreiköpfigen Durchschnittsfamilie im Reihenhaus für exakt so lange aufrecht erhalten, bis die Mitarbeiter des Amtes überzeugt waren, alles sei in Ordnung.
Dann stünde ich als Lügnerin da oder schlimmeres. Und was meine Mutter dann tun würde, wollte ich mir gar nicht erst vorstellen.
Die zweite Möglichkeit war, Mr. Connor eine verdammt überzeugende Lüge aufzutischen, mit der ich die Hämatome vernünftig erklären konnte.
Leider war mein Gehirn wie leer gefegt. Nichts, nada, niente.
Also blieb mir nur noch Möglichkeit drei: Flucht.
Mit einer schwungvollen Bewegung entriss ich mich seinem vorsichtigen Griff und raffte meine Schulsachen zusammen.
Als er versuchte, mich an der Schulter zurückzuhalten, wand ich mich an ihm vorbei und schlüpfte durch die angelehnte Tür in den Flur.
Während ich die Treppen hinunterstürmte, hörte ich noch seine Rufe in meinem Rücken, doch ich ignorierte ihn.Draußen drückte ich mich hinter eine Ecke in eine Seitenstraße.
Ich zog mein Smartphone hervor und warf einen Blick auf die Zeitanzeige.
Verdammt. Es war spät. Fast zwei. Mein Vater würde nichts kochen, das tat er nie.
Früher hatte meine Mutter das übernommen, da sie nur einen Teilzeitjob hatte, aber nachdem sie entlassen wurde, begann ein Tief. In diesem Tief waren wir irgendwie stecken geblieben, immer tiefer gesunken, meine Mutter hatte begonnen, ihre Sorgen wegzutrinken, mein Vater vergrub sich in seinem Papierkram auf der Arbeit.
Und alles andere blieb an mir hängen.
Hausarbeit, Kochen, die Post, meinen Vater daran erinnern, die Rechnungen zu bezahlen...
Und dann auch noch Schule.
Hastig schluckte ich die Tränen herunter. Zu Hause wartete meine Mutter und die Wahrscheinlichkeit, dass sie betrunken und wütend war, war hoch.Tatsächlich. Als ich zu Hause ankam, wartete sie im Flur, die Haare hingen in fettigen Strähnen herunter, das weiße T-Shirt, das sie trug, war fleckig. In der Hand hatte sie gleich zwei Flaschen Bier.
Ihre Pupillen waren riesig, über den Augen lag ein dunkler Schleier.
"Wo warst du? Ich habe Hunger."
Ihre Stimme war ausdruckslos, sie lallte ein wenig. Es war schlimmer geworden. Viel schlimmer.
"Ich hatte noch ein Gespräch mit meinem Lehrer. Mr. Connor, du kennst ihn doch", erwiderte ich eilig und wollte in die Küche gehen.
Keine Chance. Meine Mutter war so betrunken, dass sie beim Gehen schwankte und sich an der Wand abstützen musste.
"Ich hatte Hunger. Eine Stunde."
Und ich wusste genau, es war eine Stunde zu lange gewesen. Warum hatte Mr. Connor mich erst so spät geweckt?
Ich biss die Zähne zusammen.
Meine Mutter baute sich vor mir auf und der Geruch von Alkohol, Rauch und ungewaschenen Klamotten schlug mir entgegen.
Ich erwartete, dass sie mich anschreien würde, doch nichts geschah. Stattdessen drehte sie sich um und schlurfte in Richtung Wohnzimmer.
Erleichtert stieß ich die Luft aus.
Gott sei Dank hatte sie schon so viel getrunken, anscheinend reichte ihre Kraft nicht mehr, um mich anzubrüllen oder mich gar zu schlagen.
Wie ich mich getäuscht hatte.
Noch nie hatte ich eine sturzbetrunkene Person so schnell und zielgerichtet handeln sehen wie meine Mutter in diesem Moment.
Gerade, als sie an der Wohnzimmertür angekommen war und ich mich in Sicherheit wiegte, wirbelte sie herum.
Sie blieb wie angewurzelt stehen und starrte mich an.
"Hast du es ihm erzählt?", fragte sie, ohne eine Miene zu verziehen.
"Ich... Nein."
"Du lügst."
Bevor ich etwas sagen konnte, es erklären konnte, warf sie die Flasche.
Sie traf mich nicht am Kopf, was vermutlich der Trunkenheit meiner Mutter zuzuschreiben war, doch das Glas zersplitterte teilweise an meiner linken Schulter.
Mir traten Tränen in die Augen.
Der Schmerz brannte schlimmer als jede Ohrfeige, jeder blaue Fleck war nichts gegen diesen Schmerz.
Langsam spürte ich, wie sich warmes, dickflüssiges Blut auf meiner Haut sammelte und mein Sweatshirt durchnässte.
"Heul nicht." Immer noch lag diese kälte, diese Leere in ihrer Stimme. Sie hob die zweite Flasche.
Wie ein in die Enge getriebenes Kaninchen wich ich in Richtung der Wohnungstür zurück.
"Du bist Schuld. Ich wünschte, ich hätte nie ein Kind bekommen."
Es war wie ein Schlag in die Magengrube, fast schlimmer, als der zuckende Schmerz, der von meiner Schulter ausging.
Und dann traf die zweite Flasche mein Kinn.
Ich keuchte auf und starrte fassungslos auf die Flasche aus braunem Glas, die am Boden in drei Teile zerbrochen war.
Ich begann, zu weinen. Lautlos, doch die Tränen verschleierten mir bereits die Sicht.
Ohne ein weiteres Wort drehte ich ihr den Rücken zu und stürzte ins Treppenhaus.
DU LIEST GERADE
Teacher x Student // Oneshots
RomanceHauptsächlich Lehrer/Schülerin, aber auch ab und zu gleichgeschlechtlich, Lehrerin/Schüler oder mit nicht binären Charakteren :) ⚠️ Psychische Probleme, z.B. SVV ⚠️ Gewalt/Mobbing Ich werde darauf achten, Triggerwarnungen in den jeweiligen Kapiteln...