⟢ 𝐗𝐈𝐈 ⟣

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„Guten Morgen, Zombie", begrüßt Jaron mich mit einem viel zu breiten Grinsen auf seinem hübschen Gesicht, das, aus mir unerklärlichen Gründen, keine Spuren des gestrigen Abends aufweist, als ich mich tief zum offenen Beifahrerfenster seines Sportwagens beuge und misstrauisch hinein schaue.
Über diesen Jungen kann man einfach nur verwundert den Kopf schütteln.

„Wie kann man nur so früh so gut gelaunt sein. Das gehört verboten!", grummle ich, öffne jedoch trotzdem die Tür und klettere umständlich in den Wagen.

„Dieses Monstrum ist unglaublich. Es is laut, macht die Umwelt kaputt und ist unpraktisch wie kein zweites! Man kann weder angenehm einsteigen noch die Füße ausstrecken. Warum hast du diesen Schrotthaufen überhaupt?"

„Wie gesagt: Es ist unglaublich! Schlichtweg unglaublich!"

Den Motor lässt er mit eine breiten Grinsen aufheulen und tätschelt liebevoll das schwarze Lenkrad.
Ein spöttisches Lachen kommt über meine Lippen und ich kann es nicht verhindern.

„Unglaublich...", keuche ich und fahre mir fassungslos durch meine rote Mähne, wegen der ich jetzt erst jetzt - gute zehn Minuten zu spät- aufgetaucht bin.
Manchmal wollen sie sich einfach nicht bändigen lassen.

„Unglaublich! Einfach unglaublich, ich weiß! Und jetzt zeigen wir Alyah mal, was in dir steckt Dex, stimmt's?"

Langsam rollt der Wagen los und reiht sich in den Verkehr ein, der deutliche Unterschiede mit dem der gestrigen Nacht zeigt.
Wieder sind die Straßen voll bis zum geht nicht mehr und platzen beinahe aus allen Nähten.

„Hast du deinem Auto echt einen Namen gegeben?"

Stolz nickt er, weiterhin auf die Straße fokussiert.

„Du bist krank, verrückt, bescheuert!"

„Jedes Genie hat so seine Macken."

„Ach, und wo bist du bitte ein Genie? Ich kenn dich knapp 24 Stunden und kann ziemlich sicher sagen, dass du mir bis jetzt nicht überdurchschnittlich genial vorgekommen wärst."

„Ey!"

Kurz löst er den Blick, den er starr auf die Straße gerichtet hat, und schaut mich stattdessen an, als würde ich der Typ vor uns im Protzauto sein, der schon auf der kurzen Strecke mehr als einen Fastunfall verursacht hat und durchaus bekloppt fährt.

„Sorry, bitch! I'm just telling facts", spiele ich mit und kann, seine Mundwinkel einige Zentimeter höher wandern und seine süßen Grübchen tiefer werden, sehen.

Er sieht schon echt gut aus, schießt es mir durch den Kopf und muss an Lio denken.
Vermutlich ist dies ihr häufigster Gedanke.
Von allen.
Direkt nach: Shit!

Wehmütig schaue ich auf die verdunkelte Rückfensterscheibe des grellroten Autos vor uns, das den Idioten abgelöst hat.

„Hab ich dir die Sprache verschlagen? Siehst du: unglaublich!", katapultiert der blonde Lockenkopf mich mit seiner selbstbewussten Bemerkung aus meinen Gedanken an Lio in Deutschland, bei der ich gerade so gerne wäre, weil ich sie jetzt schon vermisse, zurück in die verstopften Straßen New York's und den schicken Sportwagen.

„Ja, unglaublich! Unglaublich doof! Junge, ist dir bewusst, wie viele Männer von so einem Wagen träumen und Jahre, sogar Jahrzehnt darauf sparen? Und du bist - wie alt bist du eigentlich?"

Aufmerksam mustere ich sein Seitenprofil, wie er angestrengt auf die Straße schaut, seine Augen gewissenhaft von links nach rechts hüpfen, bevor er langsam den Wagen einige Meter vorrollen lässt, seine Lippen sich leicht verkrampfen, als rechts jemand plötzlich einschert, und seine Stirn kleine Falten wirft, indem er seine Augenbrauen zusammen zieht, während er sich über die Fahrweise ärgert.

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