Auch Falken stürzen ab

Kapitel 5

Natashas POV:

Er ist vergiftet. Er ist vergiftet!

Ich versuche mich erfolglos zu beruhigen, während ich durch die Gänge zum Ausgang renne. Brutal stoße ich die Türen auf. Ein scharfer Windzug bringt meine Haare durcheinander, aber ich achte nicht darauf.

„Ich bringe dich um, wenn du nicht da bist, ich verspreche es!", rede ich mit mir selbst.

Ich biege um den Tower und laufe durch die hohen Brombeersträucher. Mit einer Hand halte ich sie mir aus dem Weg.

Dann stehe ich vor der Klippe und mein Herz setzt für einen kleinen Moment aus.

Clint sitzt am Rand und lässt seine Beine über dem Abgrund baumeln.

„Clint?"

Er zuckt zusammen, und dreht sich zu mir um. Wegen meiner panischen Stimme steht er auf, und eilt zu mir: „Was ist los? Nat! Rede mit mir!"

„Du musst sofort in den Tower zurück. Bruce... er hat... deine Wunde, sie ist entzündet und er..."

„Nat, ich habe kein Fieber und meinem Arm geht es gut. Sag mir die Wahrheit!" Plötzlich schwankt Clint, und ich stütze ihn schnell.

„Okay, okay... du, du hast... Gift im Blut. Bruce hat es gerade erst gefunden."

Clint lässt sich nichts anmerken und nickt, dann geht er auf wackeligen Beinen mit mir.

Ich mache mir wirkliche Sorgen um meinen Falken. Er stützt sich immer mehr auf mich und seine Augenlider flackern.

Steve kommt uns entgegen und ich bin erleichtert, als er mir hilft, Clint zu stützen.

„Bleib wach, Clint. Hörst du! Du wirst uns jetzt nicht verlassen!"

Mir treten die Tränen in die Augen, weil ich meinen kleinen Bogenschützen so sehen muss.

Tonys POV:

Als ich mit Peter wieder zum Avengers Tower gehe, bemerke ich drei Gestalten. Nat und Steve! Und sie stützen...? Ist das Clint?! Oh Gott!

Ich renne auf sie zu, Peter folgt mir. „Was ist passiert?!", frage ich atemlos.

„Wir reden später. Er muss zu Bruce. Schnell!", Steve scheint wirklich Angst um unseren Falken zu haben, und das ist das, das mir am meisten Angst macht.

Clint ist bleich und seine Augen sind geschlossen. Insgesamt sieht er wirklich nicht gut aus.

Und wenn Steve sich schon total sorgt und Nat rote Augen hat, dann bedeutet das nichts Gutes. Überhaupt nichts Gutes!

Natasha weint nie. Niemals.

Im Gang kommt uns Bruce schon entgegen und manövriert uns zu seinem Labor. Wir heben Clint alle zusammen auf, und legen ihn auf eine Untersuchungsliege, die ich gekauft habe, falls ein Avenger im Tower verletzt wird, und wir die Rettungskräfte nicht rufen können. Die Liege ist mit Friday verbunden, wodurch diese sofort die Verletzungen einschätzen konnte.

Clint ist meiner Meinung viel zu leicht und er sieht selbst ziemlich dünn aus, fast abgemagert.

„Isst dieser Verrückte überhaupt!", wende ich mich an Tasha.

„Tony, du weißt, dass Clint von uns der ist, der, nach Thor natürlich, am allermeisten isst!", man merkt Nat an, dass sie versucht, ruhig zu bleiben. Der panische Unterton in ihrer Stimme ist jedoch unüberhörbar.

Ich erinnere mich, als wir alle Pizza bestellt hatten, und Clint alleine fast zwei Pizzen verputzt hatte. Natasha musste ihm drohen, damit er endlich zu essen aufhörte. Am nächsten Tag hatte er so üble Bauchschmerzen, dass Tasha ihn zum Arzt fahren musste.

Plötzlich schlägt Clint die Augen auf und schnappt nach Luft. Sein Atem klingt rasselnd und ich blicke beunruhigt zu Bruce.

Da fängt der Bogenschütze an, unkontrolliert zu zappeln. Es sieht aus, als hätte er einen schlimmen Anfall. Er streckt seine zitternde Hand nach Tasha aus, aber kurz bevor er sie berühren konnte bricht er zusammen und bleibt regungslos liegen.

Steve prüft sofort seinen Puls: „Da ist nichts!"

Mein Herz setzt aus.

Clint wird rasch bleicher, seine Haut ist jetzt aschfahl und seine Augen wieder geschlossen.

„Nein!", schreit Tasha auf, „Du lässt mich nicht allein hier, Barton! Hörst du?!"

Sie beginnt mit der Herzdruckmassage.

Nichts.

Nat schlägt immer härter auf Clints Brust: „Wenn du jetzt gehst, dann stürze ich mich von einer Brücke, hörst du! WACH AUF!"

Bevor Tasha zu ihrem fünften Schlag ansetzen kann, gehen auf einmal Clints Augen auf, er schnappt lautstark nach Luft und sein gesamter Körper krümmt sich.

Romanoff bricht neben ihm zusammen, eine Träne auf der Wange.

„Schon gut, Tasha, ruh dich aus. Ich übernehme jetzt!", Cap lässt Tasha auf einen Stuhl gleiten und beugt sich über den Schützen.

Ich bin immer noch schockiert, von dem, was gerade passiert ist.

Clints Kopf dreht sich langsam zu Nat, man sieht, wie sehr er gegen den Drang, einfach loszulassen, ankämpft: „Du wirst dich sicher NICHT von einer Brücke stürzen, wenn ich fort bin, hörst du?!"

Natasha lacht erleichtert, es scheint, als wäre alles leicht geworden.

„Es tut mir leid, aber ich muss darum bitten, dass ihr jetzt das Labor verlasst. Ich muss das Gift aus Clints Blut bekommen, und kann euch dabei nicht gebrauchen", kündigt Bruce an, bevor er mich mitsamt Steve und Tasha aus dem Raum schiebt und die Tür schließt.

Natasha lehnt sich an die Wand und rutscht daran hinunter, während Steve sich atemlos auf eine Bank fallen lässt. Ich bleibe einfach steif stehen, und versuche zu realisieren, dass wir beinahe Clint verloren haben.

Wanda und Bucky kommen auf uns zu. „Was ist passiert? Wir haben Lärm gehört und da...", Bucky blickt zu Steve, doch der deutet nur still auf Tasha.

„Nat, wo ist Clint? Was ist geschehen?", Wandas Akzent reißt Nat aus ihrer Trance.

„Friday?" „Ja, Agent Romanoff?", ertönt die Computerstimme.

„Was genau ist gerade passiert?"