Ich wusste nicht, was zuvor passierte und hatte keine Ahnung, was überhaupt los war, aber die Szenerie, trieb mir ebenso Tränen in die Augen. Trey sank schreiend auf den Boden und legte sein Gesicht in die Hände. Er schluchzte immer wieder auf. Anbei trommelte er mit den Fäusten auf den Stufen herum, die nach oben führten. Jeder Blinde hätte in diesem Augenblick gewusst, dass etwas extrem Schlimmes passiert sein musste. Kurz dachte ich daran, dass seine Mutter nirgends zu sehen und war.
Als wäre es die normalste Sache der Welt, dachte ich nicht nach, sprach auch nicht mit seinem Vater oder der Haushälterin, sondern stürmte zu Trey. Ich konnte das nicht mit länger ansehen, ließ mich dumpf auf den Boden neben ihm fallen und schlang meine Arme um seinen zitternden Oberkörper. Ich wollte ihn beruhigen; einfach für ihn da sein, doch er ließ mir keine Chance das zu tun. Nicht mal eine Klitzekleine. Dabei wusste ich, dass er mich an diesem Tag nur umso mehr brauchte. Sein Kinn reckte sich nach oben und rot verweinte Augen schauten irgendwie durch mich hindurch. Dann wurde sein Blick leer und kalt zugleich. Fassungslos starrte ich ihn an, als ich bemerkte, dass er mich anschaute, als wäre ich Dreck unter seinen Sohlen. Vollkommen überflüssig für ihn. Innerlich zuckte ich schon vorher zusammen.
Ohne es kommen zu sehen holte Trey blitzschnell aus und schlug mir fest mit den Handballen gegen den Brustkorb, sodass ich erschrocken nach hinten kippte und mit dem Hintern auf dem Boden landete. Zischend drang die angestaute Luft meiner Lungen nach draußen. Das Brennen in meiner Brust wurde unerträglich und der aufkommende Schmerz war nicht zu beschreiben. Außerdem tat er mir weh. Tränen traten mir nun noch mehr in die Augen. So eine Abfuhr hatte ich noch niemals zuvor bekommen und auch nicht von ihm. »Verpiss dich! Ich brauche niemanden der mich bemitleidet«, brüllte er unvermittelt. »Auch nicht dich.«
Verstört stand ich mit zitternden Beinen auf und schlang irritiert die Arme um meinen Oberkörper. Ich konnte nichts mehr sagen, geschweige denn denken, taumelte unsicher ein paar Schritte nach hinten und spürte seinen Vater im Rücken. Prompt drehte ich mich herum und starrte in sein Gesicht. »Es ist besser, wenn du gehst, Sally. Meine Frau hatte einen tödlichen Unfall. Wir brauchen Ruhe und müssen das Geschehene verarbeiten.« Sofort zuckte ich zusammen und der Schmerz in meinem Oberkörper verschwand so schnell, wie er kam. Ich konnte nicht fassen, dass das passiert war. Hat sein Vater das ihm am Telefon gesagt?
Ich bemerkte wie Trey aufstand und wortlos aus dem Raum nach oben verschwand. Ich nickte seinem Dad zu, verstand ihn irgendwo, aber ich ließ mich nicht so schnell abweisen. Ich wusste, dass es in solchen Moment nicht gut war allein zu sein. Da sein Vater auch nicht den Anschein hatte, zu seinem Sohn zu gehen um mit ihm gemeinsam zu trauern und wieder ins Wohnzimmer verschwand, konnte ich Trey erst recht nicht allein lassen. Ich tat erst so, als verließ ich das Haus, dabei rannte ich bei der Haustür angekommen zurück und lautlos die Treppe nach oben.
Wie gedacht befand er sich in seinem Zimmer. Auf der Stelle trat ich hinein, schloss leise die Tür hinter mir und fand ihn auf seinem Bett wieder. Dort weinte er das Kissen voll und mir zerriss es das Herz bloß noch mehr, denn ich konnte den Schmerz zwar nur erahnen, aber ich wollte für ihn da sein. Auch wenn er mich so hart von sich wies, sollte er nicht allein sein. Das sollte niemand. Außerdem verstand ich seine Wut und konnte nachvollziehen, dass er in diesem Moment so zerrissen war, dass er in seinem Schmerz nicht mitbekam, wenn er jemanden von sich stieß.
Leise flüsterte ich seinen Namen. Hoffte, dass es ihn etwas beruhigte und zeigte damit, dass er nicht mehr allein im Raum war. Im Anschluss setzte ich mich zögerlich auf das Bett, streckte den Arm aus und streichelte sanft über seinen Rücken. Erst ließ er es zu, aber kurz darauf beugte er sich nach oben, rutschte in einem Ruck an die Kante und stieß mir unsanft gegen die Schulter, um mir zu zeigen, dass er keinen Bock darauf hatte, dass ich mich in seiner Nähe befand. »Trey, du tust mir weh. Hör damit auf!«, brummte ich und sofort brachte ich etwas Abstand zwischen uns, indem ich aufsprang und einen Meter von Bett zurückging. »Was willst du hier? Ich habe dir gesagt, du sollst verschwinden.« Das wusste ich. Doch war es besser zu gehen und ihm damit zu zeigen, dass ich ihn in schweren Stunden alleinließ?
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Disturbed Love I - In Deinem Herzen
RomanceSally zieht durch ein Stipendium mit ihrer Freundin von Churchill nach New York. Beide lassen Kanada hinter sich, um endlich auf eigenen Beinen zu stehen. Zwei Freundinnen. Tammy quirlig und aufgeweckt. Sally eher etwas zurückhaltend und unerfah...