Es regnete, als ich ihn zum ersten Mal sah. Er stolperte den Gehsteig entlang und sah nicht wirklich so aus, als wüsste er noch, wo oben und unten war. Ich wich ihm aus. Hoffentlich würde er nicht gegen mich stolpern, oder auf den Gehsteig kotzen. Man sah ihm an, dass er ein Junkie war. Er trug eine dreckige, viel zu große graue Jogginghose und eine schwarze Jacke, die nicht viel Wärme spenden konnte, da sie komplett zerrissen war.
Armer Kerl eigentlich. Sein Blick war komplett vernebelt, als er meinen traf. Zu meinem Leidwesen blieb der Typ stehen. "Wie heißt du?", lallte er. Er roch nach Alkohol und Gras und tiefe Schatten lagen unter seinen Augen. Er war mit Sicherheit länger als vierundzwanzig Stunden auf den Beinen. "Ich bin Taehyung", fügte er noch hinzu, als von mir keine Antwort kam.
"Und das interessiert wen?", kam es schließlich kälter als beabsichtigt über meine Lippen. Sofort veränderte sich der Gesichtsausdruck des Schwarzhaarigen und er sah mich mit betretenen Welpenaugen an. Klare Tränen begannen in Diesen zu schimmern und ich seufzte laut aus. Das Letzte, was ich jetzt noch gebrauchen könnte, war, dass er anfing zu flennen.
"Jungkook. So heiße ich", gab ich nach. Mein Gegenüber schien wieder glücklicher zu werden. "Kookiee", trällerte er. "So ein schöner Name."
Ungeduldig sah ich auf meine Armbanduhr. Eigentlich wollte ich nichts Lieber in mein warmes Bett mit trockenen Anziehsachen, nachdem ich eine heiße Dusche genommen hatte. Stattdessen stand ich hier im Regen und unterhielt mich einem Junkie, der komplett zugedröhnt war. Taehyung musterte mich und ich erwiderte seinen Blick ausdruckslos.
Inzwischen schien er etwas nüchterner zu sein, der Schleier in seinen Augen, war etwas zurückgewichen und ich musste zugeben, dass er wunderschöne Augen hatte. Sie strahlten in einem klaren, warmen Braun. "Du magst mich nicht sonderlich, oder?", fragte er schließlich leise. "Wir kennen uns erst seit wenigen Minuten", gab ich leicht angepisst zurück. "Also kann ich nicht wirklich behaupten, dass ich dich super toll finde. Abgesehen davon, dass du dir was weiß ich für einen Stoff reingezogen hast."
Der Kleinere schob schmollend die Unterlippe vor. "Ich sehe es in deinen Augen. Du bist voll von Vorurteilen. Du hast doch gar keine Ahnung, warum ich diese Drogen nehme." Ich stockte. Okay verdammt. Aber er hatte Recht. "Warum nimmst du sie denn?", hakte ich nach. Er zuckte mit den Schultern. "Du hast gerade selber gesagt, dass wir uns erst seit wenigen Minuten kennen. Warum sollte ich dir das also anvertrauen?"
Langsam wurde mir echt arschkalt. Meine Kleidung war komplett durchnässt von dem kalten Regen und ich spürte, wie ich begann zu zittern. Warum musste ich auch ausgerechnet heute den Regenschirm zuhause vergessen haben?
"Wie auch immer", sagte ich nun wieder in einem harschen Ton. "Es interessiert mich eigentlich auch nicht wirklich. Ich würde echt gerne nach Hause. Also such dir bitte jemand Anderes, den du anquatschen kannst. Auf mich wartet jetzt erst mal eine heiße Dusche." Ärgerlich schob ich den jungen Mann beiseite, dessen Schultern heruntersackten. Wie ein kleines Häufchen Elend stand er dort und sah mich diesen unschuldigen, warmen braunen Augen an.
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𝐇𝐈𝐆𝐇 【𝐓𝐚𝐞𝐤𝐨𝐨𝐤】✓
Fanfiction"Herein." Die tiefe Stimme des Älteren klang dünn und schwach. Ich wollte diese Türklinke nicht herunterdrücken. Es würde wieder ein geschwächter Mensch in dem Zimmer sitzen, für den ich stark sein musste. Doch ich konnte das nicht mehr. Stark sein...