"Ich muss nach Hause", sagte der Kleinere plötzlich zu mir. Verwirrt sah ich ihn an. "Nein. Bitte geh nicht. Er wird dir wehtun." Ich stand vom Sofa auf, auf dem wir gerade noch gesessen hatten und griff nach seinem schmalen Handgelenk. Doch er entzog seine Hand meinem Griff. "Ich liebe Sora, Kookie. Es tut mir leid." Ich schüttelte nur den Kopf. "Dann geh doch", sagte ich bitter. "Aber dann komm nicht zu mir gekrochen, damit ich deine Wunden flicke. Denn es tut weh, dass du immer noch zu ihm gehst, obwohl du genau weißt, dass er dir wehtun wird."
Stumm sah der Schwarzhaarige mich an, dann zog er die Schultern hoch und auf einmal sah er so klein und verletzlich aus, dass ich meine harten Worte am Liebsten zurück genommen hätte. "Die Kekse waren echt lecker. Und danke, dass du mir heute diese schöne Zeit geschenkt hast. Ich war schon lange nicht mehr so glücklich, wie heute", wisperte er. Ich nickte.
"Ich fand es auch schön." Eine Weile blieb er noch zögernd dort stehen, dann kam er auf mich zu und hauchte mir einen Kuss auf die Wange. "Es tut mir leid, Kookie. Aber je länger ich hier bleibe, desto härter wird er mich bestrafen, das verstehst du doch, oder?" Die Stelle, wo seine Lippen auf meine Haut getroffen waren, kribbelte. "Dann bleib doch für immer hier. Geh nie wieder zu ihm zurück, dann kann er dich auch nie mehr bestrafen", flüsterte ich.
"Er würde kommen und mich gewaltsam zu ihm zurückholen." Taehyung trat einen Schritt zurück und musterte mich traurig. "Dann zeig ihn an. Wenn er in eine geschlossene Anstalt eingewiesen wird, kann er dir nichts mehr tun." Doch der Schwarzhaarige schüttelte nur den Kopf. "Ich könnte ihn niemals anzeigen. Denn er hat nicht nur böse Seiten. Und seine guten Seiten liebe ich."
Er lief mit langsamen Schritten rückwärts in Richtung meines Flurs. Verließ mich. Und ich blieb einfach auf der Stelle stehen und gab auf. Ließ ihn gehen. Die Wohnungstür fiel mit einem Knallen ins Schloss. Und da brach ich zusammen. "Warum?", hauchte ich und schlug mit der Faust auf den harten Wohnzimmerboden. "Warum lässt du mich jetzt auch alleine? Wir haben doch gerade erst angefangen eine glückliche Zeit miteinander zu verbringen."
Doch es war immer so. Jeder ließ mich alleine. Ich konnte mich auf niemanden verlassen. Immer, wenn ich begann zu vertrauen und mich etwas an Jemanden zu lehnen, wurde mir der Boden unter den Füßen weggerissen. "Bleib hier", wimmerte ich. Und auf einmal kam all der Schmerz wieder zurück, den ich die letzten Stunden so erfolgreich hatte ausblenden können. "Donghae. Donghae komm zurück! Du sollst nicht tot sein! Lass mich nicht alleine", meine Stimme war heiser. Mein Hals tat weh. Ich rappelte mich auf und griff blind nach meinem Wohnungsschlüssel und ein paar Geldscheinen, bevor ich die Wohnung ebenfalls verließ.
Draußen regnete es. Natürlich regnete es. Es regnete, damit ich Taehyung nicht vergaß. Damit die Erinnerungen in mir hochkamen, von dem Tag, an dem ich ihn zum ersten Mal gesehen hatte.
Es regnete, als ich ihn zum ersten Mal sah. Er stolperte den Gehsteig entlang und sah nicht wirklich so aus, als wüsste er noch, wo oben und unten war. Ich wich ihm aus. Hoffentlich würde er nicht gegen mich stolpern, oder auf den Gehsteig kotzen.
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𝐇𝐈𝐆𝐇 【𝐓𝐚𝐞𝐤𝐨𝐨𝐤】✓
Fanfiction"Herein." Die tiefe Stimme des Älteren klang dünn und schwach. Ich wollte diese Türklinke nicht herunterdrücken. Es würde wieder ein geschwächter Mensch in dem Zimmer sitzen, für den ich stark sein musste. Doch ich konnte das nicht mehr. Stark sein...