Mein Herz raste immer schneller. Ich und meine Freunde nahmen praktisch die ganze Hütte auseinander, aber es half uns nicht ansatzweise, meinen Onkel zu finden.
Er war nicht mehr hier, und ich wusste genau, wer ihn hatte. Marco.
"Katzenscheiße! Was machen wir jetzt?", wandte ich mich an Luna, Chila und Jace, die jetzt auch nicht mehr weiter suchten und einfach mit hängenden Schultern herumstanden.
"Na toll, jetzt ist Mr Feather so gut wie tot.", murmelte Luna und machte den beunruhigenden Eindruck, dass sie aufgegeben hatte. Aber das durfte sie nicht! Wir würden eine Lösung finden!
"Nein, noch nicht. Kommt mit, wir finden ihn!" Ich stürmte aus dem Gartenhaus wieder hinaus auf die Wiese und sah mich hektisch um. Nichts, was uns weiter helfen könnte. Alles sah so aus wie immer.
Auch Chila und Jace verließen leicht zögerlich die Hütte. Nur Luna blieb, wo sie war. Ihre Augen hatten sich mit Tränen gefüllt und sie schien beinahe noch verzweifelter, als ich. Was sie vermutlich auch war, da sie außer dieser Schule alles verloren hatte. Aber ich auch. Alles, was ich noch hatte, waren Liam und meine Freunde. Und ich wollte keinen von ihnen verlieren, wirklich niemanden!
Auch nicht Liam!
"Hey, wartet mal.", sagte Luna und hob ein zerknülltes Foto vom Boden auf. "Ach du..."
Ich riss es ihr aus der Hand und betrachtete es mit klopfendem Herzen. Auf dem Bild waren zwei junge Männer abgebildet, die sich freudig umarmten. Der eine sah Liam deutlich ähnlich, nur wirkte er viel jünger, als jetzt. Den anderen Mann erkannte ich nicht, und trotzdem hatte ich das Gefühl, ihn schon irgendwo gesehen zu haben. Seine Augen... Romos Augen!
Plötzlich ergab so vieles, über das ich mir immer Gedanken gemacht hatte, einen Sinn. Romo musste von Anfang an gewusst haben, dass ich wirklich seine Tochter war, aber er hatte es Alia nicht bebringen können, weil sie keine Woodwalkerin war. Und ich war als Falke zur Welt gekommen, weil der Familienteil meines Vater sowohl aus Adlern, als auch aus Falken bestand. Ich wusste in diesem Moment nicht, ob ich mich freuen sollte oder lieber weinen sollte. Also tat ich nichts von beidem, starrte einfach weiter das alte Foto in meiner Hand an.
"Wir sollten jetzt mal Mr Feather suchen.", sagte Jace leise und legte seine rechte Hand behutsam auf meine Schulter. "Wenn wir uns nicht beeilen..."
"Ja. Ja, okay. Du hast recht.", untetbrach ich ihn, weil ich gar nicht erst hören wollte, wie er den Satz beendete. Wenn er das überhaupt vorhatte.
Ich steckte das Foto in meine Hosentasche und beschloss, es Liam später zu zeigen. Angenommen, es würde ein Später geben...
Aber es hatte wenig Sinn, sich jetzt darüber Gedanken zu machen. Wir mussten meinen Onkel retten, es wenigstens versuchen und alles dafür geben!
"Also: Wenn ich Marco wäre, wo würde ich Liam äh..., naja, ihr wisst schon.", fragte Luna, die mittlerweile wieder etwas entschlossener wirkte.
"Im Wald, da gibt's genug Deckung und Verstecke, falls er erwischt wird.", überlegte Chila und sah uns nacheinander an. Jace nickte, und auch ich hielt es für eine sehr gut denkbare Theorie.
"Na, dann suchen wir im Wald. Aber wir sollten uns aufteilen. Wir gehen jeweils zu zweit und suchen ihn.", sagte ich und erhielt ebenfalls Zustimmung in Körpersprache.
Also nahm Chila Lunas Hand - vermutlich, weil sie direkt neben ihr stand - und ging mit ihr auf die eine Seite des Waldes zu. Jace und ich liefen zu der anderen."Mann, warum redet dieser Teufelswolf nicht einfach mit deinem Onkel?", brummte ich, als wir schon ein Stück in den Wald hinein gelaufen waren und brach damit eine unangenehme Stille.
"Wut.", meinte Jace.
"Jaja, klar. Aber das ist zu viel Wut! Er will Liam umbringen!" Ich stöhnte.
"Es gibt Leute, die verstehen die wenigsten. Aber wir verstehen, dass dein Onkel in Gefahr ist!"
Ich zuckte die Schultern. "Aber..."
"Lass uns jetzt einfach suchen!" Jace lief ein paar Meter voraus und wir suchten weiter das Gebüsch ab.
Konnte es womöglich sein, dass Marco Hilfe von seinem Rudel bekommen hatte? Dass sich gleich dreißig wütende Wölfe auf sie stürzen würden? Dann hatten wir nicht die geringste Chance, Liam zu retten, und uns war dann auch nicht mehr zu helfen. Mit diesem Gedanken fühlte ich mich noch elender, als sowieso schon, da ich wirklich das Gefühl hatte, dass es möglich war.
In diesem Moment hob Jace die Hand und duckte sich blitzschnell. Mir gab er das Zeichen zu schweigen und ich gesellte mich - ebenfalls geduckt - zu ihm.
Dort stand er. Der große, schwarze Wolf stand direkt vor einem verängstigten Mann mit strubbeligen, blonden Haaren. Liams Augen waren geweitet, aber irgendwie schaffte er es, Marco in die Augen zu sehen.
"Wir waren dich einmal gute Freunde, Marco.", sagte er mit erstickter Stimme. "Die besten!"
"Diese Zeiten sind vorbei.", brummte Marco, warf den Lopf in den Nacken und heulte. Kurz darauf sprangen ein Dutzend weitere Wölfe aus dem Gebüsch und umringten zähnefletschend meinen Onkel.
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Falkenfeder - Woodwalkers FanFiction
FanfictionRuby ist ein Gerfalke - aber ein Gerfalke, dessen Familie aus Adlern besteht. Doch diese Familie scheint weit entfernt, denn sie denkt seit Rubys Geburt, dass sie kein echter Nachkomme ist, womit sie sich gewaltig irren. Doch warum ist Ruby nun ein...