Gott, die Welt und die Wilsons

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Am Esstisch herrschte eine angespannte Stimmung. Während sich Ivana, Jasper und Nikolai immer wieder misstrauische Blicke zuwarfen, versuchte Lionard das seltsame Verhalten seiner Geschwister so gut wie möglich auszublenden, und konzentrierte sich auf seine Kinder und seine Frau. Elias saß wie immer am Kopfende und versuchte eine Konversation mit Gina anzufangen, welche jedoch immer nur recht kurz angebunden antwortete, was Nikolai allem Anschein nach missfiel, denn trotz seines Versuches es zu verstecken, warf er seiner Mutter regelmäßig warnende Blicke zu. Niles stand kopfschüttelnd neben der angelehnten Tür und beobachtete das Essen, das auf einem Pulverfass stattzufinden schien. Gerade als Niles die Tür schließen wollte um zum Telefon zu greifen, erhob sich Ivana plötzlich. "Entschuldigt mich für einen Moment, die Natur ruft.", säuselte sie. "Keine Details, Schwester.", meinte Jasper und die beiden schnitten sich gegenseitig eine Grimasse, aber irgendwas an den darauffolgenden Lächelnd welches sich die beiden danach zuwarfen, machte Niles stutzig. Leise schloss er die Verbindungstür zum Esszimmer und öffnete die, welche zum Flur führte einen Spalt. Sein Misstrauen wuchs, als er Ivana erblickte die an der Toilette im unteren Geschoss vorbei eilte um die Treppe hinauf im ersten Stock zu verschwinden. Leise folgte Niles ihr und sah gerade noch, wie sie völlig selbstverständlich in Ginas Zimmer ging, nur um kurze Zeit später wieder heraus zu kommen und die Tür leise zu schließen. Niles beeilte sich die Stiegen schnell wieder hinunter zu eilen und in der Küche zu verschwinden, ehe Ivana ihn entdeckte. Dort blieb er nachdenklich stehen. Was hatte sie denn in Ginas Zimmer gesucht? Ob Ivana etwas ahnte? Oder vielleicht wusste sie es sogar.

"Wenn ich nur wüsste ob der alte Mann sein Testament bereits geändert hat. Dann könnte ich ihn aus dem Weg schaffen und diese Scharade hätte endlich ein Ende. Doch bevor ich nicht ganz sicher als Erbe im Testament stehe, kann ich nichts gegen ihn unternehmen.", schimpfte Nikolai vor sich her. Gina hatte beschlossen seinen Tiraden ab nun einfach schweigend zu begegnen, er wollte sowieso keine Antwort, er wollte einfach jemanden haben, den er voll jammern konnte, damit es nicht wie ein Selbstgespräch aussah. Also saß sie schweigend da und blätterte in ihrem Buch, ihren Sohn hatte sie bereits ausgeblendet kurz nachdem er wieder mal bei ihr aufgetaucht war, um sich über Gott, die Welt und die Wilsons aufzuregen. "Und Jasper macht mich auch nervös. Zuerst dachte ich, er blufft, doch langsam beschleicht mich das miese Gefühl, er hat mich wirklich durchschaut. Und ich fürchte er hat auch Ivana eingeweiht. Wir müssen die beiden im Auge behalten, die machen uns sonst noch Probleme. Verdammt, es war alles perfekt geplant, wann hat es angefangen das mein Plan so katastrophal in die Brüche ging?" Er schwieg und wartete auf eine Antwort, die natürlich nicht kam. Er wirbelte herum. "Mutter, hörst du mir überhaupt zu?", knurrte er mürrisch. Endlich sah Gina von ihrem Buch auf. "Hast du mit mir geredet, Nikolai?", fragte sie beiläufig. "Natürlich, mit wem sonst?", fuhr Nikolai sie an, die unmerklich zusammenzuckte, doch weiterhin versuchte, keine Miene zu verziehen. "Ich dachte das wäre wieder eines deiner Selbstgespräche." Mit drei großen Schritten überwand er die Distanz zwischen sich und seiner Mutter und baute sich vor ihr auf. "Mein Plan scheitert, und das du dich Elias gegenüber plötzlich so distanziert verhältst, ist recht kontraproduktiv. Also bring das wieder in Ordnung.", knurrte er. Abrupt erhob sich Gina aus ihrem Rollstuhl um sich ihrem Sohn gegenüber zu stellen. "Du alleine trägst die Verantwortung für all das hier. Nicht ich.", erinnerte sie ihn warnend, ehe sie sich wieder niedersetzte. "Und spar dir deine tägliche Drohung, die kenne ich schon in und auswendig.", fügte sie hinzu und rollte den Rollstuhl Richtung Ausgang, jedoch nicht ohne ihrem Sohn absichtlich über den Fuß zu fahren, was ihn laut fluchend am anderen hüpfen ließ, während er seiner Mutter wütend nachstarrte.

"Oh das ist ja noch besser als ich erwartet habe.", murmelte Ivana und sah mit leuchtenden Augen auf den Bildschirm. Auch in Jaspers Blick lag ein triumphales Funkeln. Wenn wir das richtig einsetzen, heißt es Au Revoir Nikolai und Bon jour Moneten." Die beiden warfen sich einen frohlockenden Blick zu, als plötzlich Lionard in den Raum gestürmt kam. Reflexartig klappte Jasper den Laptop zu und sah unschuldig seinem älteren Bruder entgegen. "So, raus mit der Sprache, was führt ihr beiden schon wieder diabolisches im Schilde?", kam er ohne Umschweife zum Punkt. Die beiden sahen sich kurz an ehe sie ihm einen arglosen Blick zuwarfen. "Keine Ahnung worauf du hinauswillst.", murmelten Ivana gespielt überrascht. "Genau, wieso wirfst du uns immer vor, irgendwas auszuhecken, wenn wir uns mal im selben Raum befinden ohne uns umzubringen?", stimmte Jasper ihr gespielt empört zu. "Weil ich euch kenne.", antwortete Lionard nur kurz angebunden, ehe sein Blick auf den zugeklappten Laptop fiel. Jasper folgte seinem Blick. "Ich habe nur mit meinen Gewinnbilanzen vor Ivana angegeben.", versuchte er abzulenken, doch so leicht ließ Lionard nicht locker. "Als ob du Ivana freiwillig einen Einblick in deine Bilanzen gewähren würdest. Was ist da oben?", rief er misstrauisch und versuchte den Laptop aufzuklappen. Jasper und Ivana versuchten ihn davon abzuhalten. "Was denn, willst du denn nicht auch vor mir angeben?", spottete Lionard herausfordernd. Endlich schaffte er es, denn Laptop zu erwischen und brachte sich mit einem seitlichen Hechtsprung in Sicherheit vor seinen beiden Geschwistern, bevor er den Laptop aufklappte. Ungläubig sah er auf den Bildschirm. Langsam drehte er den Laptop zu seinen Geschwistern und zeigte drauf. "Könnt ihr mir das bitte erklären. Und zwar pronto, sonst gehe ich damit direkt zu Dad." Seufzend sahen sich Ivana und Jasper an, ehe sie Lionard einen Stuhl hinschoben, auf dem er Platz nahm, immer noch den Laptop in der Hand und einem misstrauischen Ausdruck im Gesicht. "Bevor wir dich einweihen, versprich du hörst es dir bis zum Ende an, bevor du mit einer nerv tötenden Moralpredig anfängst.", fing Ivana an und sah ihn warnend an. Lionard ging nicht darauf ein, sondern zeigte bloß auf den Bildschirm. "Erklärung. Pronto!"

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