Hogwarts Story

13

Genauso hibbelig wie beim ersten Mal saß mir Ella am nächsten Morgen in der großen Halle gegenüber. Apple war gerade mit einem Spiegelei-Toast beschäftigt und merkte kaum, dass ich ihr den neuen Stundenplan hinschob, den uns Prof McGonagall soeben gab. Ich schaute zu Ella, ihr Gesicht war jedoch verschwunden. Stattdessen strahlte mir die reine, weiße Farbe von der Rückseite des Stundenplans entgegen. Ich kniff meine Augen zusammen, da ich eigentlich noch halb am schlafen war. "Und?", fragte ich, dann fiel mir auf, dass ich einen eigenen Plan in meiner Hand hielt. Ella gab mir auch keine Antwort, also fing ich selbst an zu lesen. Am Montag fand in der ersten Stunde Arithmantik und Alte Runen statt. Es war Samstag, also hatte ich noch genügend Zeit, mir zu überlegen, was ich eher besuchen sollte. Aber eigentlich wusste ich es schon. Alte Runen interessierte mich schlichtweg einfach viel mehr. "Ohh!", rief Apple plötzlich aus; sie hatte ihren Stundenplan entdeckt. Ella stand als erste auf: "So. Was machen wir jetzt? Kommt, lasst uns nach den anderen suchen!" Ich nickte und stand ebenfalls auf, dann liefen wir zu dritt zum Hufflepuff Tisch. Die Suche ergab sich als relativ kompliziert, für uns jedenfalls. In der Halle waren sie nirgends zu sehen, also mussten wir doch tatsächlich weitersuchen. Wir fanden Willow und Enif schließlich im Innenhof des Glockenturms. Als wir näher kamen wurde immer deutlicher, dass das Gesprächsthema Quidditch war. "Willow! Du auch?", fragte ich begeistert. "Was?", fragte sie ziemlich verwirrt.
"Quidditch?"
"Ähh, nee, das wäre ja Sport?"
"Wie recht du hast", sagte ich mit gleichgültigem Ton, "Ich weiß auch nicht, ob ich mich das trauen würde", fügte ich noch hinzu.
Enif schien trotzdem sehr überzeugt bei ihrer Sache. "Oh Gott, ich bin schon echt nervös wegen dem Auswahltraining..."
"Wir werden alle da sein und dich anfeuern, Enif!", Apple war voller Begeisterung, "Hoffentlich macht es dir nichts aus, wenn wir auffallen."
"Die Frage ist wohl eher, ob es der Quidditch Kapitänin was ausmacht..!", nach dieser Aussage fing Ella an zu lachen.
"Wann sind denn die Auswahlen?", fragte ich Enif.
"Nächsten Freitag", antwortete sie. Ella kam plötzlich auf die glorreiche Idee die Bombe platzt zu spielen und sprang einen Meter nach hinten. Alle waren damit einverstanden und taten ihr nach.

Nach diesem erfolgreichen Tag waren alle viel zu energiegeladen, um früh schlafen zu gehen. Deshalb verbrachten wir noch ein paar Stunden in der großen Halle, bis uns McGonagall (noch) freundlich darauf hinwies, endlich unsere Schlafseelen aufzusuchen. Extrem laut liefen wir dann durch die Gänge, bis wir uns aufteilen mussten. Erst als wir bemerkten, dass wir von Mrs. Norris verfolgt wurden, wurde uns panisch klar, dass die Lage ernst werden könnte, wenn wir nicht möglichst schnell in den Gemeinschaftsraum gelangten.

In dieser Nacht konnte ich besser schlafen als in der Nacht davor. Am nächsten Morgen war ich sogar die erste, die wach war. Da ich niemanden wecken wollte zog ich mich an und lief die Steintreppe hinunter, woraufhin ich mich auf einen Sessel fallen ließ. Jedoch wurde mir schnell langweilig, und als ich aufstehen wollte und dabei fast stolperte, begann ein Portrait mit mir zu sprechen, also hatte ich doch eine Weile etwas zu tun, bis sich der Raum mit Ravenclaws füllte.
Apple und Ella kamen gemeinsam unten an, als ich beinahe wieder weggedöst war. Eine Junge unseres Jahres namens Rick Mason stolperte über meine Beine und das weckte mich schließlich doch wieder auf. Außerdem hatten mich Apple und Ella entdeckt, und ich musste mir die Ohren zuhalten und die Augen zusammenkneifen, da ich mich in einem Ich-höre-alles-doppelt-so-laut-Zustand befand. Erst als wir in der großen Halle saßen fühlte ich mich wieder normal. Diesmal setzten wir uns zu den beiden Hufflepuffs Enif und Willow, da unser von uns ausgedachter Stammplatz am Ravenclaw Tisch bereits besetzt war. Wir fanden das unerhört. Aber da am Hufflepuff Tisch sowieso schon die meisten wieder weg waren oder gar nicht erst kamen, hatten wir auch mehr Platz. Während sich Ella über die nicht alle gleich getoasteten Toasts aufregte und Enif sich mit ihrem Umhang irgendwo an der Bank verhakt hatte, half Apple ihr sich zu befreien und gab Ella nebenbei Antworten. Willow wandte sich an mich: "Magst du nachher mit mir hoch in die Eulerei gehen?"
"Klar!", sagte ich direkt. "Du hast schon Briefe geschrieben?"
"Ja, einen an meine Mom", sie lächelte.
Ella's lautes Lachen ließ uns aufhorchen, Apple hatte es geschafft, Enifs Umhang war frei, hing jetzt aber in der Marmelade. "Man, Apple!", diese kicherte nur. "So kann ich mich doch jetzt nicht mehr zeigen lassen!"
"Wo denn?", fragte ich sie.
"Ich will schauen dass ich Informationen für Quidditch bekomme. Ich kann ja nicht einfach ohne irgendwas auf dem Spielfeld erscheinen." Das ergab Sinn.
"Kommt ihr dann auch nachher mit?"
"Ist es schlimm wenn nicht? Ich wollte zur Eulerei und Holly würde mitkommen"
"Achso", sagte Apple verständnisvoll "nee, na dann. Ihr findet uns schon."

Kurz darauf befand ich mich auch schon auf den Ländereien von Hogwarts, neben mir Willow.
"Wann zum Geier bist du eigentlich dazu gekommen, zu schreiben? Ich hätte noch überhaupt keine Zeit gehabt."
"Naja, du hast ja auch zwei hyperaktive Kinder ständig um dich herum."
"Und du eins, welches mindestens die gleiche Ladung hat."
"Aber die kann sich auch mal mit anderen Menschen beschäftigen, wenn ich keine Lust auf soziale Kontakte habe"
"Na dann. Verständlich", ich lachte kurz auf.
Es war ein sehr warmer Sonntag, irgendwann krempelte ich meine Ärmel zurück. Es brachte aber nicht wirklich etwas.
"Auf dem Turm weht der Wind hoffentlich etwas mehr", sagte ich hoffnungsvoll. Willow nickte. Von weitem sah ich, dass uns zwei Gestalten entgegen kamen, die anscheinend gerade von der Eulerei zurückkehrten. Als sie näher kamen erkannte ich, dass sie im gleichen Jahr waren wie wir, denn einer der beiden, Tom Newman, fiel mir bereits bei der Häuserverteilung in der ersten Klasse auf. Aber nicht wirklich positiv. Was man von ihm mitbekam war er ein Aufreißer und ziemlich bekloppt. Viele jedoch meinten auch, er sähe total gut aus, was ich nicht wirklich fand. Der Junge neben ihm sprach zu uns, als sie beinahe vorbei waren: "Das Tor oben ist übrigens etwas verklemmt" Dann liefen sie vorbei und ich rief noch schnell ein verwundertes Danke hinterher. "Na super", sagte ich dann missmutig an Willow gewandt, "hoffentlich kriegen wir das trotzdem auf."
Willow hatte ein Grinsen im Gesicht und wenn ich mich nicht irrte war sie sogar ein bisschen rot. Ich begriff langsam.
"Sag bloß, du-"
"Was?"
"Findest du den echt toll?"
"Wieso?", sie grinste noch mehr, es war offensichtlich.
"Willow!"
Kleinlaut gab sie ein 'Jaa' von sich und ich war fassungslos. "Oh man. Ernsthaft?", eigentlich erwartete ich gar keine Antwort mehr, die Situation war aber irgendwie lustig.
Als wir schließlich die Treppen hinter uns ließen hatten wir uns wieder beruhigt.
Das Tor ging tatsächlich extrem schwer auf, erst nachdem wir uns beide gleichzeitig dagegen geworfen hatten, öffnete sie sich.
"Die könnte man mal wieder neu machen. Oder wie wäre es mit einem Zauberspruch?"
"Tja, an uns liegt es nicht, wir kennen noch keinen Spruch für sowas", antwortete ich und wir grinsten uns an. Während Willow ihren Brief an eine Eule weitergab lehnte ich mich an den Rand und betrachtete Hogwarts von halb oben. Es war eine wundervolle Aussicht.
Als Willow fertig war traten wir wieder den Rückweg an.