Gestatten, Alisha White

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POV. Jack Clearwater 

"Kann ich ihnen-äh...sorry," ich hielt kurz inne und korrigierte mich. "Kann ich dir, etwas zu trinken anbieten?", Miss Johnson hatte mir mittlerweile das "Du" angeboten. Keine Ahnung, wie ich das geschafft hatte. Wenn ich ehrlich war, fühlte es sich total seltsam an, die Frau mir gegenüber zu duzen, irgendwie unnatürlich. Obwohl sie nicht älter war als ich, strahlte sie ein so enormes Maß an Autorität und emotionaler Distanz aus.

Meine Theorie war ja, dass das mit dem "Du" gar nichts mit mir zu tun hatte, sondern dieses Vorgehen einfach nur in irgendeine  Kampfstrategie, die sich im Vorhinein zurecht gelegt hatte, passte.  Gerade wollte ich Miss John-, Skyler mitteilen, dass Alisha ihr die Schule zeigen würde, als plötzlich die Tür aufgerissen wurde und niemand anders als besagte Lehrerin im Türrahmen stand.

„Also wirklich, Jack! So geht dass nicht! Die Reptilien benehmen sich wie die Wilden. In der Cafeteria geht es drunter und drüber. Das ganze-", Alisha verstummte. Ihr Blick fiel auf Miss Johnson. "Oh, du hast Besuch",  bemerkte sie mit reichlich Verspätung. Sie musterte die neue Lehrerin mit wenig Begeisterung. 

„Ähh, ja!", meinte ich, sichtlich überrumpelt von ihrem Auftritt.
Johnson hingegen wirkte nicht im mindesten überrascht, als sie auf Alisha zuging und ihr die Hand reichte, „Skyler", stellte sie sich vor. „Alisha White ", erwiderte diese knapp, immer noch mit deutlicher Zurückhaltung. 

Okay, das wurde langsam unangenehm. 

Die beiden Seawalkerinnen nahmen sich gegenseitig eindringlich unter die Lupe. Dabei schien jede für sich zu dem Ergebnis zu kommen, dass man sich gegenseitig besser nicht vertraute. Die Spannung war deutlich greifbar, der ganze Raum schien geladen. Angespannt blickte ich zwischen den groß gewachsenen Frauen hin und her. Das sah gar nicht gut aus. Ich hoffte inständig, dass sich das diese Skepsis über kurz oder lang noch legen würde. Im Moment konnte man sich ja kaum mit  Beiden in einem Raum aufhalten, ohne sich zu wünschen augenblicklich im Erdboden zu verschwinden. Wenn das so weiter ging, konnte ich meine entspannten Mittagspausen in näherer Zukunft beerdigen. 

Ich räusperte mich mit Unbehagen, "Skyler wird die neue Politik und Französisch Lehrerin. Außerdem führen wir nach den Halbjahresprüfungen ein neues Fach, nämlich Rechte der Tiere ein, auch hier werde ich sie einsetzen. Du weißt ja dass, wir schon länger eine Seawalkerin mit der Qualifikation zur Politik Lehrerin suchen und einen Sprachkurs wollten wir auch schon länger einführen. Warum also nicht Französisch?", sagte ich, um einfach irgendetwas zu sagen. Das sie in zweiter Gestalt ein weißer Hai war, ließ ich bewusst unter den Tisch fallen. 

Irgendwie hatte ich nicht das Gefühl, dass es der Situation helfen würde, zu erwähnen das sich hier gerade zwei Revalern des Ozeans gegenüber standen. Da ich nicht wusste, was ich sonst sagen sollte ohne mich zu verplappern, hielt ich vorerst die Klappe. Eine unangenehme Stille legte sich erneut über mein Büro und wurde erst unterbrochen als Alisha sich räusperte. 

„Verstärkung können wir gebrauchen ", meinte sie, in einem zumindest etwas versöhnlicheren Ton und auch die Blicke, die sie Sky zuwarf waren nicht mehr ganz so feindselig. Alisha schien für sich einen Entscheidung getroffen zu haben. Ich würde zu gern wissen, was sie gerade dachte.
„Wie wäre es wenn du Sky die Schule zeigen würdest? schlug ich schnell vor, bevor sie es sich anders überlegen konnte. Vielleicht bestand ja die Chance, dass die beiden sich doch noch anfingen zu mögen? Man durfte einfach nie aufgeben.
„Moooment. Erst will ich von dir wissen, was du wegen den Reptilien unternehmen wirst?",  sie stemmte beide Hände in die Hüfte. 

Mit meinem strahlendensten Lächeln umrandete ich meinen Schreibtisch, "Meine liebe Alisha," vorsichtig legte ich meinen Arm auf ihren Rücken und bugsierte sie Richtung Tür," Ich bin der festen Überzeugung; Du machst das schon", und damit schob ich sie aus meinem Büro. 

Unglaublich, dass das funktioniert hatte, normalerweise ließ sich Alisha White nicht abwimmeln. Vorsichtig lugte ich durchs Schlüsselloch. Gerade sah ich noch, wie die Silhouetten zweier Frauen hinter einer Biegung verschwanden. Ich atmete tief aus, dann angelte ich mein Handy aus einer Sofaritze. Die Sonnenstrahlen fielen heute wunderschön durch die Fenster und kitzelten mich an der Nase. Mich zog es nach draußen. 

Ich lehnte mit dem Rücken am Balkongeländer, als ich schließlich die Nummer meiner Mutter wählte. 

Klar, Skyler und ich hatten unterschiedliche Gestalten, unterschiedliche Geburtsorte und unterschiedliche Haarfarben, aber trotzdem... mir waren das alles zu viele Zufälle. Vor allem diese Ähnlichkeit mit meiner Mutter...

Das war irgendwie unheimlich. 

Seewalker, Rätselhafte VergangenheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt