Groschenroman aus alten Tagen?

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Der 1949 publizierte Roman der unbekannten Schweizer Autorin Barbara Feer handelt von Liebesverwirrungen in der Nachkriegsschweiz. Eine Mischung aus Krimi, Liebesgeschichte und Gesellschaftsporträt.

Es beginnt wie ein klassischer Heftroman: Die junge Rotkreuzschwester Ruth trifft anlässlich ihrer Balkanmission auf den ausserordentlich gut aussehenden Major – einen Namen erfährt der Leser nicht – mit äusserlichen Ähnlichkeiten zum damaligen Herzog von Windsor. Ruth wird ebenfalls als hübsch beschrieben: Ein junges Mädchen mit grossen dunkelblauen Augen, kohlschwarzen Haaren und vollem Mund. Die beiden turteln bei einem Gläschen Cognac. Der Leser erfährt, dass sie vor Jahren eine leidenschaftliche Liaison hatten. Und die erotische Spannung ist nicht verschwunden:

«Der Major hatte seine Hand um ihre Finger gelegt. Sie schaute in seine Augen, und ihr Herz hüpfte, weil sie in seinem Blick las, wie sehr er sich freute, sie neben sich zu wissen.»

Doch dann kommt es anders als in einem trivialen Liebesroman: Bereits nach 24 Seiten stirbt Ruth bei einem tragischen Unfall. Und nun wird klar, dass der Titel des Buches «Verwirrung um Ruth» Programm ist: Verwirrung herrscht nicht nur um Ruths Tod und privates Liebesleben, chaotisch sind auch die Handlungsstränge, die unzähligen Personen und Nebenschauplätze. Eine stark gekürzte Zusammenfassung: Die angehende Ärztin Ruth ist seit Langem mit einem Mann namens Otto verlobt, traf sich während zwei Jahren aber zu intimen Treffen mit ihrem Oberarzt – dem Major. In der Eingangsszene gesteht sie diesem, dass sie Otto nicht heiraten möchte. Der Major ist jedoch in der Zwischenzeit bereits verheiratet, was Ruth erst jetzt erfährt. Ruths Schwester Esther ist in Otto verliebt – was sie aus Rücksicht auf Ruth nicht zu sagen wagt. Sie will sich mit dem Bau eines Chalets von der Liebesenttäuschung trösten, doch das geht gründlich schief. Ruths Mitbewohnerin Rosemary lernt ihrerseits einen Mann kennen und lieben – es ist zufällig der Bruder von Otto. Über ihn erfährt der Leser, dass Otto eigentlich die Schwester von Ruth als die «begehrenswertere Braut für ihn» hält. Der Bruder sollte nun – sozusagen als Bote von Otto – der Ruth diese Nachricht schonend beibringen. Doch dann kommt der Unfall dazwischen. Oder ist es gar kein Unfall, sondern ein Suizid? Gründe gäbe es genug: Nebst der Enttäuschung über die Ehe des Majors gibt es auch finanzielle Probleme in der Familie, die mit Ruths Tod auf einen Schlag weggefegt sind. Um das Handlungslabyrinth zu vervollständigen, wird am Ende noch ein Familiengeheimnis gelüftet – dieses soll an dieser Stelle aber nicht verraten werden.

«Verwirrung um Ruth» ist ein rasanter und unterhaltsamer Roman aus einer anderen Zeit, der viele Themen streift und trotz einer gewissen Trivialität zum Nachdenken anregt.

Barbara Feer, Verwirrung um Ruth, Schweizer Druck- und Verlagshaus, Zürich 1949. Nur antiquarisch erhältlich.

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