Kapitel 2

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Ella's Sicht

,,Davor brauchst du gar keine Angst zu haben. Wir haben doch schon darüber gesprochen, wie es sein wird. Sobald jemand etwas in der Richtung sagt, wirst du zum Schulleiter gehen und dieser Schüler oder diese Schülerin wird erst mal vom Unterricht suspendiert. Hast du mich verstanden El?"

,,Ja, aber hätte ich ihn nicht angerufen, dann wäre er einfach bei euch geblieben!"

Ich breche schon wieder in Tränen aus, wenn ich nur an ihn denke. Ich weiß gar nicht, wie ich das alles überleben soll...Er fehlt mir ja jetzt schon so extrem und ist noch nicht einmal einen Monat Tod.

,,Du hast absolut keine Schuld an seinem Unfall und jetzt hör auf dir ständig Vorwürfe zu machen und iss lieber die Kekse. Du hast die letzten Tage viel zu wenig gegessen und getrunken."

,,Ic...Ich kann nicht. Ich kann nicht einfach so weiter machen, als wäre nichts geschehen. Er ist gestorben und das nur, weil er mich trösten wollte! Wie soll ich das jemals vergessen?! Archie wollte zu mir, und ist nur deshalb gestorben! Es ist niemand anderes Schuld, als ICH!!"

,,Süße, du weißt, dass er es niemals gewollt hätte, dass du dir Vorwürfe machst. Er ist gestorben, weil der andere Autofahrer sein Auto gerammt hat. Deshalb ist er von der Straße abgekommen und durch einen Aufprall gestorben. Niemals hat jemand dir die Schuld gegeben. Du bist wie unsere Tochter und können es nicht mit ansehen, wie sehr du leidest. In einer Woche hast du Geburtstag und wirst 18. Du solltest dich freuen und nicht in Trauer versinken. Archie hat dir schon ein Geschenk besorgt gehabt und auch längst ein Testament geschrieben. Ich weiß auch nicht, warum er das getan hat, aber morgen nach der Beerdigung werden wir zu dem Notar fahren und er wird es verlesen. Mach dir keine Vorwürfe."

Du muss wirklich stärker werden und mit dieser Last leben lernen. Ansonsten wirst du nie wieder etwas anderes machen und allein mit deinen dann 50 Katzen sterben.

Nein! So ein Leben will ich nicht! Ich werde es schaffen meine Trauer zu überwinden und mich meiner Angst stellen. Ich werde zurück in die Schule gehen und alles, was Dustin mir angetan hat so gut, wie möglich vergessen. Auch wenn es nicht so einfach ist. Ich werde es schaffen.

,,Ok, ich mache es."

Dieser Satz bringt mir verwirrte Blicke von allen Anwesenden ein. Meine Mutter findet ihre Sprache als erstes wieder.

,,Was machst du?"

,,Ich werde wieder in die Schule gehen. Ich werde mich den anderen stellen. Schließlich bin ich ja auch nicht allein. Lou ist ja auch noch da. Obwohl ich es komisch finde, dass sie sich noch nicht gemeldet hat."

,,Ich finde es sehr stark von dir, dass du dich dazu entschließt wieder in die Schule zu gehen. Mein Sohn hätte es nicht anders gewollt. Er hätte gewollt, dass du weiter lebst und dein Leben genießt, sodass er stolz auf dich sein kann. Das bedeutet nicht, dass er es nicht auch jetzt schon die ganzen Jahre war. Leb dein Leben für euch beide weiter."

Die Worte von Archie's Vater berühren mich so sehr, dass ich fast wieder in Tränen ausbreche. Aber er hat Recht. Arch hätte gewollt, dass ich mein Leben für uns beide weiterlebe, weil er dasselbe für mich auch getan hätte. Ich weiß nicht, wie ich meinen Geburtstag ohne ihn überleben soll. Übermorgen werde ich aber erst einmal wieder in die Schule gehen.

,,Darf ich jetzt wieder in mein Zimmer und etwas aufräumen? Ich möchte, dass mein Zimmer wieder etwas Ordnung hat und nicht so schlimm aussieht. Außerdem muss ich mir noch ein Kleid für morgen heraussuchen."

Damit gehe ich aus dem Wohnzimmer in mein Zimmer und mache mir Musik an. Mit Musik geht einfach alles besser. Die Zeit geht schnell vorbei und nach einer Stunde ist mein Zimmer wieder so aufgeräumt, dass man keine Krise bekommt, wenn man herein kommt. Fehlt nur noch mein Kleid für morgen. Ich möchte schwarz tragen, aber etwas Farbe soll auch dabei sein. Arch hätte eine bunte Beerdigung gewollt, also werde ich ihm einen Teil davon geben. Er war ein sehr lebensfreudiger Mensch und wollte diese Welt zu einem besseren Ort machen. Ich muss aufhören daran zu denken, sondern mich eher auf die Kleiderwahl konzentrieren. Ich werde mein schwarzes Kleid mit den roten Akzenten anziehen und darüber noch eine Jeansjacke, damit es ein wenig aufgelockert ist. Ich weiß, dass es kein Outfit für eine Beerdigung ist, aber es hat Farbe und ist fröhlicher, als nur schwarz.

,,Schatz? Bist du fertig? Wir wollen etwas Essen."

Meine Mum ruft mich von unten, also sollte ich auch runter gehen. Beim Abendessen wurde nicht wirklich viel geredet, also bin ich nach dem abräumen wieder in mein Zimmer gegangen und habe meine Tasche für übermorgen gepackt. Ich habe noch zwei Wochen Schule und habe keinen Bock auf all diese mitleidigen Blicke meiner Mitschüler. Trotzdem muss ich wieder hin. Eine Frage, die mir schon den ganzen Abend im Kopf rumschwebt ist, was mir mein bester Freund hinterlassen hat.

Mit diesen Gedanken schlafe ich ein und auch mal durch.

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Am nächsten Morgen

Ich wache nach einer erholsamen Nacht schon um 7 Uhr auf und bin fit. Das kam in der letzten Woche keinen einzigen Tag vor. Also stehe ich auf und gehe ins Bad. Dort dusche ich schnell. Meine brustlangen, braunen Haare lasse ich erst einmal an der Luft trocknen und ziehe mir Sachen an, die noch dreckig werden können. Da ich mein Kleid nicht versauen möchte, wenn ich gleich beim Frühstück kleckere.

,,Moin Mama und Papa."

Erstaunt und etwas verwirrt blicken beide auf und sehen mich an.

,,Morgen Schatz. Hast du gut geschlafen?"

,,Viel besser, als die letzten Tag, selbst der Traum war nicht so schlimm. Wie habt ihr geschlafen?"

Ein bisschen Smalltalk am Frühstückstisch kann ja nie schaden. Die Verwunderung über meine äußerst gute Laune sieht man den beiden an. Verübeln kann man es ihnen aber auch nicht. Meine Mum findet ihre Sprache als erste wieder.

,,Wir haben auch gut geschlafen. Wie kommt es, dass du so gut drauf bist?"

,,Das kommt glaube ich, weil ich durchgeschlafen habe und heute zwar die Beerdigung ist, aber Arch hätte eine fröhliche beste Freundin gewollt. Deshalb werde ich mein bestes dafür geben, dass dieser Tag nicht in trauriger, sondern in schöner Erinnerung bleibt."

Es klingelt an der Tür und ich stehe auf, um zu öffnen. Am liebsten hätte ich die Tür sofort wieder zugeschlagen. Niemals hätte ich gedacht, dass diese Person noch mal hier her kommt.

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Wer ist da wohl vor der Tür?

Es tut mir Leid, dass so lange nichts kam, aber ich war im Urlaub und dachte ich könnte schreiben, aber habe die Zeit nicht gefunden.

One YearWo Geschichten leben. Entdecke jetzt