I'm gonna do it!

Erster Schultag

Am Morgen hätte ich das nervige Ding namens Wecker am liebsten aus dem Fenster geworfen, aber ich konnte mich noch beherrschen und quälte mich doch aus dem Bett. Ich streckte mich und griff nach meinen Klamotten. Da ich heute Unterricht hatte, musste ich mich an den Dresscode hier halten. Naja, musste war das falsche Wort, eher durfte.
In der Mädchenschule mussten alle Röcke und Blusen mit Ausschnitt tragen. Zum kotzen. Glücklich griff ich also nach meiner Jeans und nahm mir mein dunkelblaues Hemd. Ich überlegte kurz ob ich noch eine Fliege ummachen sollte, aber das war wohl etwas zu viel des Guten. Ich kam aus meinem Zimmer, wo die Jungs schon auf mich warteten.
Da ich Tylors Versprechen hatte, dass ich seine Haare flechten durfte, setzte ich dass jetzt gegen ihn ein. Wir hatten noch 20 Minuten bis zum Frühstück, die Zeit nahm ich mir also um Tylor zwei Boxerbraids zu flechten, und als ich grade den zweiten anfing, kam East dazu und flocht mir auch einen Zopf. Dieser fiel mir über die rechte Schulter und brachte meine hellen Haare noch besser zur Geltung. Die Zöpfe standen Tylor wirklich gut.
 Als sich alle zusammengefunden hatten, machten wir uns auf zum Frühstück. Es gab, wie am Abend alles, was das Herz begehrte an unserem Tisch. Von Brötchen und Marmelade, bis hin zu Schokoaufstrich und Kornflakes war alles vorhanden. Ich entschied mich für ein Brötchen mit Himbeermarmelade und ein paar Erdbeeren die mit Schokolade überzogen waren. Ich hatte erfahren, dass ich wegen des intensiven Trainings auf keinen Fall mehr essen sollte, als ich Hunger hatte. Trotzdem, und grade wegen der guten Auswahl, fiel mir dies aber sehr schwer.
"Was haben wir jetzt eigentlich für Unterricht?", fragte ich, auf dem Weg zurück zum Zimmer um unsere Schulsachen zu holen. "Gesamtkunde. Aber unser Lehrer Herr Martens kommt traditionell zu spät. Daher hast du Zeit die Klasse kennenzulernen. Halt dich am besten von Austin und seinem Zimmergenossen fern. Die sind nicht ganz so toll und hübsch wie wir", sagte Grey. "Ähm.. okay... Meinst du nicht ich bin alt genug um das selbst zu regeln? Außerdem komme ich mit nervtötenden Testosteronhirnis klar. Hab ja genug Übung". Damit zwinkerte ich Grey zu und die anderen kicherten nur wie kleine Schulmädchen.
Ich verschwand kurz in mein Zimmer und holte mir meine Schreibsachen, denn der Vormittag würde von Mathe, Deutsch, Bio und was sonst dazugehörte eingenommen werden. Wir gingen durch einige Gänge, die tatsächlich mal logisch aufgebaut schienen, bis wir vor unserem Klassenraum standen. "Es sind insgesamt vier WG's zusammen in einer Klasse, zum Sportunterricht tun sich zwei Klassen zusammen", erklärte mir Tylor. Die Schweigsamkeit vom Anfang war komplett verschwunden.
Von drinnen hörte man schon wildes Gegröhle, offenbar waren wir nicht die ersten. Tylor öffnete die Tür und wir gingen hinein, ich hielt mich dicht an East und Grey. "Hey", flüsterte Ev, "Sitzt du neben mir?". Ich nickte. Damit machten wir uns auf den Weg und die gesamte Klasse musterte mich abschätzig. Ich schlich einfach hinter Ev her und setzte mich auf den Platz neben ihn, die ganzen Blicke ignorierend. Der Rest setzte sich eine Reihe weiter hinten. Ich saß recht still, auch wenn ich sonst gesprächiger war.
Plötzlich kam ein Junge aus der hintersten Reihe zu mir und fragte: "Heyy, na wie gehts dir so, Süße? Hast du einen Freund?". Dabei zwinkerte er mir zu. Seine schwarzen, glanzlosen Haare waren mit einer Menge Haarspray zur Seite fixiert worden und seine blauen Augen starrten mich schelmisch an. Ich drehte mich zu Grey um, der entsetzt den Kopf schüttelte. Ich stand auf, legte den Bleistift zur Seite, mit dem ich die ganze Zeit nervös gespielt hatte und baute mich vor dem Jungen auf. Leider hatten bei dem die Wachstumsschübe schon eingesetzt, so das ich trotz meiner stolzen 1,76m zu ihm aufsehen musste.
"Mir geht es gut, danke der Nachfrage. Und nein, ich habe keinen Freund, und auch kein Interesse wenn du nicht Tom Hiddleston heißt", sagte ich, in einem netten, aber bestimmten Ton. Der Typ griff nach meinem Arm und stieß mich gegen die Wand. Ich blickte über seine Schulter. Grey sah mich mit seinem 'Bitte-töte-ihn-nicht-sofort-ich-will-das-machen'-Blick an, und formte stumm mit den Lippen den Namen 'Austin'. "Ich bin Austin, du willst doch sicher heute mit mir essen gehen?" Das war nichtmal eine richtige Frage. Idiot. "Nein danke, ich bin mit der Gesellschaft meiner Freunde zufrieden", zischte ich. Der Vollpfosten kam noch einen Schritt näher.