Schießübungen

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Nach der Sporteinheit durften wir alle in unsere Zimmer, hatten Zeit um duschen zu gehen und danach noch etwas zu Essen. Ich als diejenige mit den längsten Haaren, die am längsten brauchen würden um zu trocken, durfte als erstes.
Dampfend stieg ich aus der Dusche, wickelte meine nassen Haaren in ein Handtuch und schnappte mir meine Klamotten.
Angezogen kam ich aus dem Bad und setzte mich neben Grey aufs Sofa. "Soll ich deine Flusen entkletten?", fragte mein lieber Bruder mich, da er genau wusste, dass ich sowieso gleich fragen würde, ob er mir meine Haare kämmt. Ich setzte mich auf den Boden und er fing an. Davon wurde ich total müde und ließ meinen Kopf auf die Knie sinken.
Ich war halb weggedöst, dann aber wieder schlagartig wach, als jemand etwas von 'Essen' sagte. Wir gingen zum Mittagessen, mussten uns auf dem Rückweg aber so beeilen, dass ich meinen Kuchen auf dem Weg essen musste. Jetzt hatten wir als Extrastunde Schießtraining. Ich hatte das noch nicht so oft gemacht und war dementsprechend aufgeregt. Wir bekamen alle Schutzwesten, Ohrenschützer und eine gesicherte Pistole in die Hand gedrückt. Heute würden wir den ganzen Nachmittag mit Waffen umgehen lernen. Allerdings würden wir noch ein Spiel spielen, und davor hatte ich Angst, weil niemand wusste was das für ein Spiel war.
Jetzt zielte ich aber erstmal auf kleine Plastikdosen in 20 Metern Entfernung und tatsächlich, nachdem ich die doppelte Zeit zum Zielen gebraucht hatte als alle andere, traf ich perfekt und die erste Dose rollte. So ging es weiter, ich wurde immer sicherer und schneller im Zielen. Dann wurden wir alle zusammengerufen, und unsere Lehrer klärten uns auf, was es mit dem Spiel auf sich hatte. Paintball. Schießübung, Ausweichen und Retten in einem, wirklich clever eingefädelt. Auch für diese Übung bekamen wir Weste, diese waren allerdings dünner. Dazu gab es noch Helme und Hosen, damit wir uns nicht zu sehr verletzten. Dann bekamen wir unsere Waffen.
Die Teams waren nach den Zimmern aufgeteilt, und dementsprechend auch die farbige Munition. Wir hatten orangene Farbe, während die anderen drei Teams hellblau, neongrün und gelb hatten.
Wir würden in einem Waldstück spielen, das extra abgetrennt wurde vom restlichen Wald, und zudem war es teils mit Schaumstoff verstärkt und es gab mehr Versteckmöglichkeiten. Die Weste hatte ich schon an. Ich grinste rüber zu meinen Teamkameraden die genauso verschwörerisch zu mir blickten. Dann setzte ich meinen Helm auf und klappte das Plexiglas-Visier runter. Wir wurden kurz vertraut gemacht mit den Einzelheiten unserer Schusswaffen, dann hatten wir zehn Minuten um uns im Wald zu verstecken und um uns eine Taktik zu überlegen. Sascha und die anderen Trainer würden auch mitspielen, allerdings einzeln und mit lilanen Geschossen. Freudig rieb ich mir die Hände, während sich die anderen hinter den Bäumen herum versteckten. Es konnte losgehen. Unsere einfache Taktik: Augen zu und durch.
Im Wald war es so gut wie unmöglich sich ohne Geräusche zu bewegen, durch meine dünnen Sohlen war es mir aber soweit es laubfrei war, möglich leise zu gehen. Es raschelte. Jemand kam. Ich hockte mich hin und visierte unser Ziel an. Es war tatsächlich einer der Trainer, und wer auch immer es war, achtete eher auf die Rückendeckung als das was vor ihm kam. Die Gestalt befand sich perfekt im Fadenkreuz. Wie bei einem stillem Kommando feuerten wir alle fünf beinahe zeitgleich, sodass unser Mitspieler ziemlich einstecken musste. Doch kaum war der erste Schock überwunden, drehte sich die Person um. Anhand des Uruk-khai-ähnlichem Handabdruck auf dem Held identifizierte ich die Gestalt als unser aller Lieblingstrainer Sascha. Doch so schnell wie der feuerte, konnte ich nicht reagieren und wurde einmal volle Kanne am Helm getroffen und dann am Arm. Ich konnte die Engel singen hören, der Kopftreffer hatte ordentlich gesessen. Ich wischte einmal übers Visier um wieder sehen zu können, nur um dann festzustellen, dass fast alle schon vorgegangen waren. Nur Grey wartete neben mir und half mir auf. Na toll. Wir sprinteten weiter zum nächsten Baum, um dann die Spur aus orangener Farbe zu verfolgen.
Plötzlich traf mich schon wieder was, diesmal am Rücken. Auch Grey wurde getroffen. Rechtzeitig drehte ich mich um um noch zu feuern, leider war ich zu langsam und striff den Grünen nur knapp. Ich huschte hinter einem Baum und zielte auf die andere Seite der Lichtung. Kaum streckte mein Opfer den Kopf hervor, feuerte ich. Klatsch! Headshot. Auch hier taumelte die Person, ähnlich wie ich vor nichtmal fünf Minuten, etwas, bevor sie sich hinsetzte. Ich lies Gnade walten und huschte weiter. Ich versuchte Laub zu vermeiden, was sich überraschenderweise im Wald nicht verhindern lies, während Grey laut wie ein Elefant durch den Wald trampelte.
Plötzlich raschelte es, und diesmal war es nicht Grey. Ich riss den Lauf hoch, doch die Person war schon weg. Dann trafen mich mehrere Geschosse aus verschiedensten Richtungen und ich lief außer Reichweite. Toll, jetzt hatte ich überall blaue Farbpunkte, außerdem taten meine Rippen weh, die einiges abbekamen. Auch mein Bruder war blau gesprenkelt.
Doch da vorne war unser Team! Wir liefen zu ihnen und stellte mich mit zu ihnen in den Kreis. Jeder überblickte einen Winkel und zusammen waren wir eine tödliche Gruppe. Oder farbenfroh, denn die anderen sahen ähnlich bunt aus wie ich.

I'm gonna do it!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt