39.

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Am Abend des nächsten Tages fuhren Ann-Kathrin und ich der Entspannung halber in die Therme. Einfach mal die Seele baumeln lassen. Während das warme Wasser also alle Muskeln meines verspannten Körpers langsam aber sicher entspannte, lehnte ich mich an den Beckenrand und legte meinen Kopf auf meinen zusammen gefaltenen Händen ab. Von hier aus konnte man gut die Leute beobachten. Es war so spät, dass es relativ leise war und vor allem total entspannend, so wie wir es uns halt erhofft hatten. Meine beste Freundin tat es mir gleich und wir beobachteten zusammen wie ältere Tratschtanten unsere Umgebung: "Und hatte ich eine gute Idee?" Ann wackelte mit ihren Augenbrauen, während sie sich für ihre eigene Idee feierte. Ich nickte und ließ langsam meinen Kopf kreisen, um meinen Nacken zu entspannen. Nach der langen Pause vom ganzen Sport hatte ich nach jedem Training drei Mal mehr Muskelkater, als ihn normalerweise gehabt hätte: "Ja hattest du" schmunzelte ich amüsiert: "Passt Mario auf die Kinder auf?" fragte ich daraufhin neugierig. Ann-Kathrin nickte: "Ja, er liebt seine Papa-Kind-Abende abgöttisch. Die drei schauen dann immer einen Film zusammen und meistens sehe ich sie auf dem Sofa schlafend, wenn ich wieder da bin." schwärmte sie. Als ich mir vorstellte, wie Marco sich um unser eigenes Kind kümmerte, schlug mein Herz höher. Ich freute mich unglaublich auf diese Zeit. Gleichzeitig aber wurde mir bewusst, wie lange das alles noch auf ich warten ließ, da ich schließlich das Jobangebot angenommen hatte. Die Chance war einfach riesengroß und nachdem mein Vater davon Wind bekam hatte er mir das selbstverständlich noch einmal ordentlich verdeutlicht. "Gestern Abend auf dem Geburtstag von Marcos Mutter war es schrecklich. Ich dachte, nachdem Marco Tacheles vor einigen Wochen mit ihnen gesprochen hat, würden sie uns weniger Druck machen. Das haben aber scheinbar nur meine Eltern verstanden. Marcos Schwestern und seine Mutter haben völlig über unsere Beziehung hergezogen. Wir würden gar nicht mehr wie richtige Eheleute zusammen leben." bei dem letzten Satz äffte ich Yvonne nach, die ich momentan leider echt gefressen hatte. Ich weiß, über die herzuziehen war gemein von mir, aber sie selbst führte auch nicht die perfekte Ehe, erlaubte sich aber unsere an den Pranger zu stellen. Überhaupt war keine perfekte Ehe vom Himmel gefallen. Natürlich waren sie Teil der Familie, aber ich konnte es immer wieder sagen. Marco und ich waren auf einem guten Weg. Ich wusste immerhin, dass ich wieder bei ihm einziehen wollte und, dass alles wie früher werden sollte. Diese Zeit in der wir getrennt voneinander lebten, ließen mich seine Anwesenheit und Nähe mehr schätzen als je zuvor. Ich vermisste ihn sehr. "Ich kann natürlich total verstehen, dass das gestern Abend eine unmögliche Situation war, aber mal unter uns. Willst du nicht langsam mal wieder nach Hause kommen?" fragte Ann mich vorsichtig und traf damit direkt den wunden Punkt, der mich seit Tagen beschäftigte. "Natürlich. Sogar sehr gerne." murmelte ich leise, bevor ich mich komplett ins Wasser sinken ließ und eine Bahn hin und her tauchte, bis ich wieder bei Ann-Kathrin ankam und mir meine nassen Haare nach hinten strich, nachdem ich wieder auftauchte. Ann stemmte sich am Beckenrand aus dem Wasser und ließ ihre Füße daraufhin darin baumeln. Sie sah wie immer perfekt aus, trotz ihrer Schwangerschaften hatte sie Kurven an den passenden Stellen, immer wieder direkt einen flachen Bauch, eine sportliche Figur und keinen Gramm zu wenig auf den Rippen. Mein Körper hingegen war seit Jahren geziert von zu viel Sport durch meinen Beruf und nach der Fehlgeburt hatte ich ebenso einige Kilos verloren. Ich sah aus wie ein Strich in der Landschaft und das wurde mir auch oft genug gesagt. Schnell schob ich meine Frauenkomplexe beiseite, quälte mich ebenso wie sie aus dem Wasser und lief zusammen mit ihr zu unseren Liegen. "Warum gehst du dann nicht wieder zu ihm?" hakte sie nach. Ich zuckte mit den Achseln: "Was soll ich denn sagen?" fragte ich genervt. Ann runzelte ihre Stirn: "Marco, ich komme wieder nach Hause! Lass uns das feiern." grinste sie frech. Ich schlug sanft gegen ihren Oberarm: "Ne, so will ich das eben nicht. Ich finde Marco hat auch mal etwas süßes von mir verdient. Er gibt sich immer so viel Mühe, wie letztens auf dem Weihnachtsmarkt. Ich will ihn auch endlich einmal überraschen." gab ich kleinlaut zu. Ann-Kathrin nickte verständnisvoll: "Wie wäre es wenn du mit ihm hier her fährst? Hier kann man doch super abschalten." schlug sie vor. Ers fand ich ihre Idee mehr als gut, dann aber kamen in mir einige Zweifel auf: "Lieber nicht. Hier ist abends zwar wenig los, aber immer noch genug, damit Marco alle zwei Minuten erkannt und angesprochen wird. Das ist uns schon mal passiert. Du weißt doch wie stressig das ist." erinnerte ich mich zähneknirschend. Ann seufzte, während es in ihr ratterte: "Wie wäre es wenn du ihm einfach etwas kochst, so ganz klassisch?" überlegte sie laut weiter. "Aber das ist nichts besonderes für ihn. Ich will ihm eine Freude machen. Vielleicht irgendetwas romantisches."
Wir grübelten und grübelten weiter, kamen aber nicht so wirklich auf einen Nenner. Um ehrlich zu sein, fand ich es viel schwerer Männern eine Freude zu bereiten, als Frauen. Man konnte mit den meisten weder Shoppen gehen, noch konnte ich meinem Profifußballer-Ehemann mit einem Fußballticket eine Freude bereiten. Vielleicht sollte ich mir auch etwas schönes für den Weihnachtsmarkt überlegen? Das war aber auch irgendwie eine Nachahmung seiner Idee. Wie wäre es mit einer Reise? Hatte ich ihm auch schon geschenkt. Damals nach Malibu und auf dieser hatte er mir dann auch noch den romantischsten Heiratsantrag gemacht, den ich mir jemals hätte ausmalen können. Er setzte auf meine Ideen immer noch einen drauf. Mein Kopf war zwar voller Ideen, aber gleichzeitig so leer, weil sie alle unpassend waren. Nichts entsprach so richtig zu meinem Plan. In meinen Vorstellungen erschien alles so leicht, aber meine Kreativität machte mir mal wieder einen gehörigen Strich durch die Rechnung. "Man habe ich Schmacht!" ächzte ich nachdem wir die Therme verließen und in Richtung von Anns Auto durch die Kälte schlenderten. Keine paar Sekunden später grinsten wir uns wohl wissend von der Seite an: "Ich fände ja, es wäre eine gute Idee wenn wir beim goldenen M weiter über deine Überraschung für Marco philosophieren." schlug sie langgezogen vor. Ich nickte ebenso langgezogen und grinste breit. Nach einer kurzen Autofahrt also, saßen wir vor einem Berg an Burgern und Pommes und suchten wie Teenager im Netz nach irgendwelchen Ideen, die unserer Kreativität einen Anreiz geben könnten. Die Betonung hier lag auf dem Konjunktiv könnte, denn nach einer langwierigen Suche waren wir immer noch nicht schlauer als zuvor. "Mir reicht es jetzt. Es kann doch nicht sein, dass wir beide keinen Plan davon haben, wie wir unsere Männer überraschen könnten. Wir sind ja die totalen Versager-Ehefrauen." Ann-Kathrin und ich brachen in schallendem Gelächter aus. "Wir haben noch einen Plan Z, unsere letzte Chance. Es gibt nur einen, der wüsste was Marco gefallen würde. Ich rufe jetzt Mario an." sagte sie entschlossen und ich hatte nicht vor dagegen zu rebellieren.

OptimistinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt