11.

1.2K 52 18
                                    

Nach meinem Mädelsabend bei Ann-Kathrin, bin ich über Nacht spontan bei ihr geblieben. Wir hatten uns einfach dazu entschieden, auf dem Sofa zu übernachten, nachdem wir abgesehen vom Spiel noch drei Disney Filme gesehen hatten und im Fresskoma lagen. Am nächsten morgen frühstückten wir noch zusammen mit den zwei Kleinen, bis ich leider los musste. Manchmal half ich sonntags morgens beim Training der Jugendmannschaften, so wie diese Woche eben. Wenn Marco auswärts spielte, hatte ich Sonntags meistens eh nichts besseres zu tun. Die Jugend ein bisschen über den Platz zu scheuchen machte mir Spaß. Zumal ich mich dafür nicht großartig bewegen musste, bei meinem Muskelkater. In meinem Hinterkopf schwirrte aber immer wieder das eine Thema herum. Ich musste es Marco sagen, das ich die Pille abgesetzt habe. Da war der Stress ja mal wieder vorprogrammiert. Jetzt wo ich aber wusste, dass ich definitiv nicht schwanger war, konnte er mir ja eigentlich nicht böse sein, oder? Ich duschte noch in Brackel, bevor ich mich um Mittag herum wieder auf den Weg nach Hause machte. Verwundert darüber, dass Marco schon da war, öffnete ich die Haustür. Schon vom Eingangsbereich, sah ich wie er nachdenklich auf dem Hochstuhl an der Küchentheke saß. Mein Blick wurde weich, als ich ihn erreichte: "Was ist, schlägt dir die Niederlage auf den Magen?" fragte ich behutsam und küsste seine Schläfe. Er stieß Luft aus und musterte mich sauer. Ich runzelte meine Stirn, irgendwie wurde mir plötzlich ganz schlecht. "Mir schlägt etwas ganz anderes auf den Magen." keifte er mich plötzlich an. Ich strich mir meine Haare hinter die Ohren und umgriff meine Körpermitte schützend: "Wa- was ist denn los?" stammelte ich ahnungslos. Er pfefferte wortlos den Schwangerschaftstest, den ich letzte Woche gemacht hatte und ohne darauf zu schauen in die Tonne geworfen hatte weil Elena klingelte, auf die Theke und schaute mich wortlos aber dafür wütend an. Mist, das musste jetzt auch so kommen. Wie sah das denn jetzt aus? Als würde ich ihm ein Kind anhängen wollen. Wieso dachte ich sowas? Schließlich waren wir verheiratet und das nicht erst seit gestern. Andererseits hatte er mir klipp und klar gesagt er wollte erstmal kein Kind. Vor ein paar Wochen, als ich die Pille abgesetzt hatte, hieß es aber noch das Gegenteil. Mir wurde ganz warm vor Nervosität und ich brachte kein einziges Wort heraus. "Was soll das?" fragte Marco mich vorwurfsvoll. Sein Blick durchlöcherte mich förmlich, war kalt und emotionslos. "Ist doch egal, der ist sowieso negativ." murmelte ich leise und mit reinem Gewissen, schließlich war der Test gestern es auch. Marcos Stirn legte sich in Falten: "Hast du Tomaten auf den Augen oder willst du mich hier gerade verarschen?" schrie Marco mich plötzlich wütend an und stand von seinem Stuhl auf. Ich erschreckte mich richtig. Noch nie hatte er mich so angeschrien, dass ich Angst vor ihm bekam. Mit zittrigen Händen löste ich mich also aus meiner mich selbst schützenden Haltung und griff nach dem Test, der tatsächlich zwei Striche anzeigte. Unter anderen Umständen hätte ich mich vielleicht gefreut, aber erstens hatte ich gerade derben Ärger an der Backe, zweitens war der Test von Ann-Kathrin gestern negativ und drittens stand ich schließlich mit Schwangerschaften immer noch auf dem Kriegsfuß. Ich schaute meinen Mann mit zusammengepressten Lippen an: "Beruhige dich, das Ergebnis von dem Test ist falsch." murmelte ich leise und versuchte, nicht gleich drauf los zu heulen. Marco lachte hämisch und schüttelte den Kopf: "Wahrscheinlich!" zischte er aufgebracht. "Doch. Gestern Abend habe ich noch einen bei Ann-Kathrin gemacht und der war negativ." versuchte ich ihm möglichst sachlich zu erklären. Marco hingegen strotzte nur so vor Unsachlichkeit - er hatte schon längst eine Grenze überschritten, das schien ihn jedoch nicht zu interessieren. "Warum machst du einen Schwangerschaftstest bei Ann-Kathrin?" fragte er irritiert und immer noch so laut, dass ich mir am liebsten die Ohren zugehalten hätte. "Jetzt beruhige dich bitte. Ich hatte diesen Test schon in den Müll geschmissen, ohne ihn überhaupt abzuwarten. Ich wollte es dir schon länger sagen, aber ich habe ehrlich gesagt auf den richtigen Zeitpunkt gewartet und dann, ja, dann hast du auf einmal gesagt doch kein Kind, nachdem es zwei Wochen vorher hieß, lass es uns probieren. I- Ich habe die Pille aber direkt nach dem du mir eigentlich das Go gegeben hattest abgesetzt vor ein paar Wochen." stammelte ich ein wenig kleinlaut. Vor lauter Wut wurde Marco ganz rot: "Und du hältst es für unwichtig, das vorher mit mir zu besprechen oder wie soll ich das jetzt deuten?" fragte er mich verständnislos. "Doch es ist wichtig, aber was kann ich denn dafür, dass du alle paar Wochen deine Meinung änderst?" fragte ich nun doch schnippisch. Eigentlich wollte ich genau das vermeiden. Marco verschränkte seine Arme vor der Brust: "Ich glaube es nicht und jetzt? Haben wir wirklich ein Kind an der Backe?" fragte er gefühlskalt. Meine Augen wurden riesig und fingen gefährlich an zu brennen. So langsam fiel es mir wirklich schwer die Tränen zurück zuhalten: "Wie kannst du nur so von einem möglichen Kind reden, wenn wir unser erstes doch verloren haben? Ich erkenne dich gar nicht wieder!" brüllte ich plötzlich drauf los. Marco fuhr sich mit den Händen durch sein ohnehin schon rotes Gesicht und schnaubte wütend: "War ja klar, dass du jetzt wieder die Heulnummer schieben musst." murmelte er leise. Ich schüttelte meinen Kopf und riss ihm wütend die Hände von seinem Gesicht weg: "Ne, jetzt hörst du mir mal zu und guckst mich gefälligst an wenn ich mit dir rede! Ich weiß, ich habe nicht alles richtig gemacht in den letzten Wochen, aber du treibst das Elend doch hier gerade auf die Spitze. Du kannst mich mal, du Schwein." den letzten Rest murmelte ich nur noch so vor mir her. Ich wusste er hörte mir sowieso nicht zu. Es war so, als würde ich in fremde Augen schauen, anstatt in seine. War das wirklich Marco? Ich wartete ein paar Sekunden ab, gab ihm die Chance zu reagieren, die Chance zu handeln, sich zu entschuldigen, die Chance das was hier gerade abging Revue passieren zu lassen. Nach ein paar endlos langen Sekunden der Stille aber, fackelte ich nicht lange. Ich ging nach oben, packte mir die wichtigsten Sachen für die nächsten Tage in eine große Tasche, schlüpfte in die selben Sneaker die ich vor wenigen Minuten noch ausgezogen hatte und schnappte nach meiner Jacke. Danach verließ ich wortlos unser gemeinsames Haus.
Im Auto brauchte ich nicht lange überlegen. Ich fuhr einfach zu meinen Eltern, nachdem ich mir die Tränen unter den Augen weg wischte. Dieser Mann war gerade definitiv nicht der gewesen, den ich freiwillig geheiratet hatte. Hätte ich doch nur vorher gewusst was das Absetzen der Pille für Auswirkungen auf unsere Ehe haben würde und auf Ann-Kathrin gehört. Wie hasserfüllt er mich angestarrt hatte. War es das jetzt gewesen mit unserer Ehe? Und viel wichtiger; war ich jetzt schwanger oder nicht?

OptimistinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt