(Part 2) Icy Waters (Teil 6/7 )

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d/V = dein Vorname

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Wieder pressten sich deine Hände um seinen Kiefer, deine Lippen zitternd, als ein ersticktes „Jake? Jake?" hastig über sie stolperte. Seine Hand war mit einem dumpfen Klacken auf den rostigen Boden gefallen. In dem Moment, in dem du sie losgelassen hattest. Sein Kopf schwer in deinen Händen. Er reagierte nicht. Das blasse Rot seiner LED nur noch ein schwacher Puls im Dämmerlicht, der langsam versiegte. „Jake?" Jetzt war sein Name nur noch ein Flüstern, erstickt von Panik. Du konntest etwas in dir brechen hören, doch es würde nicht mit jedem Schritt knacken, den du machtest. Du würdest einfach nicht mehr aufstehen. Ferne Schreie, Schüsse, das Knirschen von Metall...nur ein dumpfer Schleier, der kaum deine Wahrnehmung berührte. Zwei porzellanweiße Finger, die sich auf Jakes Handgelenk legten, nur ein Zucken am Rande deines Blickfeldes. Die heisere Stimme des RK, nichts als ein fernes Rauschen. „d/V". Du nahmst nur das Gefühl kühler, feuchter Haut unter deinen Fingerspitzen wahr. Strichst mit deinem Daumen über Jakes Wange, konntest nicht aufhören, ihn zu berühren, ihn zu spüren. „d/V". Niemals würdest du Jake loslassen, es würde ihn endgültig in eine namenlose Schwärze entgleiten lassen, die ihn für immer von dir trennen würde. Die Kälte der „Jericho" schien plötzlich wieder in dich zu kriechen, ließ dich zittern. Du zucktest zusammen, als du plötzlich eine Hand auf deinen Arm spürtest. „d/V." Diesmal war die raue Stimme des RK eindringlich genug, um dich zu erreichen. Du blicktest in Connors Augen auf, die sich einen Moment weiteten, als sie deinen Gesichtsausdruck sahen. „Er ist in Stasis." fügte er dann mit zusammengezogenen Augenbrauen hinzu. Du starrtest ihn an. Seine Worte rieselten nur langsam durch die Verengung deiner Wahrnehmung in dein Bewusstsein, es brauchte einen Moment, bis du endlich ein gepresstes „Was?" hervorstoßen konntest. „Stasis. Eine Art Notfall-Stand-by." erklärte Connor, seine Stimme warm, wie die Hand auf deinem Arm. Nur einen Moment der Gedanke, warum seine Finger so warm waren, wenn Jakes es nicht mehr sein konnten. „Er...lebt?" hauchtest du. Connor zögerte einen Moment, ehe er antwortete. „Ja, er...lebt." Dein Blick blieb an deinen Fingern hängen, blau verschmiert. Als könntest du deinen Augen mehr trauen, als der Stimme des RK800. Doch der Puls von Jakes LED war zweifellos nicht versiegt, ein langsames, schwaches Blinken. Dumpfe Schüsse hallten, panisch stolpernde Schritte, die sich mit dem Stöhnen der „Jericho" mischten. Nicht mehr allzu weit entfernt. Connor hatte sich ruckartig umgesehen, ehe er sich wieder zu dir drehte, seine Stirn gerunzelt, eine tiefe Furche zwischen seinen Augenbrauen. Du wusstest, dass ihr keine Zeit hattet. Er brauchte keine Worte. Doch es war keine Frage, dass du Jake hier rausholen würdest, koste es, was es wolle. Du schnieftest, schütteltest die Berührung des RK ab, ehe du mit dem Jackenärmel über dein Gesicht wischtest. Ein Räuspern ließ etwas Kraft in deine Stimme zurückkehren. „Was können wir tun?" fragtest du rau, entschieden. Der RK blinzelte, doch ein Blick in deine Augen sagte ihm, dass jeder Widerspruch an der eisernen Hülle deiner Entschlossenheit abprallen würde. „Ein Schuss hat eine Hauptleitung durchtrennt. Wenn wir den Thyriumverlust stoppen können, hat er eine Chance." flüsterte Connor dann hastig. „Wie?" fragtest du nur mit gerunzelter Stirn, eine Hand immer noch unwillkürlich über Jakes Wange streichelnd, als müsstest du ihn beruhigen, stützen, schützen. Der RK blickte dich kurz an, ehe er sich mit einem „Warte hier." erhob, mit dem Knirschen, dass du hörtest, die Lippen aufeinanderpresste. Doch er wandte sich ohne ein weiteres Wort von dir ab und rannte geduckt in die Richtung, aus der ihr gekommen wart, bis er zwischen rostigen Containern und geborstenen Kisten verschwunden war. Es brauchte einige dumpfe Schüsse, ein paar ferne Schreie, etliche rasende Herzschläge und gefühlt zu viele Atemzüge, die in eiskalter Luft kondensierten, ehe du wieder Schritte im Gang hallen hörtest. „Was hast du...?" fragtest du und unterbrachst dich, als der RK sich neben dich kniete und nur kurz eine Rolle graues Klebeband hochhielt. Dreckig. Er hatte bereits den Kragen von Jakes rotem T-Shirt aufgerissen und seine Brust entblößt, als du ein „Ranziges Duct Tape?" hervorstießt. „Wir können nur improvisieren..." meinte Connor, während sich seine schlanken Finger auf Jakes Brust legten, sich plötzlich die künstliche Haut zurückzog und die weiße Verschalung darunter enthüllte. Sie wussten genau, was sie taten, als sie in das klaffende Schussloch griffen, das die Kugel hinterlassen hatte, die kleine Brustplatte abhoben und das Blitzen zwischen blauem Blut in Jakes beschädigter Mechanik enthüllten. Du schlucktest, als du das langsame Zucken seines mechanischen Herzens wahrnahmst. Du wolltest etwas tun, es ermutigen weiter für dich zu schlagen, konntest deine Augen nicht von der bebenden Biokomponente abwenden, als müsstest du dich immer wieder vergewissern, dass noch Leben in ihm pulsierte. Du bemerktest kaum, wie Connor nach den Enden einer zerfetzten Leitung griff, ein „Halte, drück sie zu." in deine Richtung schnappte. Du gehorchtest mechanisch, ließt das Thyrium versiegen, das herausgespritzt war, deine Hand hinablief, den Ärmel deiner Jacke blau färbte. Versuchtest das Zittern deiner Finger zu unterdrücken, als dir bewusst wurde, dass du im wahrsten Sinne des Wortes Jakes Leben in deinen Händen hieltst. Du hörtest ein Reißen, dann wieder Connors raue Stimme. „Halte sie zusammen." Der RK800 arbeitete rasch, präzise. Jetzt waren es ein paar Lagen Duct Tape, die Jake noch an deiner Seite hielten. Ihr zucktet beide zusammen, als plötzlich ein lautes Klacken hinter euch hallte. Unwillkürlich ducktest du dich hinter Connor gegen die Wand, Rost unter deinen brennenden Fingerspitzen abblätternd, als zwei Gestalten auf euch zu stolperten. Ein männlicher Android zerrte einen anderen durch den Gang, die weiße Uniform tiefblau über seiner Brust. Kurz zuckten grüne Augen zu dir, ein Zögern, doch dann wandten sie sich wieder ab, eilten beide einfach an euch vorbei, nur ein gemurmeltes „Tut mir leid...ich kann nicht...kann wirklich nicht..." noch an dein Ohr dringend. Dein Blick folgte ihnen einen Moment den Gang hinab, blieb an einem klaffenden Loch in der Hülle hängen, das sich in die Dunkelheit öffnete. Sie verschwanden aus deinem Blickfeld, kurz darauf das Geräusch zweier schwerer Körper, die auf Wasser prallten. „Unser Weg hier raus." meinte Connor rau, als du dich ihm wieder zuwandtest. Ehe du etwas erwidern konntest, riss er erneut Duct Tape ab und hielt es dir mit einem forschen „Stirn und Schulter." hin. Hastig presstest du das Klebeband auf die Löcher in Jakes karamellfarbener Haut, verschlosst die Wunden. Connor hatte die Brustplatte wieder an ihrer ursprünglichen Stelle platziert, als sich sofort künstliche Haut über das blasse Weiß zog, unstet um das Einschussloch zuckte. Hastig war auch diese Verletzung mit klebriger Plastik verschlossen. Connor wollte sich gerade erheben, als du nach seiner Jacke griffst. „Jetzt du." meintest du entschieden. Er zog die Augenbrauen zusammen, sah dich nur an, ehe er wieder versuchte aufzustehen. Doch du ließt ihn nicht los. „Zieh die Jacke aus." fordertest du scharf. Connor fand seine Stimme wieder. „Wir haben keine..." - „Schnell! Ich bezweifle, dass sich Wasser gut in deiner Mechanik macht." Endlich gehorchte er zögerlich, sah dich verunsichert an. Connor wandte dir seinen Rücken zu, während er rasch die Lederjacke und das Hemd darunter über seine Schultern streifte. Du wartetest nicht weiter, zerrtest eilig den Hoody nach oben, dessen Saum er gerade hatte greifen wollen. Er zuckte zusammen, als deine Hand seine bloße Haut streifte, blaue Spuren auf ihrer hellen Oberfläche hinterließ. Doch er hielt still. Der RK war schwerer beschädigt, als du gedacht hattest. Ein tiefer Riss, der sich zwischen seinen Schulterblättern nach unten zog, mit jedem seiner künstlichen Atemzüge knirschend aneinander rieb, das Blitzen beschädigter Mechanik enthüllte, künstliche Haut, die erfolglos versuchte, die Lücke zu schließen. Thyrium, das in dickflüssigen Schlieren aus der Wunde rann. Der Blick auf den Schaden ließ dich unbewusst deine Schultern nach oben ziehen. Nur wenige Zentimeter weiter rechts und es hätte seine künstliche Wirbelsäule zerschmettert. Du schlucktest, legtest einen Moment deine Hand auf den Riss, ignoriertest die azurfarbene Flüssigkeit, die über deine Finger lief. Du hattest dich an das Gefühl gewöhnt, Blut an deinen Händen zu haben. „Danke." flüstertest du, ehe du entschieden das Duct Tape auf seine Haut presstest. Er wandte dir nur sein Profil zu und nickte mit zusammengepressten Zähnen. Die Wunde war rasch provisorisch mit grauen Bändern verschlossen und du zogst den Hoody wieder nach unten. Eine Erschütterung ließ dich nach hinten taumeln, leere Plastikkanister klappernd über den Flur schlittern, als du dagegen stießt und auf deinem Hintern landetest. Connor war bereits aufgesprungen, hatte Jakes Arm um seine Schultern gelegt und seinen kraftlosen Körper nach oben gezogen. Dein Blick zuckte in den Gang, als du Stimmen hörtest, Befehle, die gebellt wurden. Du sahst nur kurz mit schreckgeweiteten Augen zu Connor auf, ehe du mit einem dumpfen Klacken wieder auf deine Füße sprangst und Jakes anderen Arm griffst. Connor schüttelte den Kopf. „Ich mach das. Nimm die Kanister." Du gehorchtest.  

Eine Explosion musste die Hülle zerrissen haben, geborstenes Metall umrahmte ein klaffendes Loch, das in die Dunkelheit führte, das Geräusch von Wasser nach oben trug, das gegen den Rumpf schwappte. Jake saß  zwischen euch, aufrecht gehalten von dem RK800, auf dessen Schulter sein Kopf ruhte. Die schweren Schritte auf knirschendem Stahl näherten sich immer noch, als du mit einem hastigen Reißen die Pappe von dem Duct Tape trenntest, mit dem ihr provisorisch die Kanister an Jakes Rücken befestigtet. Es erleichterte euch eure Rettung, dass dein Freund nicht atmen musste. Nur schwimmen. Connor zog Jakes bewusstlose Gestalt zur Öffnung, legte ihn vorsichtig am Rand ab. Thyrium hatte feuchte Flecken auf dem schwarzen Stoff seines Hoodys hinterlassen. Er blickte zu dir auf, als du dich neben ihn hocktest, braune Augen schienen plötzlich tief in dich zu blicken. Du spürtest eine Hand auf deiner Schulter. „Es...tut mir leid." flüsterte er, seine Stimme gepresst, dunkel. Du starrtest den RK an, ehe das Verstehen langsam in dein Bewusstsein sickerte und dich schlucken ließ. „Was ich damals..." Das Flirren eines Schusses unterbrach ihn und ließ euch hastig hinter einer Transportkiste Deckung suchen. „Wow... Unsere Chancen stehen nicht gut, hm, RK?" presstest du bitter hervor. Du hörtest Holz splittern, das Klingen von Metall. Er sah dich an, sein Ausdruck undurchdringlich. „Statistisch gesehen gibt es immer eine Chance." Du bisst auf deine Lippe, spürtest eine Enge in deiner Kehle. Jetzt sahst du Funken, wo Schüsse von rostigem Stahl abprallten. Deine Hände schienen an der Wand anzufrieren, als du dich an ihr abstütztest, um dich vorsichtig wieder zu der gähnenden Öffnung zu schieben, Connor direkt hinter dir. Du spürtest eine kühle Brise auf deinen Wangen, als sich endlich die Dunkelheit dieser verfluchten Detroiter Winternacht direkt vor dir ausbreitete. „Schwimm dorthin." flüsterte der RK rau, als dein Blick seiner Hand folgte, die auf den Umriss einer signalgelben Leiter weit unten deutete. Nur ein Schemen in der Dunkelheit, der hinauf zum maroden Dock führte. Dann zerrte er plötzlich seine Mütze herunter, zog sie rasch über deinen Kopf und zog den Reißverschluss deiner Jacke zu. Er packte deine Schultern, drehte dich zu ihm. Sein eindringlicher Blick jagte einen Schauer über deinen Rücken. „Halte deine Nase zu und die Luft an, wenn du springst. Du wirst sehr wahrscheinlich einen Kälteschock erleben und reflexartig Wasser einatmen. Versuche deinen Kopf über Wasser zu halten. Bekomme keine Panik, ich bin in deiner Nähe und werde dir und Jake helfen. Klar?" flüsterte er hastig. Du blinzeltest. Dein Gehirn versuchte seine Sätze zu verarbeiten, doch irgendwie hing es sich an dem Wort „PANIK" auf. Ließ dich auf die LED an seiner Schläfe starren, die du jetzt unter wirren, braunen Haarsträhnen erkennen konntest. Ein brennendes Rot. Du konntest nur deinen Mund öffnen, nichts kam hervor. „Du wirst schnell die Fähigkeit zu schwimmen verlieren. Bewege dich nur langsam, sonst kühlst du schneller aus. Und vor allem: KEINE PANIK! KLAR?" wiederholte er rasch und griff deine Oberarme fester. Mit deinem schwachen „Klar." ließ er dich los und nickte zur Öffnung in deinem Rücken. Die Schritte wurden lauter. Jetzt konntest du verstehen, was die statischen Stimmen brüllten: „Keine Bewegung!" Wie in Trance hocktest du an der Kante, blicktest mit zusammengepressten Lippen in die undurchdringliche Dunkelheit des Detroit River. Deine Brust wurde eng. KEINE PANIK. „Spring." zischte er. Du gabst Jake einen letzten Kuss auf die Stirn, ehe du ihn über die Kante drücktest, seinen Körper in die unendlich scheinende Tiefe fallen ließt, dann deine zitternden Beine über den Rand schwangst. Sie hatten kaum die Kraft, um dich abzustoßen. Also gaben sie einfach nach, als du dich nach vorne neigtest und unkontrolliert in die schwarze Leere zwischen Schiffsrumpf und eiskaltem Wasser stürztest. KEINE PANIK.

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So, das war wieder ein ellenlanges Kapitel... Ich freue mich über ein Sternchen, wenn euch meine Arbeit gefällt und natürlich eure Meinung in den Kommentaren!! : ) Ich hoffe, ihr bleibt dabei und liebe Grüße von eurer CrushCon : )

Blue Blood (ConnorxReader)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt