(Part 3) Broken Shells (Teil 5/ 6)

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Der Schnee gab mit einem klagenden Knirschen unter Connors Gewicht nach. Schwankende Schritte, den Arm gehoben zum Schutz gegen die Böen, die rücksichtslos gegen sein Gesicht schlugen. Kaum möglich die Augen zu öffnen, der Garten um ihn bläulich schimmernde Düsternis. Jeder Eiskristall, der durch die Dunkelheit gepeitscht wurde, ein Stich auf seiner Haut. Eine Empfindung, die er noch nie gespürt hatte, seine Glieder haltlos zittern ließ. Wie eine Marionette, die jemand achtlos schüttelte. Die Strippen so verworren, dass keine vernünftige Bewegung mehr möglich war, nur trunken unsichere Schritte. Doch es war nicht nur die Kälte. Etwas wühlte sich durch sein Innerstes, als hätte jemand sein Selbst gewaltsam aufgebrochen und krampfte die Hand in das empfindliche Gebilde seiner Programmierung, riss rücksichtslos Zeilen von Code auseinander. Produzierte rotblinkende Warnmeldungen in seinem Sichtfeld. Kein Pfad hinaus, grobe Umrisse von Bäumen alles, was der Blizzard Connor erkennen ließ. Dunkelheit und Chaos. Nur eine große Gestalt nicht weit von ihm schien ungerührt von der virtuellen Naturgewalt, die an ihrem weißen Jackett zerrte. „Was... was passiert hier?" stieß Connor hervor, seine Stimme verzerrt, gepresst. Es kostete Energie die Worte zu artikulieren. Dabei waren sie nur ein Schatten in seinem Kopf, einem Programm. Der RK900 stand vor ihm, sah sich um. Das Grau seiner Augen kalt wie die Eispartikel, die um sie stoben, als er wieder seinen Vorgänger fixierte und den Kopf schief legte. Plötzlich eine tiefe Furche zwischen seinen Augenbrauen. „Du widersetzt dich der Neuprogrammierung."

Der Schlag. Der Konter. Noch ein Haken. Der Griff. Zwischen zwei stechenden Atemzügen. Alles zu schnell passiert, als das du deinen Körper dazu hättest bringen können, einzugreifen. Du konntest nur auf das makellose Weiß der Finger starren, die sich mit gnadenloser Kraft um Connors Hals geschlossen hatten, seinen Arm zu Boden pressten. Seine Hand in der gleichen Farbe glänzend. Connors LED ein zuckendes, grelles Rot. Der RK900 über seiner Gestalt hockend. Der Blick in ihren Augen starr. Beide bewegungslos. Dein Puls war stechend, presste das Blut zu rasch in deine Adern. Trieb dich hoch, der Boden kalt, als du deine Hand auf der spiegelnden Oberfläche abstütztest, dich aufsetztest und nach vorne lehntest. Connor. Doch du zucktest zurück, als wärst du gegen eine Wand gelaufen. Sie bestand aus einem Paar grauer Augen. Der Android hatte dir sein scharfes Profil nur leicht zugewandt, der Griff um Connors Hals unverändert. Die Brauen zusammengezogen, ein Ausdruck, der mit einem Mal Übelkeit in dir aufsteigen ließ, den Arm auf den du dich stütztest plötzlich schwach und zittrig werden ließ. Die Warnung in dieser blassen Iris war dir ungewollt vertraut.

„Spürst du Angst?" Der Ausdruck des RK900 hatte sich geändert. Wärmer. Mitfühlend. Connor erstarrte. Inmitten von Kräften, die so hart an ihm zerrten. Keine Kontrolle darüber, wie sich unter dem Griff seines Nachfolgers Buchstabe für Buchstabe seines Codes auflösten, um nach und nach zu einem Frankensteinmonster zusammengeflickt zu werden, das nichts mehr mit seinem Selbst zu tun hatte. Connor hatte sich immer auf seine Prä-Konstruktionen verlassen. Die wahrscheinlichsten Auswirkungen einer Entscheidung zu kennen hatte ihm eine gewisse Sicherheit gegeben, Macht über die Situation. Diese verstörende Empfindung, die ihn jetzt einnahm, ganz anders. Ein Zittern, das nicht mehr nur die harsche Kälte verursachte, die auf einmal fühlbar geworden war. Kontrollverlust, tief wühlende Unruhe. Absolut unangenehm. Etwas, dass man nur ertragen konnte, wenn man wusste, dass es endlich war. Sein Körper plötzlich zu eng, während sich seine Arme unbewusst um ihn schlangen, versuchten zu halten, was haltlos geworden war. Eine hilflose Geste, die nichts bewirkte. Connor hatte diese Emotion noch nie gespürt. Nicht als die Soldaten euch bedroht hatten. Nicht, als ihr in den Detroit River gesprungen wart. Nur einen Moment leicht gekostet, als ihr von der Galerie gestürzt wart. Sein Körper die Schutzhülle um deinen, die der Energie des Aufpralls mit einem harten Brechen nachgegeben hatte. Als er das erste Mal Schmerz gefühlt hatte. Beschädigung tat weh. Es war ähnlich der Emotion, die er empfand, wenn er dachte, dass jetzt wohl zu Ende war, was auf der Jericho begonnen hatte.

Blue Blood (ConnorxReader)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt