Kapitel 2 - Das Holzhaus

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Wie ich es einfach liebte hier draußen in Søvang am Meer zu sein und zu malen. Die Luft wehte hier ganz anders, alles roch viel frischer und hörte sich einmalig an. Möwen sangen ihre Lieder hoch oben am Himmel und die Sonne stand tief am Horizont und hüllte die Umgebung in ein gelbliches magisches Licht ein.

Ich stand dick einwickelt in einer Decke vor meiner Leinwand und hatte es fast geschafft, diese Stimmung einzufangen.

Ich war über das Wochenende zu meinen Eltern raus auf das Land gefahren. Erstens, weil ich selber etwas Luft zum Atmen gebraucht hatte und zweitens, weil Hvitserk fast jede erdenkliche Minute bei Ivar verbrachte und Aufgaben und Aufträge für ihn erledigte. Ich nahm Ubbes Worte hingegen etwas ernster und wollte mich soweit es ging von Ivar fernhalten. Hvitserk hatte ich am Tag nach Aslaugs Beerdigung erzählt, dass Ubbe da gewesen war und eigentlich mit ihm statt mir reden wollte. Doch er hatte seine Worte mit einer wegwischenden Geste abgetan und war davon gestapft. Man merkte einfach, wie enttäuscht er von seinem Bruder und einstigem besten Freund war und dieser Schmerz saß tief und würde so schnell nicht mehr verheilen, da war ich mir sicher.

Also war Abstand vermutlich gerade einfach das Beste für alle in der Mafia, auch wenn es mir schwer viel, keinen täglichen Kontakt mit ihm zu haben, wo wir doch sonst im letzten halben Jahr jeden Tag zusammen verbracht hatten und fast nie voneinander getrennt gewesen waren. Ich vermisste ihn um mich herum, aber konnte es zurzeit einfach nicht anders handhaben.

„Na, das sieht doch schon sehr vielversprechend aus!"

Ich drehte mich nach hinten um und sah meinen Vater auf mich zukommen, in jeder Hand jeweils eine Flasche Bier, von der er mir eine reichte, sobald er vor mir und meiner Leinwand zum Stehen gekommen war. Ich nahm die kalte Flasche lächelnd entgegen.

„Ja, es könnte was werden", sagte ich, obwohl ich wusste, dass ich schon fast damit fertig war und es echt ganz gut aussah.

„Ist dir nicht kalt hier draußen, Schatz?"

„Ach nein, ich hab doch die Decke hier. Außerdem tut das mal ganz gut", ich atmete demonstrativ tief durch.

Er setzte sich auf die Bank, die neben mir stand und zum Meer ausgerichtet war.

„Komm, setz doch zu mir oder musst du gerade weiter malen?"

„Nein, ich schätze, einen Augenblick kann ich mal aussetzen", ich legte meinen Pinsel beiseite und nahm neben ihm Platz. Papa seufzte knapp und wir nahmen dann gleichzeitig einen Schluck vom Bier.

„Ich find's schön, dass du hier bist Sofie. Du hast uns gefehlt."

„Ihr mir auch."

„Du warst schon lange nicht hier draußen."

„Das stimmt", gab ich seufzend zu. Ich hatte diese ruhige Welt hier auch vermisst, auch wenn ich mein neues Leben auch sehr liebte.

„Aber du hättest diesmal auch ruhig deinen Freund mitbringen können."

„Das ist grad bisschen schwierig", sagte ich kleinlaut und trank wieder vom Bier ohne ihn anzusehen.

„Habt ihr Streit?"

„Nein, nein", fuhr ich gleich fort, „aber in seiner Familie gibt es zurzeit ein wenig Stress. Er braucht einfach etwas Zeit für sich und seinen Bruder."

„Solange er gut zu dir ist."

„Das ist er, Paps, keine Sorge."

„Und dich nicht wieder ins Krankenhaus befördert", fügte er hinzu, als hätte er meinen letzten Satz überhört.

Vikings of Copenhagen | Teil II | - pausiert -Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt