Kapitel 4 - Das Abendessen

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Man merkte, dass sich der Sommer so langsam verabschiedete und der Herbst in seine Fußstapfen treten wollte. Als es immer unangenehmer wurde und uns der Wind vom Strand vertrieb, gingen wir zurück zum Haus meiner Eltern und standen eine Weile vor Hvitserks weißem BMW. Ich hatte gesagt, dass er auch gerne noch mit hoch kommen könnte, doch er war sich nicht so sicher wegen meinem Vater. Er wollte keine unnötig angespannte Stimmung provozieren, doch da hatte er die Rechnung ohne meine Mutter gemacht.

Hvitserk und ich waren gerade soweit, dass wir uns voneinander verabschieden wollten, da ging die Haustür auf und meine Mutter schritt auf uns zu, in einer Hand ein Handtuch, in der anderen einen halb zerrupften Salatkopf. Ihre braunen Haare hatte sie zu einem hohen Dutt gebunden, damit sie ihr beim Kochen nicht in das Gesicht fielen und ihre Augen leuchteten, als sie uns entdeckte.

„Na Hvitserk, du wirst doch wohl nicht abhauen, ohne bei uns zu Abend gegessen zu haben oder?!", sie kam kurz vor uns mit einem einladenden und gleichzeitig vorwurfsvollem Grinsen zum Stehen.

Hvitserk nahm seine Hand augenblicklich von meiner Hüfte und stellte sich aufrechter hin.

„Das ist sehr nett von Ihnen Mrs Madsen, aber ich möchte Ihnen keine Umstände bereiten."

„Also wirklich", setzte sie an und sah tadelnd zu mir, „hast du ihn etwa nicht eingeladen Sofie?"

„Ich hab es versucht", gab ich lächelnd zu und sah ihn von der Seite schief an.

„Na dann, keine Widerrede. Kommt rein, das Essen ist gleich fertig", ohne Hvitserk oder mir die Möglichkeit für Protest zu lassen, machte sie auf dem Absatz kehrt und ging zurück in das Haus.

Hvitserk warf mir einen verärgerten Blick zu, doch ich wischte es nur mit einem breiten Lächeln weg, nahm seine Hand in meine und führte ihn vom Auto weg.

„Dagegen kommt man nicht an", meinte ich noch, als wir eintraten und die Tür hinter uns schlossen.

„Ich weiß nicht, ob das ne gute Idee ist", flüsterte er, als wir unsere Schuhe auszogen.

„Mach dir keinen Kopf", sagte ich nur und zog ihn ins Wohnzimmer, wo mein Vater auf seinem Sessel saß und in einer Zeitung blätterte. Als wir eintraten, schnellte sein Kopf sofort zu uns herum.

„Sofie", setzte er freudig an, doch sein Gesicht verzog sich sofort zu einer ernsteren Miene, als er Hvitserk hinter mir bemerkte.

„Sieh mal, wer heute mit uns zu Abend isst", sagte ich und zeigte hinter mir.

„Ja, das sehe ich", er legte die Zeitung beiseite und erhob sich, „hast ihn also doch mal mit hergebracht, so wie wir es dir schon oft gesagt haben", grummelte er und ging auf Hvitserk mit ausgestreckter Hand zu.

„Guten Abend Mr Madsen", kam es kleinlaut von Hvitserk, der vorsichtig die Hand meines Vaters schüttelte.

„Was hast du da im Gesicht Junge?"

Ich seufzte, weil wir beide ganz vergessen hatten uns dafür eine plausible Ausrede einfallen zu lassen.

„Ich wurde von meinem Partner beim Boxen erwischt", wich Hvitserk mit einem knappen Grinsen aus.

Oh, er war gut, dachte ich. Man hörte die Lüge fast gar nicht raus.

„Beim Boxen", wiederholte mein Vater etwas skeptisch.

„Ja, hab mich zu spät geduckt. Mein Fehler."

„Hm", Papas Blick schnellte zu mir herum und er sah mich besorgt an, doch ich zuckte nur mit den Schultern.

Vikings of Copenhagen | Teil II | - pausiert -Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt