CHAPTER 2
Nachdem er die Tür hinter sich zugezogen hatte, herrschte einen Moment Stille.
Mein Vater meldete sich als erstes zu Wort. „Ich werde gleich einen Termin bei", er drehte den Zettel mit der Überweisung, die ihm Dr Fleh in die Hand gedrückt hatte um und schaute auf den Namen," Dr Karl machen".
Mit den Worten verschwand er in der Küche.
Ich würde lügen wenn ich sage, dass das nicht typisch für ihn war.
Versteht mich nicht falsch, er war schon immer derjenige, der in unserer Familie alles wichtige geregelt hatte und darin war er auch wirklich gut. Nur war er eben auch sehr gut darin, in Situationen, in denen ich einfach meinen Dad brauchte, nicht da zu sein.
Ein Vater, der nur körperlich anwesend war, war eben auch nicht viel besser, als keinen Vater zu haben.
Die Welt um mich herum wirkte seltsam schwammig und ich hatte wirklich Mühe, mich auf irgendetwas zu konzentrieren. Wahrscheinlich war es einfach der Hunger, versuchte ich mir einzureden. Ich hatte zwar heute Morgen unsere Vorratskammer geplündert, jedoch bis jetzt noch nichts gegessen. Der Hunger war mir auch wirklich vergangen.
Plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Das Essen. Wie zum Teufel sollte ich so irgendetwas essen?
„Was ist los Schatz?" Meine Mutter hatte wohl irgendeinen übernatürlichen Elternradar, den nur Mütter zu haben schienen, denn sie spürte sofort, das etwas nicht stimmte. Genau wie jetzt.
„Ach, gar nichts, ich habe nur gerade daran gedachte, dass ich in spätestens 4 Tagen verhungert sein werde."
Meine Stimme triefte vor Ironie.
Sofort tat es mir leid, denn sie konnte wirklich am wenigstens dafür. Ich seufzte. „Es tut mir leid"
„Alles gut." Sie lächelte leicht.
„Was willst du denn Essen? Vielleicht können wir es irgendwie probieren."
Jetzt konnte auch ich mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. Das letzte mal, dass sie mir so freie Hand bei der Essensauswahl gelassen hatte, war schon sehr lange her.
Sofort war die Wut, die sich angefangen hatte, in mir aufzustauen, verschwunden.
„Wenn du schon so fragst, dann nehme ich auf jeden Fall Sushi"
„In Ordnung"Ich fischte mein Handy aus der Hosentasche und schob es zu ihr rüber.
„Ich glaube es macht mehr Sinn, wenn du bestellst." Leicht wedelte ich mit dem Kopf und in der Spieglung der Arbeitsplatte an der ich saß, konnte ich die Wolke hin und her wabern sehen.
Mein Vater schob sich durch die Küchentür und gesellte sich zu uns. Wie lange würde er jetzt bleiben, bevor er wieder dringend telefonieren musste? 10 Minuten? Für das Sushi würde es ja hoffentlich reichen. „Ich habe dir für Morgen einen Termin bei Dr. Fleh gemacht Kumpel."
Ich runzelte die Stirn. Es wäre interessant zu wissen ob sich meine Wolke jetzt auch in Falten legen würde.
„Du meinst Dr. Karl?"
Ich hob den Kopf und versuchte das Gefühl zu ignorieren, dass die Wolke sich immer enger um meinen Kopf zu legen schien.
„Ja, ja, sorry". Mein Vater sah sichtlich gestresst aus.
Schnell versuchte ich mich zu beruhigen um irgendwie dieses drückende Gefühl los zu werden.
Meine Hand bohrte sich in die Tischkante und ich versuchte mich an irgendeine Übung zur Beruhigung zu erinnern, doch vergeblich.
„Ich kriege keinen Luft mehr" presste ich heraus und versuchte in die Richtung zu blicken, in der ich meine Mutter vermutete. Sehen konnte ich nämlich nichts mehr, da mir die Wolke, die inzwischen pechschwarz geworden war, komplett die Sicht versperrte. Dann verschwand alles im Nebel.Ich blinzelte leicht und konnte zumindest wieder etwas erkennen. Meine Mutter schaute von oben auf mich runter und streichelte leicht meine Hand. Ich zog sie weg und richtete mich auf.
„Was ist passiert?"
„Du warst irgendwie weg." Meinte Mutter rieb sich die Schläfe. „Wie weg?"
Ich hievte meine Beine über den Rand des Sofas auf dem ich aktuell lag.
Wie war ich denn hier hin gekommen?
Da ich nicht davon ausging, dass ich in den letzten 20 Minuten die Fähigkeit, mich zu teleportieren erlernt hatte, konnte sie das ja wohl nicht wörtlich meinen.
Sie blickte zu meinem Vater hinüber und hatte dabei diesen speziell besorgten Elternblick drauf. „Leute, nun sagt schon"
Ich richtete mich auf und orientierte mich. Die Wolke war immer noch da, aber ich konnte immerhin schon wieder deutlich besser sehen als vorher,
Gott sei Dank.
Du warst.." Mein Vater kratzte sich am Haaransatz und ich könnte schwören, dass seine Haare von Minute zu Minute grauer zu werden schienen.
„Ja?"
„Schatz, die Nebelwolke war nicht mehr nur um deinen Kopf herum ausgebreitet.."
Meine Mutter schien sichtlich verwirrt zu sein. Willkommen im Club.
„Wo denn sonst noch alles?" „Überall Finn"
Ohne mein Zutun prustete ich los. Doch als ich in die Gesichter meiner Eltern blickte, in denen ich trotz Wolke die pure Verzweiflung erkennen konnte, hörte ich abrupt damit auf.
„Das war kein Witz?"
Mein Vater schüttelte leicht den Kopf. „Ich fürchte nicht"
Ganz toll. Ich würde es einfach zur Liste der Dinge hinzufügen, für die ich absolut keine Erklärung hatte.
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High
General FictionOb es leicht ist, sich von Arzt zu Arzt zu schleppen, die einem alle nur unendlich viele Medikamente verschreiben, nur um dann eine furchtbare Diagnose zu bekommen? Sicher nicht. Doch wirklich scheiße ist es, nach unendlich vielen Stunden, verbracht...