Der Morgen kam und ich wurde von einer Schwester, die das Frühstück brachte, geweckt. Ich hatte kaum Hunger. Dass das Frühstück aus zwei Scheiben wabbligem Weißbrot mit zwei Scheiben Käse und Tee bestand, machte das Ganze auch nicht viel besser. Ich aß es trotzdem. Nach dem Frühstück stand die Visite an. Charlotte kam mit zwei weiteren Schwestern in den Raum. Sie befragte mich über Befindlichkeiten und kontrollierte die Naht an meiner Wunde. Es sah so weit alles gut aus und Charlotte und die Schwestern ließen mich wieder allein.
Der Tag verging. Gegen Nachmittag bekam ich Besuch von meinem Vater. Er blieb nur kurz, gerade lang genug, um sich danach zu erkundigen wie es mir geht und mit mir ein paar Worte über die Schule zu wechseln. Irgendwie musste ich schließlich den versäumten Stoff nachholen. Nachdem das geklärt war, verließ er mich auch schon wieder, da der gestrige Notfall wohl doch eine größere Sache zu sein schien, die jetzt seine Aufmerksamkeit brauchte. Ich war das schon gewöhnt. Meine Mutter war vor einigen Jahren bei einem Autounfall gestorben, seitdem gab es nur noch ihn und mich. Allgemein würde ich sagen, dass wir beide das ganz gut weggesteckt haben, wir haben uns durch den Schock und die Trauer zurück ins Leben gekämpft. Ich bin seither aber viel allein. An sich hatte ich kein Problem damit, ich genoss die Ruhe geradezu, wenn ich ehrlich war, nur an so Tagen wie heute wünschte ich mir ein bisschen mehr Zuneigung und Unterstützung.
Ich stand auf, ich wollte meinen Kreislauf in Schwung bringen. An meinen Zugang war noch immer eine Infusion angehängt, ich zog diese an ihrem Ständer neben mir her. Auf einem Tisch, der in meinem Zimmer stand, lag mein Geldbeutel. In der Hoffnung irgendwo Kaffee zu finden den ich kaufen konnte, nahm ich ihn mit.Langsam schlich ich mich durch die Gänge der Intensivstation. Niemand war auf den Gängen zu sehen. Am Ende des Ganges war ein Fahrstuhl. Ich bewegte mich dorthin und betätigte den Knopf. Beim Fahren des Fahrstuhls wurde mir etwas flau im Magen, was sich über die Minuten die ich brauchte, um in ihm zu fahren, in Übelkeit verwandelte. Der Fahrstuhl hielt in der Notaufnahme. Etwas gekrümmt verließ ich den Fahrstuhl, die Ärztin, die am Empfang stand, drehte sich zu mir um. Etwas unsicher lächelte ich sie an. Ich wollte nicht, dass sie meine Schmerzen bemerkte. Ich befürchtete, dass sie mich sonst direkt zurück auf mein Zimmer schicken würde, ohne Kaffee. Glücklicherweise stand ein Kaffeeautomat in der Eingangshalle der Notaufnahme, also musste ich nicht mehr großartig weitersuchen, wo ich welchen fand.
„Kann ich dir irgendwie helfen?“, fragte mich die Ärztin und kam angelaufen, „Du bist hier in der Notaufnahme gelandet.“
„Ja, das sehe ich.“ Ich lächelte sie an und hoffte innständig, dass sie nicht bemerkte, wie es mir wirklich ging.
Die Ärztin musterte mich. Ich musterte auch sie und blickte auf ihr Namensschild. Miriam Dietz.
„Ist alles okay bei dir? Du bist ein bisschen blass um die Nase.“
Ich nickte.„Ja, alles gut. Ich habe nur ein bisschen Unterleibsschmerzen.“
Die Ärztin nickte verständnisvoll.
„Okay, alles klar.“Mit einem Lächeln verabschiedete sie sich und bewegte sich zurück zum Empfang.
Ich öffnete meinen Geldbeutel und warf nacheinander die Münzen in den Schlitz des Automaten. Die Übelkeit wurde wieder schlimmer.
Fuck, dachte ich mir und atmete tief durch, halt durch, Emilia, mit dem Kaffee wird es besser.Doch dem war nicht so, und ich reiherte mitten in die Notaufnahme.
Plötzlich stand die Ärztin wieder hinter mir und zog mich an meiner Schulter ein Stück nach hinten.„Ich glaube mit dir ist doch nicht- oh, das sieht aber überhaupt nicht gut aus.“
Ich schaute auf das Erbrochene, es war rot.
„Steffie, bringst du mal bitte einen Rollstuhl?“, rief sie der Schwester, die an der Anmeldung stand, zu, „Auf welche Station gehörst du denn?“
„Intensivstation.“ brachte ich nur heraus.„Und was machst du dann hier unten?“ fragte sie mit Nachdruck, doch ich antwortete nicht, ich war zu sehr damit beschäftigt, mich nicht noch ein zweites Mal zu übergeben.
Die besagte Schwester Steffie war mittlerweile mit dem Rollstuhl und einer Nierenschale angekommen, die ich dankbar entgegennahm. Das wars dann wohl mit meinem Kaffee. Ich setzte mich in den Rollstuhl und ließ mich in den Schockraum fahren. Hinter uns folgte Miriam Dietz, sie rief anscheinend gerade irgendwo an, ich vermutete stark auf der Intensivstation, um dort über meine Kaffeepause zu informieren.
Im Schockraum legte ich mich auf eine Liege, die mitten im Raum stand. Die Schwester spritze mir etwas gegen die Übelkeit in meinen Zugang.
Die Ärztin betrat den Raum.„Dietz ist mein Name,“, stellte sie sich vor, „und wie ich eben erfahren habe, bist du Emilia und solltest gar nicht hier sein.“
Ich nickte und ließ mich auf das hochgestellte Kopfteil der Liege sinken.
„Ich schaue mir jetzt mal deinen Bauch von innen an.“ Sagte sie und verteilte etwas Ultraschallgel auf meinem Bauch.
Die Tür geht auf und Charlotte trat ein.
„Ach, hallo,“, sagte sie etwas außer Atem als sie fast mir der Schwester zusammenstieß, „habt ihr schon einen Befund?“Die Ärztin neben mir hielt einen Moment inne und bewegte den Ultraschallkopf ein wenig. Wie sollte ich sie überhaupt ansprechen? Frau Dietz? Frau Doktor Dietz? Oder wollte sie auch einfach nur Miriam genannt werden? Ich konnte jetzt aber auch schlecht fragen.
„Ja,“, sagte sie schließlich, „es ist was wir befürchtet haben. Die Wunde ist wieder offen.“ Sie schaute noch einen Moment länger auf den Bildschirm des Ultraschallgeräts.
„Dann müssen wir sofort in den OP.“ Meinte Charlotte und wandte sich Steffie zu.
„Aber Charlotte schau mal, die Wunde ist schon seit ein paar Stunden mindestens offen, das kommt nicht von jetzt.“
Charlotte warf einen Blick auf das Ultraschallgerät.
„Ja, du hast recht. Dann müssen wir das jetzt umso schneller behandeln.“
Die Seiten der Liege wurden auf beiden Seiten von mir hochgeklappt und schon befand ich mich den Weg in den OP. Ich wusste noch vom Vortag was mir jetzt bevorstand, deshalb war ich nicht so nervös wie gestern.
Im Einleitungsraum wurde mir aufs Minimum heruntergebrochen erklärt, was jetzt passieren würde, die Narkose wurde eingeleitet und ich fiel in einen tiefen Schlaf.
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Hallöchen, ich hoffe das neue Kapitel hat euch gefallen 🙃 lasst gerne Feedback da, ich freue mich über jeden Verbesserungsvorschlag 😚
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Du weißt nicht, wozu er fähig ist
FanfictionEmilia wird seit einiger Zeit von Mark belästigt. Es ist soweit gekommen, dass er sie zwingt, ihm Drogen zu besorgen. Nachdem sie seiner Drohung nicht nachkommt, attackiert er sie mitten auf der Straße und lässt sie liegen. Mit Stichverletzungen wir...