Kapitel 6

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Die Stunden ziehen sich Freitags irgendwie ganz besonders. Es ist als würde mich die Schule nicht gehen lassen wollen. Ich will doch nur endlich Wochenende haben. Ich bin ja schon dankbar, dass ich seit dem aufeinandertreffen von Reed und mir gestern, niemand anderen mehr begegnet bin. Ich hatte schon Panik, dass Dyan noch mehr von seinen Untertanen auf mich hetzt, aber das ist zum Glück nicht passiert. Ich habe auch noch nichts für das Projekt recherchiert, weswegen ich Dyan offensichtlich noch nichts geschickt habe. Aber ich werde es auch heute nicht erledigen, was nicht daran liegt das Wochenende ist, sondern das mein Bruder sein unglaublich wichtiges Gespräch, welches er gestern mit mir führen wollte, auf heute verlegt hat, da er gestern hektisch weg musste. So langsam mache ich mir etwas Sorgen um Nathan. In letzter Zeit reden wir irgendwie nicht so viel miteinander, was hauptsächlich daran liegt, dass wir zu unterschiedlichen Zeiten zu Hause sind. Mal gucken was er mir später sagen möchte.

Endlich klingelt es und ich kann nach Hause gehen. Gemütlich packe ich meine Sachen und gehe mit einem Lächeln aus dem Schulgebäude. Die erste Schulwoche ist um und ich habe schon das Gefühl, dass ich eigentlich gar keine Sommerferien hatte. Ich hasse es.
Plötzlich zieht mich jemand am Arm Richtung Parkplatz.

"Lass mich los!", ich gucke in zwei blaue Augen. Dyan. Sobald wir abseits der Schule stehen, lässt er mein Arm los. Für einen Moment überlege ich, einfach wegzurennen, dies erscheint mir dann aber doch zu kindisch.

"Du hast mir die Sachen noch nicht geschickt.", stellt er fest.

"Gut erkannt, Scherlock.", sage ich monoton. Ich will doch nur nach Hause. Was ist sein Problem?

"Aber Reed hat dir doch gesagt, du sollst mir das so schnell wie möglich schicken.", sagt er genervt und man kann erkennen, wie das blau in seinen Augen kälter wird. Er scheint wirklich immer alles zu bekommen was er will. Unfassbar.

"Ja na und?", provoziere ich ihn.

"Kannst du nicht einfach tun was man dir sagt?", gibt er bissig von sich. Unglaublich, was glaubt er eigentlich wer er ist.

"Bekommst du eigentlich immer das was du willst?", frage ich ihn bissig zurück. Er scheint überrascht zu sein. Anscheinend bekommt er nicht oft Wiederworte. Wenn man Dyan Evans heißt, scheint man alles in den arsch geschoben zu bekommen. Tja, da hat er jetzt halt Pech. So läuft das bei mir nämlich nicht. Sein Blick wird weicher. Er scheint zu verstehen, dass er so nicht bei mir weiter kommt.

"Hör zu, ich habe nicht viel Zeit, okay?"

"Glaubst du etwa ich klaue meine Zeit?", frage ich genervt zurück. Wie kann man nur so rücksichtslos sein? Deswegen will ich nichts mit solchen Menschen zu tun haben. Sie denken immer erst an sich selbst. Ich ertrage das nicht mehr. Wieso kann man mich nicht einfach in ruhe lassen? Warum müssen sich immer irgendwelche Leute in meine Angelegenheiten einmischen. Dyan hat keine Ahnung von meinem Leben, trotzdem quetscht er sich darein, nur für dieses beknackte Projekt, was sich diese Lehrerin mal schön in ihren übermotivierten Hintern schieben kann. Was bringt das überhaupt? Ich drehe noch durch!

"Kannst du es einfach bis Sonntag machen? Wenn ich es übersetzt habe, können wir uns ja noch Mal treffen um es durchzugehen okay?", schlägt er vor, meine Frage ignorierend. Ich gehe mir durch die Haare und versuche mich zu beruhigen, da es keinen Sinn hat weiter mit ihm zu diskutieren. Das ist mir zu nervenaufreibend und er ist einfach ein sturer Bock. Ich hab keine Lust mehr zu diskutieren, wenn man mir nicht mal zuhört.

"Okay.", gebe ich nach, obwohl ich mich schlecht dabei fühle. Ich hasse es nachzugeben. Es fühlt sich immer so an, als würde ich mich dabei aufgeben. Da verändert man sich und wird endlich selbstbewusster und trotzdem ziehe ich immer noch den kürzeren. Ich bin schwach. Ich bin genau so schwach, wie vor zehn Jahren. Es hat sich also doch nichts verändert. Ich gebe immer noch nach, nur um die Situation angenehmer zu machen. Wieso bin ich nur so? Wieso kann ich das nicht ändern?

Heller als die Sterne am HimmelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt