Kapitel 5

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Den ganzen Morgen schon konnte niemand von uns Lina in irgendeiner Weise beruhigen. Ihre Mannschaft hatte heute das wichtigste Spiel des Jahres, da war ihre Nervosität irgendwie verständlich, aber seit einer halben Stunde saßen wir schon gemeinsam im Auto und sie redete ohne Pausen. Nicht, dass das etwas Neues wäre, aber gerade jetzt wiederholte sie sich nur noch mit dem, was sie sagte und ging uns allen damit gehörig auf den Geist. Aber niemand sagte etwas. Miko hatte sich zu Beginn der Fahrt seine Kopfhörer in die Ohren gesteckt und die Augen geschlossen, Nadja redete mit Pascal über das kommende Schuljahr und ich war die letzten fünfzehn Minuten wirklich tief in meinen Gedanken versunken gewesen. Kein schöner Ort um lange dort zu bleiben, aber gut genug um Linas endlosen Gequatsche zu entgehen - zumindest für eine kurze Zeit.

Ich sah mit einem mitleidendem Blick zu Ole, der direkt neben Lina saß und sich alles anhören musste. Er hatte so viel Anstand, als dass er nicht einfach das Radio aufdrehte um sie zu überspielen und ich bewunderte seine Willenskraft. Krampfhaft überlegte ich, wie ich Lina endlich dazu bringen konnte den Mund zu halten, doch da kam bereits der Badesee am Ende der Straße in Sicht, worauf wir von ihr auch laut aufmerksam gemacht wurden und sofort drückten sich drei neugierige Nasen an die Fensterscheiben. Wie Kleinkinder, ehrlich. Ich verdrehte grinsend die Augen und nahm meinen Rucksack aus dem Fußraum des Autos.

Kaum hatte Ole den Wagen auf dem Parkplatz geparkt sprangen alle aus dem Wagen. Miko hatte die Tür bereits offen, als wir noch in Bewegung waren, was dazu führte das er sich den ganzen Weg zum Kassenhäuschen eine Standpauke von Nadja geben musste. Ich dachte nur daran dass es ihm recht geschah sich das anhören zu müssen. Ole fuhr sowieso schon mit einem Höllentempo, bei der Geschwindigkeit war es leicht, sich ernsthaft zu verletzen. Miko musste durch seine unbedachten Handlungen nicht auch noch die Gefahr erhöhen.

Vor dem Kassenhaus verabschiedete Lina sich von uns und bog unter Anfeuerungsrufen und Glückwünschen ab zum Beachvolleyballplatz. Währenddessen zeigte Nadja ihre Zehnerkarte vor, so dass niemand von uns bezahlen musste und wir uns einfach einen Platz an dem sonst so überfüllten See suchen konnten. Bis auf ein paar Grüppchen von Menschen konnte ich sonst niemanden sehen und wir bekamen sogar noch einen der heiß begehrten Plätzen mit Sonnenschirm, welcher auch sofort aufgespannt wurde. Nadja und Pascal machten sich sofort daran, sich einzucremen und ließen sich dabei von Miko und Ole helfen, als wären die ihre persönlichen Sklaven.

Amüsiert sah ich zu, wie Ole mit einem Schimmer von Röte auf den Wangen Nadjas Rücken eincremte. Es war doch eigentlich nicht zu übersehen was in seinem Kopf vorging, und doch schien niemand aus der Gruppe es zu bemerken. So wie es aussah waren Pascal und Miko im Moment anscheinend auch zu sehr miteinander beschäftigt. Die beiden Brüder sahen aus wie panierte Schnitzel und Miko zappelte wie ein Fisch an Land, während Pascal ihm gerade eine Ladung Sand ins Gesicht klatschte. Dies wurde mit Flüchen von Miko kommentiert, der sobald er aufstehen konnte erst einmal zu einer der Wasserflaschen griff und seinen Mund ausspülte. Ich beobachtete das Ganze grinsend, während ich in der Sommerhitze dahinschmolz.

Ich erwartete den Herbst bereits sehnsüchtig. Dieses heiße Wetter im Hochsommer war einfach nichts für mich und das blieb auch so, da war ich mir sicher. Ich würde mich heute einfach im Schatten des Sonnenschirms verkrümeln und kalte Getränke trinken. Vielleicht würde ich auch ein wenig schwimmen gehen, aber nachdem das Wasser des Sees die letzten Jahre beinahe wärmer gewesen war als die Umgebung selbst, wollte ich erst einmal abwarten wie es dieses Jahr war. Die Anderen konnte gerne vorgehen um es auszutesten und genau das taten sie auch.

Während ich allein auf meinem Strandtuch lag schloss ich die Augen und ließ die Eindrücke der Umgebung auf mich wirken. Kinder spielten lachend und quietschend am Wasser und ich stellte mir innerlich vor, wie sie Sandburgen bauten und Gräben schaufelten, quietschend ins Wasser rannten und sorglos ihren Tag am Strand genossen. Mit meinen Fingern malte ich Muster in den weichen, warmen Sand neben mir. Den würde ich nachher mit Sicherheit überall wiederfinden, wie immer wenn wir irgendwo hingingen wo es Sand gab. Die Luft am See war frisch und sauber, aber ich roch noch etwas, etwas, das nicht ganz passte.

PrinceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt