Kapitel 6

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Ein schrilles Klingeln durchbrach meine Musik. Ich hatte es schon wieder getan. Ich war so tief in meine eigene Welt abgetaucht, dass ich verpasst hatte was um mich herum geschah. Mittlerweile war es dunkel draußen, jedoch machte ich mir keine Mühe auf die Uhr zu schauen.

Ein weiteres Klingeln veranlasste mich dazu, meine Gitarre zur Seite zu legen und mich auf den Weg zur Tür zu machen. Miko und Pascal hatten vermutlich zu viel vom Feiern bekommen und beschlossen ihren Rausch hier auszuschlafen. Unser Gästezimmer war eigentlich immer frei und das nutzten vor allem die beiden Brüder immer wieder aus, wenn sie nicht nach Hause konnten - oder wollten.

Nach einem weiteren Klingeln kam ich bei der Tür an, welche ich aufschloss und öffnete. Niemals hätte ich erwartet, die Person zu sehen, die dort stand.

Melissa.

Sie schien nicht einmal im Geringsten angetrunken und lächelte mich offen an.

,,Hey Sami. Die Jungs sind komplett zugedröhnt und Lina ist mit meiner Schwester auch abgehauen. Ich habe keinen erreichen können, aber du meintest ja wir könnten zu dir kommen. Tut mir leid wenn ich dich gestört habe,  wirklich."

Ich sah sie etwas perplex an und schüttelte den Kopf.

,,Nein, alles gut. Komm ruhig rein, du störst nicht. Sag mal... woher hast du meine Adresse?" Fragte ich, während sie ihre Schuhe auszog.

Sie begann zu erzählen, dass die beiden Brüder eigentlich geplant hatten zu mir zu gehen, sich aber irgendwie nochmal umentschieden hatten und Melissa wurde allein gelassen, worauf sie überhaupt keine Lust gehabt hatte. Also war sie hergekommen.

Ich nickte. Das sah Miko und Pascal ähnlich. Sie warfen oft all ihre Pläne über den Haufen und achteten nicht darauf, was mit den Anderen war. Es hatte am Anfang für einige Konflikte gesorgt, bis wir gelernt hatten damit umzugehen und unsere eigenen Pläne zu machen. Die Beiden würden immer einen Weg nach Hause finden und wenn schon das nicht, dann wenigstens in ein nahegelegenes Hotel. Sie hatten wirklich mehr Glück als Verstand.

Wir setzten uns ins Wohnzimmer und ich hatte keine Ahnung, worüber ich mit Melissa reden sollte. Sie schien in einer so anderen Welt zu leben. Sie mochte es  unter Menschen zu sein, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Genau das, was ich um jeden Preis vermied. Worüber sollte ich schon reden?

Ich bemerkte, wie sie sich im Raum umsah, also folgte ich ihrem Blick. Wir hatten eine Gitarre an der Wand hängen, aber keinen Fernseher hier. In einer der Ecken stand ein Klavier und daneben ein volles Bücherregal. Bücher über Psychologie, Medizin, Naturwissenschaften und andere Sachbereiche. Ich hatte sie bestimmt alle schon einmal gelesen, auch wenn ich mich nicht daran erinnern konnte, was genau darin stand.

,,Spielst du?" Fragte sie auf einmal und deutete auf die Gitarre. Sie sah mich mit dem Blick an, den ich von Anderen nur zu gut kannte. Also stand ich auf, nahm die Gitarre von der Wand und begann sie zu stimmen. Mir fiel auf, wie lang ich auf keiner Akustikgitarre mehr gespielt hatte. Meine Hello Kitty E-Gitarre in meinem Zimmer war mein Heiligtum, das niemand berühren durfte.

Ich atmete kurz durch, bevor ich auf der perfekt gestimmten Gitarre anfing die ersten Akkorde zu spielen. Ich hatte mich für LEARN YA von 6LACK entschieden. Ich konnte nur das spielen, was ich in dem Moment auch fühlte. Und ich wollte Melissa nicht unbedingt etwas mit der Message der Lyrics sagen, aber ich versuchte in den Song zu legen, wie schwer es mir fiel mich ihr anzunähern, sie hatte eine echt krasse Ausstrahlung, als würde sie wie ein Magnet Menschen anziehen.

We still got a lot to do

If you need a quick fix for your day

I be on the way

PrinceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt