Kapitel 18

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Rechts, Links, nach Vorn, nach hinten, rechts...so langsam wurde mir schwindelig. Jedoch wollte ich die Szene nicht ruinieren und ließ mich weiter hin und her tragen, während Moritz und Oliver ihre Sätze sprachen. Zwei Idioten in der Mafia, das würde auch im echten Leben zu ihnen passen.
Endlich ließen sich mich auf den Boden, an eine Bank gelehnt. Mit dem Kopf schlug ich etwas heftiger als geplant an der Kante auf, doch ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen.
,,Boss? Boss wach auf!"
1...2...3
,,BO-''
,,WAS?!''
Ich sprang auf, den Schmerz in meinem Kopf ignorierte ich so gut es ging, und sah die beiden vor mir mit wütendem Blick an.
,,D-du warst weg, Boss. Wir dachten, die hätten dich erwischt, Boss.''
,,CUT''

Wir wanden uns grinsend an unseren Theaterlehrer, der ganz zufrieden mit uns schien. Nach dem gefühlt hundertsten Mal war das eine riesen Erleichterung und wir stiegen von der Bühne. Bevor ich mich jedoch auf meinen Platz neben Lina setzen konnte, nahm sie meine Hand und ich hörte ihre geschockte Stimme.
,,Sami du blutest'', hauchte sie.
Irgendwie hatte ich mir die Hand aufgeschürft, vielleicht als die Jungs mich abgesetzt hatten oder als ich mich an der Bank hochgedrückt habe.
,,Alles gut, halb so wild.'' ich lächelte sie an.

Zwar wurde sie von meinen Worten nur bedingt beruhigt, ließ mich aber in Ruhe. Wir sahen zu, wie eine vorherige Szene geprobt wurde, durften uns dann aber endlich aus dem Staub machen, da weder Lina noch ich heute noch einmal spielen mussten.
,,Ich liebe es...meine Rolle hat vielleicht zwei Szenen und ich darf jedes Mal einfach nur rumsitzen'', seufzte Lina beim Rausgehen. Sie übertrieb. Zwar war ihre Rolle nicht die Wichtigste, doch sie hatte einiges an Text. Meine Rolle stellte sich als einfach anstrengend heraus, schließlich war der Charakter das exakte Gegenteil von mir und zu Beginn hatte ich viel zu zögerlich und einfach wie ich selbst gehandelt, doch jetzt, ein halbes Jahr nach Beginn der Proben, konnte ich mich besser in die Rolle einfühlen.
,,Naja ich würde immer noch gern tauschen. Wenn man eine große Rolle hat, haben immer alle ziemlich viel Anspruch an einen'' murmelte ich, während ich die Tür zur Freiheit öffnete.
,,Also du musst dich nicht beschweren du-''
,,Sami!'' eine bekannte Stimme von der Seite riss uns aus dem Gespräch. Weshalb ich mich nicht beschweren sollte, blieb wohl ein Geheimnis; am unteren Ende der Steintreppe stand Lissa und wank uns zu.

,,Lissa!'' ich lächelte, sobald ich sie bemerkte und beeilte mich etwas dabei, die Treppe herunterzulaufen.
,,Hey, ich dachte ich hol dich ab und revanchiere mich.'' grinste sie und warf mir einen Helm zu, den ich zum Glück fing. Ich merkte, wie Lina mir eine Hand auf die Schulter legte und leise flüsterte: ,,Viel Spaß euch beiden Turteltauben''
Ich verdrehte nur die Augen und setzte den Helm auf während Lina zu ihrem Fahhrad ging.
,,Wo geht's hin?'' fragte ich Lissa.
,,Ach Sami, lass dich einfach überraschen. Steig auf.''
Und genau das tat ich. Die nächste halbe Stunde fuhren wir durch den Sonnenuntergang und ich verlor recht schnell die Orientierung, so dass ich mich erst einmal verwirrt umsah, als sie hielt.

,,Wo sind wir?''
,,Dreh dich um, Dummie.'' ich hörte das Grinsen aus ihrer Stimme heraus, nahm den Helm ab und drehte mich um. Dort lag ein See und auf dem Steg der in diesen führte, flimmerten Kerzen und ich konnte eine Decke im schummrigen Licht erkennen. Darauf standen und lagen allerlei Lebensmittel.
Lissa nahm meine Hand und zog mich mit sich zu der Decke.
,,Ich hoffe es gefällt dir.'' ihre Stimme war ungewohnt leise und sie lächelte mich im Schneidersitz sitzend von unten an. Ich setzte mich zu ihr, meine Hand hat sie noch immer nicht losgelassen, also gestaltete sich das ausbalancieren etwas schwer.
,,Gefallen? Machst du Witze? Damit habe ich überhaupt nicht gerechnet!'' ich lächelte glücklich und nahm das Glas an, welches Lissa mir entgegenhielt.
,,Dann bin ich erleichtert.'' Sie selbst trank einen Schluck aus ihrem Becher und sah auf das Wasser hinaus. Ich hingegen wand meinen Blick zum Himmel. Dieser war wolkenlos und glitzerte vor Sternen. Der Mond beleuchtete alles gerade so und spiegelte sich auf dem See, das machte die Atmosphäre ziemlich perfekt.

Lissa schien meinen verträumten, in den Himmel gerichteten Blick bemerkt zu haben, denn sie griff in den Picknickkorb neben der Decke und zog eines dieser kleinen Taschenteleskope heraus, die es für ein paar Euro in der Innenstadt gab.
,,Hier, wenn du dir die Sterne schon anschaust, dann besser so. Ich weiß, das macht nicht viel, aber ein wenig wird es schon klappen.''
Ich nahm das Teleskop, welches sie mir hinhielt und sah mir den Himmel an. Schnell wurde mir klar, dass dies kein billiges Innenstadtteleskop war, sondern um einiges mehr gekostet haben muss. Es gab mir ein viel detailierteres Bild des Nachthimmels, welches ich mit den anderen Teleskopen nie bekommen hätte. Vorsichtig besah ich den Mond und ließ meinen Blick dann auf das gegenüberliegende Ufer wandern.

Plötzlich einsetzende Musik brachte mich dazu, das Teleskop sinken zu lassen und mich umzusehen. Lissa hatte eine Bluetoothbox herausgeholt und damit begonnen, eine Playlist nach Songs zu durchsuchen. Bei irgendeinem Song von Lil Peep blieb die Musik stehen, sie grinste. Star Shopping. Guter Witz, Lissa.
Sie setzte sich neben mich, legte einen Arm um meine Schultern. Bei jeder anderen Person wäre ich direkt abgehauen, aber ich war zu abgelenkt von allem, als dass es mich störte.
,,Ich bin echt froh, dass dir das hier gefällt. Ich habe für einen Moment gezweifelt, ob es nicht zu kitschig ist oder so''
Ich schüttelte den Kopf, glücklich, ruhig.
,,Ne. Überhaupt nicht. Ich mag sowas. Die ganze Atmosphäre, die Ruhe. Es ist fast schon perfekt''
,,Fast? Was fehlt denn, damit es perfekt wird?''
,,Ich...ne. Keine Ahnung.''
,,Hmm. Na klar.''
,,Ne wirklich! Es ist einfach nur so ein Gefühl''

,,Mach deine Augen zu''
,,Huh?''
,,Komm schon, Sami. Mach die Augen zu. Vertrau mir. Ich werde dich schon nicht verletzen''
Zögerlich tat ich was sie mir gesagt hatte. Mein Herz schlug etwas schneller bei dem Gedanken, ihr für einen Moment ziemlich ausgeliefert zu sein. Aber aus irgendeinem Grund wartete ich einfach. Meine Gedanken rasten, versuchten in den paar Sekunden in denen nichts passierte alle Szenarie  durchzuspielen, die möglich waren. Gut die Hälfte waren beschissene Ideen, der Rest ging eigentlich. Trotzdem überraschte mich, was sie tat.
Als sie näher kam, schaltete mein Kopf erst einmal aus. Ich realisierte erst, dass sie mich küsste, als bestimmt mehrere Sekunden verstrichen waren. Und dieses Mal verschwand sie nicht einfach so. Sie wartete ab, was ich tat.
Ich erwiederte den Kuss, zaghaft. Auf keinen Fall wollte ich etwas falsch machen. Eigentlich idiotisch, man kann nicht richtig küssen. Und doch hatte ich Angst, mich zu blamieren.

Ich öffnete die Augen erst wieder, als Lissa neben mir saß, ihren Kopf auf meine Schulter gelegt. Eine Strähne ihrer Haare fiel ihr ins Gesicht und aus Reflex schob ich sie vorsichtig hinter ihr Ohr. Sie lächelte.
Keiner von uns sagte etwas. Wir saßen einfach da, schauten auf das Wasser vor uns. Der sanfte Wind sorgte dafür, dass die Spiegelung des Mondes leicht verwirbelte. In meinen Gedanken versuchte ich das Geschehen von gerade zu verarbeiten, irgendwie war ich noch immer leicht überfordert.
,,Sami?''
,,Hm?''
..Danke''

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⏰ Letzte Aktualisierung: Apr 20, 2021 ⏰

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